Um die anhaltenden Gräueltaten in Darfur zu beenden, muss zur Abschreckung die internationale Justiz in Gang gesetzt werden, sagte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Dieser dokumentiert bislang gänzlich ungestrafte Verbrechen der sudanesischen Regierung und der mit ihr verbündeten Milizen.
Für Dienstag wird ein Bericht der UN-Kommission zur Untersuchung der Vorfälle in Darfur an den UN-Generalsekretär erwartet. Im September war der Kommission in Resolution 1564 aufgetragen worden, Verletzungen des internationalen humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte in Darfur zu untersuchen und festzustellen, ob ein Völkermord stattgefunden hat, und Täter zu identifizieren, mit Aussicht darauf, sie zur Verantwortung zu ziehen.
"Ungeachtet dessen, ob es sich bei den Ereignissen um Völkermord handelt, erfordert der Umfang und die Schwere der anhaltenden Gräueltaten eine rasche internationale Reaktion," sagte Peter Takirambudde, Direktor der Afrika-Abteilung von Human Rights Watch. "Da die sudanesische Regierung es weiterhin verabsäumt, die Täter vor Gericht zu stellten, muss der Sicherheitsrat die Angelegenheit an den Internationalen Strafgerichtshof verweisen."
Der 22-seitige Bericht "Targeting the Fur: Mass Killings in Darfur" dokumentiert im Detail, wie die sudanesische Regierung und die mit ihr verbündeten Janjaweed-Milizen völlig ungestraft Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begingen. Die Verbrechen umfassen das Zusammentreiben, Einsperren und Hinrichtung von mehr als 200 Bauern und Stammesführern aus der Volksgruppe der Fur in den Provinzen Wadi Saleh und Mukjar im Westen Darfurs im März 2004.
Human Rights Watch dokumentiert, wie in der südlichen Provinz Shattaya zur selben Zeit tausende Männer, Frauen und Kinder des selben Stammes von den Janjaweed angegriffen, gefangen genommen, vergewaltigt, gefoltert und unter unmenschlichen Bedingungen im Lager Kailek festgehalten wurden. Sowohl im Westen als auch im Süden Darfurs waren örtliche Vertreter der Regierung an diesen Verbrechen maßgeblich beteiligt.
"Sudanesische Regierungsbeamte waren ganz klar an den Gräueltaten in Darfur beteiligt, aber die Regierung hat keinen ernsthaften Versuch unternommen, irgendjemanden zur Verantwortung zu ziehen," sagte Takirambudde.
Im Sudan bezweifelte letzte Woche eine vom Präsidenten angeordnete Untersuchung Hinweise auf verbreitete und systematische durchgeführte Verbrechen. Statt Strafprozessen wurde die Bildung einer Kommission empfohlen.
"Es ist klar, dass die sudanesische Regierung nicht gewillt ist, die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen," sagte Takirambudde. "Der internationale Strafgerichtshof wurde für Situationen wie die in Darfur eingerichtet. Man sollte ihm die Autorität geben, um eine Untersuchung der dortigen Verbrechen einzuleiten.
Die brutalen Angriffe auf die Fur in Wadi Saleh und Shattaya zeigen die ungewöhnliche Grausamkeit, mit der die Täter vorgehen. In den zwei Jahren des Konflikts in Darfur haben Regierungssoldaten und verbündete Milizen Zehntausende getötet und beinahe zwei Millionen Menschen gewaltsam vertrieben.
Die überwiegende Mehrheit der Zehntausenden vertriebenen Fur sitzen aufgrund der anhaltenden Gewalt in ländlichen Gegenden in den größeren, von der Regierung kontrollierten Städten fest. Obwohl in dem Gebiet zurzeit keine Kampfhandlungen stattfinden, werden weiterhin beinahe täglich Frauen und junge Mädchen von durch die Regierung unterstützten Milizen aufgegriffen und vergewaltigt, wenn sie die Städte verlassen, um auf den Feldern zu arbeiten oder Feuerholz zu suchen.
Human Rights Watch forderte die Afrikanische Union (AU) auf, ihre Truppen nicht nur in größeren Städten, sondern auch in wichtigen ländlichen Regionen in Darfur zu stationieren. Truppen der AU müssen die ländlichen Gebiete aktiv patrouillieren und die Zivilbevölkerung schützen.
"Jeder Monat, der ohne Handlungen verstreicht, bedeutet für hunderte Zivilisten mehr den Tod und belässt Millionen traumatisierte Menschen in Lagern, wo sie der Gnade ihrer Peiniger ausgeliefert sind," sagte Takirambudde. "Es ist an der Zeit für den Sicherheitsrat, für Recht und Schutz für die Menschen in Darfur zu sorgen."
Der Konflikt in Darfur, der im Februar 2003 ausgebrochen war, war nicht Teil der Verhandlungen zur Beendigung des 21-jährigen Bürgerkriegs zwischen der Regierung und den vom Süden aus operierenden Rebellen der Sudanese People's Liberation Movement / Army (SPLM/A). Dieser Konflikt wurde durch das am 9. Januar unterzeichnete Friedensabkommen von Naivasha beendet.
Von der AU unterhaltene Verhandlungen zur Lösung des Konflikts in Darfur führten zu einem Waffenstillstandsabkommen, das am 8. April 2004 von der sudanesischen Regierung und der wichtigsten Rebellengruppen in Darfur, der Sudan Liberation Army (SLA) und der Justice and Equality Movement (JEM) unterzeichnet wurde . Dieses Abkommen steht auf tönernen Füßen, da es von allen beteiligten Seiten verletzt wird, und die Friedensverhandlungen nur geringe Fortschritte zeigen.
Die AU ist von den Vertragsparteien beauftragt, 3.300 Soldaten, inklusive Beobachter zur Überwachung des Waffenstillstands, nach Darfur zu entsenden und Zivilisten vor drohender Gefahr zu schützen. Bis heute sind jedoch lediglich 1.400 Soldaten der AU stationiert und trotz Finanzhilfe durch EU und USA gibt es Probleme in der Logistik.