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Kroatien: Kanzler Schröder sollte EU-Anforderungen an Menschenrechte hervorheben

Treffen von Bundeskanzler Schröder und Kroatiens Ministerpräsident Sanader in Berlin

(Brüssel, 9. März 2004)--Der deutsche Bundeskanzler, Gerhard Schröder, sollte dem kroatischen Ministerpräsidenten, Ivo Sanader, deutlich machen, dass eine vollständige Kooperation Kroatiens mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag eine Voraussetzung für Beitrittsgespräche mit der EU sei, sagte Human Rights Watch heute. Das Treffen beider Staatsoberhäupter wird am Mittwoch in Berlin stattfinden.

In einem Brief an Schröder rief Human Rights Watch den Kanzler dazu auf, seine Aussagen, die er im Oktober 2003 während seines letzten Besuchs in Kroatien gemacht hatte, zu korrigieren. Berichten zufolge hatte er erklärt, dass der Beginn der EU-Beitrittsgespräche mit Kroatien nicht von der Auslieferung des angeklagten kroatischen Kriegsverbrechers, General Ante Gotovina, an das ICTY abhängen sollte.

Gleichzeitig unterstützte Kanzler Schröder die Ansicht der kroatischen Regierung darüber, dass Kroatien deshalb nicht in der Lange sei, Gotovina auszuliefern, weil er sich außerhalb Kroatiens aufhalte. Das Büro des ICTY-Chefanklägers geht jedoch davon aus, dass sich Gotovina seit der Veröffentlichung der Anklage gegen ihn im Juli 2003 in Kroatien versteckt halte. Die Chefanklägerin, Carla Del Ponte, macht die kroatische Regierung dafür verantwortlich, dass nicht genügend unternommen worden sei, um den General zu fassen.

"Als traditioneller Bündnispartner Kroatiens, befindet sich die Bundesrepublik Deutschland in einer ausgezeichneten Position, Kroatien zu ermutigen, seine Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen", sagte Lotte Leicht, Direktorin des Brüsseler Büros von Human Rights Watch. "Jetzt muss Kanzler Schröder seinem Amtskollegen deutlich machen, dass Kroatiens EU-Beitritt von seiner Kooperation mit dem Haager Tribunal abhängt."

Das Hauptanliegen des kroatischen Ministerpräsidenten ist es, bei seinem Besuch in Berlin für politische Unterstützung für Kroatiens EU-Beitritt zu werben. Zur Zeit wird Kroatiens EU-Beitrittsbewerbung, die im Februar 2003 eingereicht wurde, von der Europäischen Kommission untersucht. Doch sei nicht zu erwarten, dass die Kommission eine positive Beurteilung abgeben werde, solange Kroatien Gotovina nicht an das ICTY ausgeliefert hat bzw. deutlich machen kann, dass er sich außerhalb des Landes befindet.

In dem Brief wurden auch Bedenken über die Rückkehr von Flüchtlingen geäußert und eine stärkere Initiative seitens der kroatischen Behörden gefordert, mutmaßliche Kriegsverbrecher, die nicht vor dem ICTY verhandelt werden, vor die einheimischen Gerichte zu stellen.

Der kroatische Ministerpräsident, der nach den Nationalwahlen sein Amt im Dezember 2003 antrat, hat vielversprechende Erklärungen zur Rückkehr der Flüchtlinge abgegeben. Konkrete Schritte wurden jedoch noch nicht unternommen.

Auch würden die einheimischen Kriegsverbrecherverfahren nicht frei von ethischer Voreingenommenheit geführt werden. Serben würden häufiger wegen Kriegsverbrechen angeklagt und verurteilt werden, als Kroaten.
Darunter gehörten auch vergleichsweise unbedeutende Anklagen, bei denen Kroaten nahezu straflos davon kommen.

"Selbst nach nahezu zehn Jahren seit Kriegsende wird Flüchtlingen die Rückkehr nach Kroatien immer noch schwer gemacht und viele Kriegsverbrechen bleiben ungestraft", so Leicht. "Kanzler Schröder sollte den Ministerpräsident Sanader auffordern, konkrete Schritte zu unternehmen, um diese Situation zu verbessern".

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