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Protest der Oppositionskoalition »Nationale Rettungsfront« in der Innenstadt von Tunis, Tunesien, am 5. März 2023 gegen die Verhaftung mehrerer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter der Parteiführung. © 2023 Sipa via AP Images

Seit Präsident Kais Saied 2019 in Tunesien die Macht übernommen und 2021 die Kontrolle über die Staatsgewalt an sich gerissen hat, versucht seine Regierung zunehmend, kritische Stimmen einzuschüchtern, zu bestrafen und letztlich zum Schweigen zu bringen.

Seit Anfang 2023 hat sie die Verfolgung von Andersdenkenden noch weiter verschärft. Die Regierung beraubt die Tunesier*innen ihrer hart erkämpften Bürgerrechte.

Das destruktivste Werkzeug in Tunesiens Werkzeugkasten der Unterdrückung sind willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen.

Diese richten sich vor allem gegen Regierungsgegner*innen, Anwält*innen, politische Gegner*innen, Aktivist*innen, Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen oder sogar Nutzer*innen sozialer Medien.

Human Rights Watch dokumentierte die Fälle von 22 Personen, die aufgrund unrechtmäßiger Anschuldigungen, darunter Terrorismus, im Zusammenhang mit ihren öffentlichen Äußerungen oder politischen Aktivitäten inhaftiert wurden.

Die tunesischen Behörden haben viele der Inhaftierten, deren Fälle in diesem Bericht dokumentiert wurden, wegen „Versuchs, die Staatsform zu ändern“ angeklagt, was mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Mindestens 14 der von HRW dokumentierten Inhaftierten könnten bei einer Verurteilung mit der Todesstrafe rechnen.

Präsident Saied befeuert die alarmierende Unterdrückung, indem er Kritiker*innen öffentlich als „Verräter“ und sogar als „Terroristen“ beschimpft.

Eine Strategie zur Einschüchterung von Andersdenkenden besteht darin, prominente Personen wegen öffentlicher Kritik an den Behörden festzunehmen. Die Behörden erheben regelmäßig zusätzliche Anklagen oder erlassen neue Haftbefehle, um prominente Persönlichkeiten hinter Gittern zu halten.

Ein schauriges Beispiel ist der Fall von Sonia Dahmani, einer berühmten Anwältin und TV-Kommentatorin. Sie wurde am 11. Mai 2024 von maskierten Sicherheitskräften in Zivil verhaftet, die den Hauptsitz der tunesischen Anwaltskammer stürmten.

Ihr „Verbrechen“? – Sarkastische Kommentare, die sie vier Tage zuvor im Fernsehen abgegeben hatte und in denen sie die von Präsident Saied unterstützte Behauptung in Frage stellte, dass Schwarze afrikanische Migrant*innen sich in Tunesien ansiedeln wollten.

Im Juli 2024 verurteilte ein Gericht in Tunis Dahmani wegen ihrer Äußerungen zu einem Jahr Gefängnis. Im Berufungsverfahren wurde ihre Strafe auf acht Monate reduziert, aber siehe da: Im Oktober wurde sie in einem anderen Fall wegen Äußerungen, die sie zum Thema Rassismus in Tunesien gemacht hatte, zu weitern zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Im Januar dieses Jahres wurde ihre Strafe in der Berufung auf eineinhalb Jahre reduziert, aber siehe da: Laut ihren Anwälten droht ihr in drei weiteren Fällen im Zusammenhang mit ihrer friedlichen Meinungsäußerung weiterhin ein Prozess.

Darüber hinaus reichte Sonia Dahmani im August 2024 eine Beschwerde wegen Folter und Vergewaltigung im Gefängnis von Manouba gegen den Gefängnisdirektor und einen Wärter ein, nachdem es zu Rechtsverletzungen im Gewahrsam gekommen war. Dahmani wurde einer „aufdringlichen Leibesvisitation unterzogen, die ihre körperliche Unversehrtheit verletzte und sie psychisch belastete“, berichtete ihre Schwester gegenüber HRW.

Unterdrückung hat viele hässliche Gesichter. Die tunesischen Behörden sollten alle willkürlich Inhaftierten unverzüglich freilassen, die missbräuchlichen Anklagen gegen sie fallenlassen und aufhören, Personen wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte zu verfolgen.

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