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Da die Afghan Support Group (ASG) am Mittwoch zusammentritt, bittet Human Rights Watch Sie dringend, sicherzustellen, dass folgende drei Punkte, die bei der Planung für die Nachkriegs-Zeit oft ganz unten auf der Prioritäten-Liste stehen, berücksichtigt werden: Recht und Verantwortlichkeit, Wiedereingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen, und Minenräumung. Besonders für die ersten beiden Bereiche ist es entscheidend, dass die besonderen Bedürfnisse der Frauen beachtet werden. Wir hoffen, die ASG kann ihren Einfluss nutzen, um zu gewährleisten, dass jeder dieser Bereiche angemessen finanziert wird.

Recht und Verantwortlichkeit.

Die Spender-Gemeinschaft muss dringend eine Strategie dafür entwickeln, wie die Sicherheitsbedürfnisse kurzfristig (logistische Unterstützung für sichere und humane Internierungslager ist nur eins der offensichtlichsten Anliegen) und für die Zeit nach dem Krieg befriedigt werden sollen. Sie muss dann die Gelder bereitstellen, die diese Strategie wirksam werden lassen. Es wird nicht leicht sein, Sicherheits-Funktionen von bewaffneten Kriegsherren an eine nationale Polizei zu übertragen, aber das Problem muss jetzt angegangen werden. Afghanistans Rechtssystem muss dringend wieder aufgebaut werden. Auch in den besten Zeiten erstreckte sich dessen Einfluss nie weit über die größeren
städtischen Zentren hinaus, aber in den frühen 1970er-Jahren gab es gute Straf- und Zivilgesetzbücher, ein System von Bezirksgerichten, und eine angesehene juristische Fakultät an der Universität Kabul. Größere Mittel werden benötigt, um wieder Juristen,Ankläger, Anwälte, Polizeibeamte und Gerichtspersonal auszubilden und zu einzustellen. Die afghanische Diaspora besitzt viele Fachleute mit diesen Fähigkeiten; man sollte jetzt damit anfangen, sie zu finden.

Die Stammes-Justiz, die in den ländlichen Gegenden ausgeübt wird, wird wahrscheinlich nicht in der Lage sein, sich mit Straftaten (einschließlich Eigentumsdelikten) zu beschäftigen,die von einer Partei begangen wurden, die nicht Mitglied des Stammes oder der eigenen ethischen Gruppe ist. Sie mag auch unfähig sein, über die an Frauen begangenen Verbrechen gerecht zu urteilen. Streitigkeiten über Landbesitz werden ein riesiges Problem sein, wenn Flüchtlinge und Vertriebene zurückkehren und die politische Macht sich verlagert. Verantwortung für vergangene Auswüchse wird ebenfalls angesprochen werden müssen. Human Rights Watch hat empfohlen, dass der Sicherheitsrat eine Experten-Kommission damit beauftragt, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere ernste Vergehen zu untersuchen. Diese Kommission wird ebenfalls Gelder benötigen. Hilfe ist erforderlich bei der Aufgabe,Schutzrechte in das afghanische Recht einzubauen. Angesichts der systematischen Diskriminierung von Frauen unter den Taliban ist es wichtig, dass eine neue Regierung Gesetze erlässt, die den Frauen das Recht auf Ausbildung, Meinungsfreiheit , Bewegungsfreiheit, Arbeit und Gesundheitsvorsorge garantieren.

Flüchtlinge und Vertriebene

Um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der zurückkehrenden Flüchtlinge und Vertriebenen berücksichtigt werden, sollten die Geldgeber eine bergangsregierung dabei unterstützen, ein Ministerium für Flüchtinge, Vertreibung und Rückführung einzurichten, das in allen Fragen der Vertreibung, Repatriierung und Wiedereingliederung mit Mitarbeitern der UN und NGOs zusammenarbeitet. Außerdem sollte es die Übergangsregierung ermutigen, eine gemeinsame Kommission mit Vertretern aus Afghanistan, Pakistan, dem Iran und der UNHCR zu bilden, um eine nachhaltige und freiwillige Rückführung der Flüchtlinge außerhalb und innerhalb Afghanistans zu gewährleisten. Diese Kommission, der auch Vertreter der Flüchtlinge und Vertriebenen angehören würden, kann einen Zeitplan für die Repatriierung erstellen sowie für die freiwillige Rückführung Prinzipien und Kriterien entwickeln, die den größtmöglichen Schutz für die Heimkehrer bieten; sie würde außerdem kurzfristige und langfristige finanzielle Bedürfnisse kenntlich machen und spezifische Repatriierungs-Abkommen zwischen den genannten Ländern erarbeiten, einschliesslich zentraler Schutzgarantien. Die Spender und ihre afghanischen Partner sollten ihre besondere Aufmerksamkeit auf das Schutzbedürfnis vertriebener Frauen und Kinder richten, und sie sollten sicherstellen, dass Frauen bei der Planung und Durchführung von Rückkehr-und Wiedereingliederungs-Programmen eine Schlüsselrolle spielen. Gelder für Frauen-Projekte sollten, wenn immer möglich, direkt an die NGOs afghanischer Frauen gezahlt werden, und die Programme sollten so gestaltet sein, dass sie auch Frauen auf dem Lande, Witwen, sowie behinderte, vertriebene oder des Lesens und Schreibens unkundige Frauen erreichen.

Minenräumung

Erweiterte Ausbildungsprogramme für Minenräumung und Minengefahr stehen zwar schon auf der Tagesordnung der Weltbank, aber wir möchten hier die Notwendigkeit von Ressourcen unterstreichen. Schon vor dem Beginn der von den USA angeführten Angriffe Anfang Oktober war Afghanistan von Tretminen und nicht-explodierter Munition (Unexploded Ordnance=UXO)übersät. Im Jahr 2000 gab es fast 100 Minen- oder UXO-Opfer pro Monat (was schon ein starker Rückgang gegenüber den letzten Jahren war). Seit Oktober sind von amerikanischen und britischen Streitkräften über Afghanistan tausende von Raketen und Bomben abgeschossen oder abgeworfen worden, von denen viele nicht detonierten und so zu gefährlichen UXO wurden. Streubomben sind besonders gefährlich wegen der hohen "Blindgänger-Rate" der harmlos aussehenden Mini-Bomben, die abgeworfen werden. Trainings-Programme für das Abräumen dieser neuen Variante von UXO sind dringend notwendig. Wir möchten außerdem anmerken, dass eine schnelle Räumung der Straßen unabdingbar ist, wenn eine sichere und rechtzeitige Versorgung mit humanitärer Hilfe gewährleistet werden soll.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit.

Hochachtungsvoll,

/s/

Sidney Jones
Direktor für Asien

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