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(New York) – Die burmesische Regierung soll dringend die nötigen Schritte unternehmen, um die ethnisch motivierte Gewalt gegen die muslimischen Rohingya im Bundesstaat Arakan im Westen Burmas zu beenden. Zudem sollen die Angehörigen der muslimischen Rohingya wie auch die buddhistische Bevölkerung in Arakan Schutz und Hilfe erhalten, so Human Rights Watch. Auf aktuellen Satellitenaufnahmen ist die großflächige Zerstörung von Häusern und anderem Eigentum in einem überwiegend von muslimischen Rohingya bewohnten Viertel der Küstenstadt Kyaukpyu zu erkennen. Auch in anderen Regionen kam es erneut zu Gewalt und Vertreibung.

Human Rights Watch hat am östlichen Küstenabschnitt von Kyaukpyu insgesamt 811 Gebäude und Boote identifiziert, die Berichten zufolge am 24. Oktober 2012, weniger als 24 Stunden bevor die Satellitenaufnahmen gemacht wurden, niedergebrannt worden waren. Das betroffene Gebiet umfasst mehr als 14 Hektar. 633 Häuser sowie 178 Hausboote und Frachtkähne wurden vollkommen zerstört. In der unmittelbaren Umgebung westlich und östlich dieser Region sind keinerlei Anzeichen von Brandschäden zu erkennen. Medienberichten und Kommunalvertretern zufolge seien zahlreiche Rohingya mit Booten nach Sittwe, in die 200 Kilometer nördlich gelegene Hauptstadt des Bundesstaates Arakan, geflohen.

Die Gewalt zwischen Buddhisten aus Arakan und muslimischen Rohingya flammte am 21. Oktober erneut auf und dauerte eine Woche. Mindestens fünf Gemeinden, Minbya, Mrak-U, Myebon, Rathedaung sowie Kyaukpyu, waren von den Übergriffen betroffen. Seit Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzung und den damit verbundenen Übergriffen staatlicher Sicherheitskräfte gegen Angehörige der Rohingya Anfang Juni hat die Gewalt erstmals auch Kyaukpyu und die meisten anderen Regionen des Bundesstaates erreicht. Die Rohingya waren am stärksten davon betroffen.

„Die Regierung Burmas muss dringend die Sicherheit der Rohingya im Bundesstaat Arakan gewährleisten. Sie sind dort schrecklichen Übergriffen ausgesetzt“, so Phil Robertson, stellvertretender Asien-Direktor von Human Rights Watch. „Wenn die Behörden der Ursache der Gewalt nicht endlich auf den Grund gehen, wird sich die Situation wahrscheinlich noch zuspitzen.“

Die burmesische Regierung sprach zunächst von über 2.800 Häusern, die bei den erneuten Gewaltakten niedergebrannt worden waren, sowie von 112 Toten. Diese Zahl wurde später auf 64 korrigiert. Human Rights Watch befürchtet, dass es weit mehr Todesopfer gegeben hat. Grund für diese Annahme sind Aussagen von Zeugen, die dem Gemetzel entfliehen konnten, sowie bereits in der Vergangenheit eindeutig niedrig gehaltene Angaben zu Opferzahlen, die Anlass zu Kritik an der Regierung geben könnten.

Human Rights Watch dokumentierte bereits im Juni Tötungen, Vergewaltigungen und Massenverhaftungen durch burmesische Sicherheitskräfte. Ein Vorgehen, das sich gegen muslimische Rohingya richtete, nachdem die Sicherheitskräfte in einer tödlichen Welle ethnischer Gewalt weder muslimische Rohingya noch Buddhisten schützen konnten. Da die Regierung den Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen eingeschränkt hat, benötigen viele der zeitweise bis zu 104.000 Flüchtinge dringend Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung.

Bevor es zu den jüngsten Zusammenstößen kam, waren die Angehörigen der buddhistischen Bewohner in Arakan weitgehend zu ihrem Alltag zurückgekehrt. Die etwa 75.000 Binnenvertriebenen, größtenteils Rohingya, hatten bis dahin in mehr als 40 Flüchtlingslagern in Sittwe und Kyauktaw Zuflucht gesucht. Die 15 größten Lager befinden sich in der Umgebung von Sittwe.

Die Einwohnerzahl von Sittwe von schätzungsweise 200.000 Personen setzte sich gleichmäßig aus Buddhisten und Muslimen zusammen. Jetzt lebt die muslimische Bevölkerung von Sittwe, Angehörige der Rohingya und andere Muslime, weitgehend isoliert in den Flüchtlingslagern, und es gibt in Sittwe so gut wie keine Muslime mehr.

Die burmesische Regierung verweigert den meisten Rohingya die Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Schutz. Seit dem Gewaltausbruch zwischen den Gemeinschaften der muslimischen Rohingya und der Buddhisten im Juni dieses Jahres mussten zahlreiche Rohingya unter erbärmlichen Bedingungen in Lagern im Bundesstaat Arakan leben, wo ihnen der Zugang zu angemessener humanitärer Hilfe verwehrt wurde und sie der Gefahr von Angriffen durch militante Buddhisten ausgesetzt waren.

Präsident Thein Sein hatte bereits im Juni eine Untersuchungskommission eingesetzt, die die Ursache für die Gewalt ermitteln sollte. Die Regierung hat aber immer noch keine konkreten Maßnahmen ergriffen. Bisweilen hat der Präsident die Segregation der Rohingya oder gar ihre Abschiebung aus Burma gefordert und dadurch die Feindseligkeiten gegenüber den Rohingya noch zusätzlich geschürt. Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi forderte zwar die Herstellung der Rechtsstaatlichkeit in Arakan, hat ihre moralische Autorität aber nicht genutzt, um auf Aussöhnung oder ein Ende der Diskriminierung der Rohingya im Staatsangehörigkeitsrecht zu drängen.

Das jüngste Wiederaufflammen der Gewalt und die Vertreibung von weiteren Tausenden Rohingya wird den Bedarf an humanitärer Hilfe in dem Bundesstaat noch erhöhen. Humanitäre Hilfsorganisationen hatten bisher kaum oder gar keinen Zugang zu abgelegenen ländlichen Gebieten, in denen die betroffenen Rohingya angesiedelt sind. In einigen Flüchtlingslagern fehlt es unter anderem an angemessenen Unterkünften, an Wasserver- und entsorgung sowie an Gesundheits- und Bildungseinrichtungen. Darüber hinaus hat die Zentralregierung im Juni sämtliche humanitäre Hilfsprogramme der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen zur Entschärfung der Krise vorübergehend ausgesetzt. Nur einige Organisationen erhielten später wieder eine Genehmigung.

Etwa einer Million Rohingya in Burma wurde mit der Verabschiedung des Staatsbürgerschaftsrechts im Jahr 1982 ihr Recht auf Staatsbürgerschaft aberkannt, obwohl viele seit Jahrzehnten im Bundesstaat Arakan leben. Muslimische Rohingya wie auch buddhistische Bewohner von Arakan leiden seit langem und immer wieder an Menschenrechtsverletzungen durch die burmesischen Behörden.

„Es müssen genügend Sicherheitskräfte eingesetzt werden, um wieder Sicherheit für alle zu garantieren und grundlegende Menschenrechte in Arakan zu schützen. Aber das alleine reicht nicht aus“, so Robertson. „Burmesische Regierungsvertreter und Oppositionsführer müssen die Gewalt verurteilen und an einer dauerhaften Lösung der ethnischen Probleme in Arakan arbeiten.“

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