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RICH ON CAMERA

My name is Richard Weir, and I am a Crisis and Conflict division researcher with Human Rights Watch.

 

RICH’S VOICEOVER CONT

I am here in the Ukrainian city of Bucha

where we are documenting violations of the laws of war, and apparent war crimes perpetrated by Russian forces.

 

 

RICH ON CAMERA

They recently left the city

and in the days that followed we’ve been here

 

RICH’S VOICEOVER CONT

combing through the evidence,

talking to witnesses and victims about what happened here.

RICH’S VOICEOVER CONTD

The streets of Bucha are littered with evidence of violations and apparent war crimes.

 

TEXT OVER IMAGES

Graphic images coming up. Viewer discretion advised.

 

RICH’S VOICEOVER CONTD

Civilians have been killed on street after street.

 

RICH’S VOICEOVER CONTD

There’s been cases of torture, of disappearances and other violations.

And it seems like around every corner there’s more.

 

RICH ON CAMERA

One resident described to us the situation as “worse than hell.”

 

RICH’S SOUNDBITE CONTD

We’re here documenting these violations,

 

RICH ON CAMERA

trying to make sure that those that are responsible are held to account.

 

TEXT ONLY

Russian forces occupied Bucha from March 5 to 31, 2022.

 

TEXT ONLY

A Bucha official said that 278 bodies, mostly civilians, were found from the time of the occupation until April 15.

 

To learn more about what happened in Bucha, go to

www.hrw.org

(Kiew) - Russische Streitkräfte haben während ihrer Besetzung von Butscha, einer Stadt etwa 30 Kilometer nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew, vom 4. bis 31. März 2022 eine ganze Reihe mutmaßlicher Kriegsverbrechen begangen, so Human Rights Watch in einem neuen detaillierten Bericht.

Researcher*innen von Human Rights Watch, die vom 4. bis 10. April in Butscha tätig waren, also wenige Tage nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Region, fanden umfassende Beweise für Hinrichtungen, andere rechtswidrige Tötungen, gewaltsames Verschwindenlassen und Folter, die alle Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.

„Nahezu jede Ecke in Butscha ist jetzt ein Tatort, und man hat das Gefühl, dass der Tod überall lauert“, sagte Richard Weir, Krisen- und Konfliktforscher bei Human Rights Watch. „Die Beweise deuten darauf hin, dass die russischen Streitkräfte, die Butscha besetzt haben, das Leben der Zivilbevölkerung und die grundlegendsten Prinzipien des Kriegsrechts nicht berücksichtigten und sogar verachteten.“ 

Human Rights Watch hat 32 Einwohner*innen von Butscha persönlich und fünf weitere telefonisch befragt, darunter Opfer und Zeug*innen, Rettungskräfte, Mitarbeiter*innen eines Leichenschauhauses, Ärzt*innen, eine Pflegekraft und lokale Beamte. Human Rights Watch hat außerdem konkrete Beweismittel in der Stadt dokumentiert und untersucht, neben Satellitenbildern zum Beispiel Originalfotos und Videos, die Zeug*innen und Opfer zur Verfügung gestellt haben.

Die dokumentierten Fälle stellen nur einen Bruchteil der mutmaßlichen Kriegsverbrechen dar, die die russischen Streitkräfte während ihrer Besetzung der Stadt begangen haben.

Der leitende regionale Staatsanwalt in Butscha, Ruslan Kravchenko, erklärte am 15. April gegenüber Human Rights Watch, dass seit dem Abzug der russischen Streitkräfte 278 Leichen in der Stadt gefunden wurden, die überwiegende Mehrheit davon Zivilist*innen, und dass mit dem Auftauchen weiterer Leichen die Zahl voraussichtlich weiter steigen wird. Vor dem Konflikt hatte Butscha etwa 36.000 Einwohner*innen.

Serhii Kaplychnyi, Leiter des städtischen Bestattungsinstituts in Butscha, sagte, dass sein Team während der russischen Besatzung Dutzende von Leichen in Gemeinschaftsgräbern vor der St. Andreas-Kirche bestattete, da in der Leichenhalle kein Platz mehr war. Nur zwei der Bestatteten waren Angehörige des ukrainischen Militärs, der Rest waren Zivilist*innen, so Kaplychnyi. Bis zum 14. April hatten die örtlichen Behörden mehr als 70 Leichen auf dem Kirchengelände exhumiert.

Ein anderer Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens, Serhii Matiuk, der bei der Abholung der Leichen half, sagte, er habe seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar persönlich etwa 200 Leichen von den Straßen geholt. Matiuk zufolge waren die meisten Opfer Männer, es seien aber auch Frauen und Kinder darunter gewesen. Fast alle hätten Schusswunden gehabt, bei 50 der Leichen seien die Hände gefesselt gewesen und ihre Körper hätten Folterspuren aufgewiesen. Leichen mit gefesselten Händen deuten stark darauf hin, dass die Opfer erst festgenommen und dann hingerichtet wurden.

Human Rights Watch dokumentierte die Einzelheiten von 16 mutmaßlich rechtswidrigen Tötungen in Butscha, darunter neun Hinrichtungen und sieben wahllose Tötungen von Zivilist*innen – 15 Männer und eine Frau. Bei zwei weiteren dokumentierten Fällen handelt es sich um Zivilist*innen, die erschossen und verwundet wurden, darunter ein Mann, dem in den Hals geschossen wurde, als er mit seiner Familie in seiner Wohnung auf einem geschlossenen Balkon stand, und ein 9-jähriges Mädchen, dem russische Streitkräfte in die Schulter schossen, als es versuchte, vor ihnen wegzulaufen.

Human Rights Watch hatte zuvor eine Hinrichtung in Butscha dokumentiert, die sich am 4. März ereignete. Wie Zeug*innen berichteten, denen die Flucht aus Butscha gelungen war, trieben die russischen Streitkräfte fünf Männer zusammen und schossen einem von ihnen in den Hinterkopf. In einem anderen Fall, der bereits zuvor dokumentiert wurde, starb am 5. März der 48-jährige Viktor Koval, als russische Streitkräfte das Haus angriffen, in dem er und andere Zivilist*innen Zuflucht gefunden hatten.

Das russische Verteidigungsministerium wies Vorwürfe zurück, wonach seine Streitkräfte Zivilist*innen in Butscha getötet hätten. In einer Erklärung auf dem Messaging-Dienst Telegram vom 3. April ließ das Verteidigungsministerium verlauten, dass „kein einziger Anwohner Opfer einer gewalttätigen Aktion“ geworden sei, während Butscha „unter der Kontrolle der russischen Streitkräfte“ stand, und behauptete stattdessen, dass die Beweise für Verbrechen ein „Schwindel, eine Inszenierung und Provokation“ der Behörden in Kiew seien.

Die Einwohner*innen von Butscha gaben an, dass die russischen Streitkräfte erstmals am 27. Februar in Butscha einmarschierten, aber während schwerer Kämpfe aus dem zentralen Teil der Stadt zurückgedrängt wurden. Am 4. März kehrten sie zurück und übernahmen am 5. März weitgehend die Kontrolle über die Stadt. Danach wurde Butscha zu einem strategischen Stützpunkt der russischen Streitkräfte bei ihrem Vormarsch auf Kiew. Augenzeug*innen berichteten, dass während der Besetzung mehrere russische Militäreinheiten in Butscha operierten.

Kurz nach der Besetzung der Stadt gingen die russischen Streitkräfte von Tür zu Tür und durchsuchten Wohnhäuser mit der Behauptung, sie würden „Nazis jagen“. An mehreren Orten suchten sie nach Waffen, verhörten die Bewohner*innen und nahmen manche Männer mit der Begründung fest, sie hätten angeblich Befehle nicht befolgt, oder ganz ohne Angabe von Gründen. Familienangehörige der Festgenommenen berichteten, dass ihnen nicht mitgeteilt wurde, wohin ihre männlichen Verwandten gebracht worden waren, und dass sie auch später keine Informationen darüber erhalten konnten, wo sie festgehalten wurden. Dies kommt dem Tatbestand eines „gewaltsamen Verschwindenlassens“ gleich, der nach dem Völkerrecht unter allen Umständen ein Verbrechen darstellt.

Die Leichen einiger Opfer von Verschwindenlassen, darunter zwei Fälle, die auch Human Rights Watch dokumentiert hat, wurden nach dem Rückzug der russischen Streitkräfte auf Straßen, in Höfen oder in Kellern gefunden; einige wiesen Zeichen von Folter auf. Die ukrainischen Minenräumungsbehörden gaben an, dass sie an mindestens zwei Leichen von Opfern Sprengfallen gefunden hatten.

Die russischen Streitkräfte besetzten zivile Wohnhäuser und andere Gebäude, darunter mindestens zwei Schulen, und machten diese Orte zu militärischen Zielen. Zwei Bewohner*innen eines Wohnhauses berichteten, dass die russischen Streitkräfte die im Gebäude verbliebenen Personen aufforderten, in den Keller zu gehen, die Wohnungstüren aber unverschlossen zu lassen. Anschließend rückten die russischen Streitkräfte ein. Wenn sie eine verschlossene Tür fanden, brachen sie diese auf und verwüsteten die Wohnung, so die Bewohner*innen.

Viele Bewohner*innen berichteten, dass die russischen Streitkräfte wahllos auf Zivilist*innen schossen, die sich ins Freie gewagt hatten. Vasyl Yushenko, 32, wurde in den Hals geschossen, als er auf dem geschlossenen Balkon seiner Wohnung eine Zigarette rauchen wollte. Eine Krankenschwester sagte, sie habe zehn Menschen mit schweren Verletzungen behandelt, darunter auch das Mädchen, das beim Versuch, vor den russischen Streitkräften wegzulaufen, angeschossen worden war. Der Mann, mit dem sie wegrannte, wurde getötet, und dem Mädchen musste der Arm amputiert werden.

Mitarbeiter*innen von Bestattungsinstituten erklärten, dass einige Menschen bei Explosionen verletzt oder getötet wurden, höchstwahrscheinlich bei der Bombardierung der Stadt durch die russischen Streitkräfte zu Beginn ihrer Offensive oder bei Schusswechseln zwischen der russischen und der ukrainischen Artillerie.

Die russischen Streitkräfte beschädigten die Häuser und Wohnungen, in denen sie sich aufgehalten hatten, und nahmen Privateigentum mit – nach Angaben der Bewohner*innen auch Wertgegenstände wie Fernseher und Schmuck. Während die Besatzungstruppen Eigentum für ihre Zwecke gegen eine Entschädigung beschlagnahmen können, ist nach dem Kriegsrecht Plünderung streng verboten, insbesondere wenn Eigentum für den persönlichen oder privaten Gebrauch entwendet wird.

Die Bewohner*innen berichteten, dass sie während der Besetzung nur begrenzten Zugang zu Wasser, Lebensmitteln, Strom, Heizung und Mobiltelefonen hatten. Ein Mann sagte, er habe seinen älteren Nachbarn beerdigt, der auf ein Beatmungsgerät angewiesen war und starb, als der Strom ausfiel und das Gerät nicht funktionierte.

Human Rights Watch hat weitere mutmaßliche Kriegsverbrechen in anderen von den russischen Streitkräften besetzten Städten wie Adriviika, Hostomel und Motzyhn dokumentiert und Berichte darüber erhalten. Weitere Beweise werden vermutlich auftauchen, sobald der Zugang zu anderen Orten verbessert wird. Ein hochrangiger ukrainischer Polizeibeamter gab am 15. April bekannt, dass die Behörden 900 Ukrainer*innen in der Region Kiew identifiziert hätten, die von den russischen Streitkräften während ihrer Besetzung getötet worden seien. Die Umstände dieser Todesfälle seien jedoch noch unklar.

Der Oberstaatsanwalt der Stadt Butscha teilte Human Rights Watch am 15. April mit, dass im Bezirk Butscha, der zum Großraum Kiew gehört und etwa 362.000 Einwohner*innen hat, über 600 Leichen gefunden wurden. Human Rights Watch hat diese Zahlen nicht überprüft.

Alle Parteien des bewaffneten Konflikts in der Ukraine sind verpflichtet, das humanitäre Völkerrecht oder Kriegsrecht einzuhalten, einschließlich der Genfer Abkommen von 1949, des ersten Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen und des Völkergewohnheitsrechts. Kriegsführende Streitkräfte, die ein Gebiet faktisch kontrollieren, unterliegen dem internationalen Besatzungsrecht. Außerdem gelten die internationalen Menschenrechtsnormen, die jederzeit anwendbar sind.

Das Kriegsrecht verbietet vorsätzliche und wahllose Tötung, Folter, Verschwindenlassen und die unmenschliche Behandlung von gefangenen Kämpfer*innen und inhaftierten Zivilist*innen. Auch Plünderungen sind verboten. Jeder, der solche Handlungen anordnet oder vorsätzlich begeht oder sie unterstützt, macht sich eines Kriegsverbrechens schuldig. Befehlshaber*innen von Streitkräften, die von solchen Verbrechen wussten oder hätten wissen müssen, aber nicht versucht haben, sie zu verhindern oder die Verantwortlichen zu bestrafen, sind im Rahmen der Befehlsverantwortung für Kriegsverbrechen strafrechtlich verantwortlich.

Die ukrainischen Behörden sollten sich vorrangig um die Sicherung von Beweisen bemühen, die für eine künftige Verfolgung von Kriegsverbrechen von entscheidender Bedeutung sein könnten. Dazu gehört die Absperrung von Massengräbern bis die Leichen professionell exhumiert werden können. Ebenso die Aufnahme von Fotos der Leichen und der Umgebung vor der Beerdigung, die Aufzeichnung der Todesursachen, wenn dies möglich ist, die Aufzeichnung der Namen der Opfer und die Identifizierung von Zeug*innen sowie die Suche nach belastendem Material, das die russischen Streitkräfte möglicherweise zurückgelassen haben.

Andere Regierungen, Organisationen und Institutionen, die bei der Untersuchung von Kriegsverbrechen helfen wollen, sollten eng mit den ukrainischen Behörden zusammenarbeiten, um eine effektive und effiziente Kooperation zu gewährleisten.

Die Ukraine sollte die Verfolgung der Verantwortlichen für schwere völkerrechtliche Verbrechen unbedingt unterstützen, indem sie das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ratifiziert und formales Mitglied des Gerichtshofs wird, und die ukrainischen Behörden sollten ihre nationale Gesetzgebung an das Völkerrecht anpassen.

„Die Opfer der mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Butscha haben Gerechtigkeit verdient“, so Weir. „Die ukrainischen Behörden sollten mit internationaler Unterstützung der Beweissicherung Vorrang einräumen, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Verantwortlichen für diese Verbrechen eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden.“

Your tax deductible gift can help stop human rights violations and save lives around the world.

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