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Emir und Präsident von Katar Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, FIFA-Präsident Gianni Infantino und Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar am 20. November 2022 im Al-Bayt-Stadion im katarischen Doha. © 2022 ddp images / star-images (Photo by ddp images/Sipa USA)(Sipa via AP Images)

Die Entscheidung der FIFA, die staatliche Tourismusbehörde Saudi-Arabiens als Sponsor der Frauenfußball-WM 2023 zuzulassen, verdeutlicht ihre Missachtung des Leids und der Unterdrückung der mutigen saudischen Frauenrechtsverteidiger*innen. Der Weltfußballverband muss endlich die versprochene menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung der Auswirkungen seiner Entscheidungen umsetzen. Die FIFA sollte ihre eigenen Menschenrechts- und Nichtdiskriminierungsrichtlinien in allen Bereichen durchsetzen — auch bei künftigen WM-Gastgebern und Sponsoren.

Die Frauen-WM ist das alle vier Jahre stattfindende Aushängeschild des Frauenfußballs und mit mehr als einer Milliarde Zuschauer*innen das meistgesehene Frauensportevent weltweit. Spitzensportlerinnen auf der ganzen Welt trainieren ihre gesamte berufliche Laufbahn für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft, und für viele ist sie der Höhepunkt ihrer Karriere. Als Sponsor wird die Tourismuskampagne des saudischen Staates während der gesamten Frauenfußballspiele auf der Großbildleinwand und in den Stadien zu sehen sein und die Fernsehübertragungen während der Spiele mit Werbung fluten.

Saudi-Arabien ist ein globaler Ausreißer, was die Menschenrechte und insbesondere die Rechte der Frauen betrifft. Noch 2018 war es Frauen und Mädchen untersagt, in Schulen Sport zu treiben oder in Stadien zu gehen. In den letzten zehn Jahren haben saudische Frauen einige Reformen erkämpft und durchgesetzt. Zum Beispiel dürfen sie jetzt ohne Erlaubnis der männlichen Vormünder Auto fahren und ins Ausland reisen.

Viele Frauenrechtsaktivist*innen wurden jedoch inhaftiert, als die Behörden die von ihnen befürworteten Reformen in Kraft setzten. Die Regierung verbietet Frauenrechtsaktivist*innen nach wie vor Reisen ins Ausland und Gerichte haben harte Urteile verhängt, um Kritiker*innen zum Schweigen zu bringen. Im August letzten Jahres verurteilte Saudi-Arabien die im Vereinigten Königreich lebende saudische Doktorandin Salma Al-Shehab zu 34 Jahren Gefängnis, allein aufgrund ihrer Nutzung von Twitter.

Saudi-Arabien hat das System der „männlichen Vormundschaft“ nicht vollständig abgeschafft, sondern stattdessen 2022 das erste Personenstandsgesetz verabschiedet, das die männliche Vormundschaft festschreibt. Das Gesetz schreibt vor, dass Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds — ihres Vaters, Bruders, Onkels oder Großvaters ­— einholen müssen, um zu heiraten, und dass sie ihren Ehemännern „gehorchen“ müssen. Die saudischen Behörden verlangen nach wie vor, dass Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen, um das Gefängnis zu verlassen oder bestimmte Formen der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen. Berichten zufolge können Ehemänner Frauen daran hindern, im Ausland eine höhere Ausbildung zu absolvieren.

Die saudischen Behörden unterdrücken auch die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen (LGBT) und haben Diskussionen über Gender und Sexualität aus dem öffentlichen und digitalen Raum verbannt. 2020 verurteilte ein saudisches Gericht einen jemenitischen Blogger, der als Migrant ohne Papiere in Riad lebte, weil er auf Twitter ein Video gepostet hatte, in dem er sagte: „LGBT-Personen verdienen Rechte“. Er wurde wegen Förderung von Homosexualität im Internet und „Nachahmung von Frauen“ angeklagt und zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt. Er wurde wochenlang in Einzelhaft gehalten, einer Rektalkontrolle unterzogen und geschlagen, damit er gesteht, dass er schwul ist.

LGBT-Personen in Saudi-Arabien üben eine extreme Selbstzensur aus, um ihren Alltag zu überleben. LGBT-Spieler*innen und -Fans, die Saudi-Arabien besuchen, werden höchstwahrscheinlich auch mit der Zensur, Stigmatisierung und Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Genderidentität konfrontiert werden.

Solange Saudi-Arabien LGBT-Personen diskriminiert und Frauen für ihren Einsatz für die Frauenrechte oder friedliche Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung bestraft, sollte die FIFA nicht zulassen, dass die saudischen Behörden das meistgesehene Frauen-Sportereignis nutzen, um ihre Rechtsverletzungen durch Sport zu übertünchen.

Human Rights Watch kontaktierte die FIFA, um Einzelheiten über die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht und die Konsultation von Interessengruppen bei der Auswahl von WM-Gastgebern und der Vergabe von kommerziellen Sponsoringverträgen zu erfahren. Die FIFA hat nicht geantwortet.

Die ehemalige Vize-Kapitänin der australischen Frauenfußball-Nationalmannschaft Moya Dodd erklärte gegenüber Human Rights Watch: „Bei der Frauen-WM wird es viele LGBT-Spieler*innen und -Fans geben, für die der Fußball ein Ort ist, an dem sie dazugehören und sich frei entfalten können. Die sichere und integrative Atmosphäre im Frauenfußball ist wirklich wertvoll und Teil des Zeitgeistes im Frauensport.“ Zu den Plänen der FIFA, den saudischen Staat als Sponsor zu gewinnen, sagte sie: „Es ist schwer vorstellbar, wie dies mit den verantwortungsvollen Geschäftsprinzipien vereinbar sein soll, ganz zu schweigen von den Menschenrechtsverpflichtungen und -richtlinien der FIFA.“

Spielerinnen und Funktionärinnen aus Australien und Neuseeland wurden Berichten zufolge vor der Entscheidung der FIFA, die staatliche Tourismusbehörde Saudi-Arabiens als Hauptpartner für das Turnier zu gewinnen, nicht konsultiert. Die FIFA und die katarischen Behörden haben immer noch nicht die Arbeitsmigranten noch für die Menschenrechtsverletzungen entschädigt, die sie durch die WM 2022 in Katar erfahren haben waren. Die nicht gezahlte Entschädigung schadet auch dem Ruf der Sponsoren.

Die Ambitionen Saudi-Arabiens im Zusammenhang mit großen Sportereignissen gehen eindeutig über das Sponsoring hinaus: Politico meldete diese Woche, dass Saudi-Arabien Griechenland und Ägypten angeboten hat, für Milliarden an Stadion- und anderen Infrastrukturkosten zu zahlen, wenn sie sich gemeinsam um die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft der Männer 2030 bewerben – ein weiterer Beweis für die Strategie der Regierung, ihre schlechte Menschenrechtsbilanz durch die Ausrichtung beliebter Sportereignisse „reinzuwaschen“.

Die saudi-arabischen Behörden könnten ihre Bilanz aufbessern, wenn sie ihre miserable Menschenrechtspolitik reformieren würden, die Frauen, Menschenrechtsverteidiger*innen, LGBT-Personen, Arbeitsmigrant*innen und religiöse Minderheiten diskriminiert und bestraft.

Die FIFA sollte ihre Entscheidung, die saudische Staatsbehörde als Sponsor aufzunehmen, rückgängig machen. Die Frauen-WM ist ein Fest des Fußballs des sportlichen Könnens und der Vielfalt des Frauenfußballs – und nicht eine Gelegenheit, den Ruf einer Regierung reinzuwaschen, die die Rechte der Frauen verletzt.

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