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Sri Lanka: Hochrangige Regierungsvertreter in Kriegsverbrechen verwickelt

Deutschland soll sich im Menschenrechtsrat für starke Resolution einsetzen

Veröffentlicht in: The European
Der srilankische Präsident Gotabaya Rajapaksa bei einer Wahlkampfkundgebung in Homagama, am Stadtrand von Colombo, Sri Lanka, 13. November 2019. © 2019 AP Photo/Eranga Jayawardena

Der deutsche Außenminister Heiko Maas ist zu Recht stolz auf das deutsche Engagement für die Menschenrechte weltweit. Das Auswärtige Amt erklärte die Menschenrechte zum Herzstück der deutschen Außenpolitik. Die Bundesregierung hat nun Gelegenheit, diesem Gelöbnis Taten folgen zu lassen, wenn Sri Lanka bei der nächsten Sitzung des UN-Menschenrechtsrats auf der Tagesordnung steht.

Deutschland ist Mitglied der „Kerngruppe“ von Staaten im Menschenrechtsrat, die 2015 eine wegweisende Resolution zu Sri Lanka vorgelegt hat. Sie bot den Überlebenden des lange andauernden Bürgerkriegs Hoffnung auf Wahrheit, Gerechtigkeit, Versöhnung und hielt am Konzept der Rechenschaftspflicht für die schlimmsten völkerrechtlichen Verbrechen fest. Die unmittelbar Betroffenen begrüßten die Rolle Deutschlands, und es waren deutliche Verbesserungen im Hinblick auf die Menschenrechte zu verzeichnen, insbesondere bei der Meinungsfreiheit. Der Schatten von Furcht und Repression schien vertrieben.

Doch seit Gotabaya Rajakpaksa 2019 zum Präsidenten gewählt wurde, hat sich die Menschenrechtslage in Sri Lanka deutlich verschlechtert. Deutschland sollte daher die Messlatte weiter hoch anlegen, wenn es um den Schutz der Menschenrechte in Sri Lanka geht. Rajapaksa war früher, während der Präsidentschaft seines Bruders Verteidigungsminister. Beide sind in Kriegsverbrechen verwickelt, als sie den brutalen Bürgerkrieg beendeten.

Deutschland sollte jetzt seine entscheidende Rolle im Kampf für Gerechtigkeit in dem Land wahrnehmen. Es sollte sich für eine starke Resolution in der nächsten Sitzung des Menschenrechtsrats einsetzen und nicht bereit sein, dass Forderungen verwässert werden, nur um einen Kompromiss mit der Regierung Sri Lankas zu erreichen. Dass eine Resolution, die auf Konsens beruht, genügend Biss haben könnte und dass hochrangige Regierungsvertreter, die in Kriegsverbrechen verwickelt sind, diese Verbrechen verurteilen und Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen würden, das ist illusorisch.

In einem neuen, eindringlichen Bericht erklärt die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, dass „Sri Lanka seine Vergangenheit weiter verleugnet“, und dass „der gegenwärtige Kurs den Weg für ein Comeback der Politik und Praktiken ebnet, die zu schweren Menschenrechtsverletzungen führten“. Sie warnt vor einer zunehmenden Militarisierung und fordert die Mitgliedstaaten auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen.

In dem Bürgerkrieg zwischen Regierungskräften und den separatistischen Befreiungstigern von Tamil Eelam (Liberation Tigers of Tamil Ealam, LTTE), der 2009 ein Ende fand, starben Zehntausende Zivilisten. Beide Seiten waren für zahllose Kriegsverbrechen verantwortlich, insbesondere in den letzten Monaten des Krieges. Zu jener Zeit war Mahinda Rajapaksa Präsident des Landes und sein Bruder Gotabaya Rajapaksa Verteidigungsminister. Damit standen sie den Streitkräften vor, die wiederholt und wahllos Zivilisten bombardieren und gefangene LTTE-Kämpfer standrechtlich erschießen ließen. Regierungskritiker und mutmaßliche LTTE-Unterstützer wurden ermordet, gefoltert und in weißen Lieferfahrzeugen verschleppt. Diese Übergriffe setzten sich auch nach dem Ende der Kämpfe fort. Als die Rajapaksas bei den Wahlen von 2015 die Macht verloren, schien der Moment für einen Wandel gekommen.

Doch nun ist die Angst zurückgekehrt. Im November 2019 wurde Gotabaya Rajapaksa zum Präsidenten gewählt und im Anschluss ernannte er seinen Bruder Mahinda zum Premierminister. Kurz darauf erklärte Sri Lanka, dass es seinen Verpflichtungen aus der Resolution des Menschenrechtsrats von 2015 nicht nachkommen werde. Rajapaksa berief zahlreiche Personen in seine Regierung, die in Kriegsverbrechen verwickelt waren, darunter den Chef seines Verteidigungsstabs, General Shavendra Silva, dem die Einreise in die Vereinigten Staaten verboten wurde, weil er als Befehlshaber an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt war, insbesondere an außergerichtlichen Hinrichtungen.

Im März begnadigte Rajapaksa den früheren Feldwebel Sergeant Sunil Ratnayake, der acht tamilische Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet hatte. Er war einer der ganz wenigen Angehörigen der Sicherheitskräfte, die jemals für Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurden. Im September teilte Sri Lanka dem Menschenrechtsrat mit, dass die Anschuldigungen gegen hochrangige Militäroffiziere „inakzeptabel“ und ohne „stichhaltige Beweise“ seien. Im Oktober änderte die Regierung die Verfassung, um politischen Einfluss auf die Gerichte ausüben zu können. Die wenigen Beamten, die sich um Gerechtigkeit bemühten, sind jetzt einem großen Risiko ausgesetzt.

Anstatt auf Aussöhnung und Gerechtigkeit setzt die Regierung nur auf einen extremen buddhistisch-singhalesischen Nationalismus, der Minderheiten diskriminiert. Die tamilischen Gemeinschaften im Norden und Osten des Landes befürchten bereits einen Anstieg an willkürlichen Übergriffen durch Sicherheitskräfte. Unterdessen gibt es Hinweise auf einen besorgniserregenden Anstieg von Fällen von Diskriminierung gegen Muslime, wie z. B. das Verbot der Beerdigung von Menschen, die an Covid-19 gestorben sind, was die religiösen Rechte von Muslimen missachtet und medizinisch in keiner Weise zu rechtfertigen ist.

Bei der Ende Februar anstehenden Sitzung wird der Menschenrechtsrat vor einer wichtigen Entscheidung stehen: Lässt er die Regierung Sri Lankas gewähren oder wird er Maßnahmen ergreifen, um gefährdete Menschen in Sri Lanka zu schützen und das Völkerrecht zu wahren?

In den letzten zehn Jahren versuchte der Menschenrechtsrat gemeinsam mit Sri Lanka, Versöhnung und Rechenschaftspflicht zu fördern. Jetzt, da sich Sri Lanka gegen diese Bemühungen stellt, ist entschlossenes Handeln gefragt. Schritte, die dabei helfen, Völkerrechtsverbrechen weltweit zu ahnden, können das wachsende Risiko zukünftiger Gräueltaten verringern.

Deutschland sollte die Warnzeichen ernst nehmen und gemeinsam mit den Partnern der Kerngruppe eine nachdrückliche und wirksame Resolution verabschieden, bevor sich die Situation weiter zuspitzt. Die Verhandlungen werden hart, doch Kompromisse helfen nur denjenigen, die sich ihrer Verantwortung für schwerste Verbrechen entziehen wollen. Deutschlands Rolle ist erneut von entscheidender Bedeutung, damit der aktuellen Situation umgehend Rechnung getragen wird.

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