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Deutschland und Namibia brauchen rechtebasierten Reparationsprozess

UN-Expert*innen drängen auf Beteiligung betroffener Gemeinschaften an Verhandlungen

Oberhäupter der Nama- und Ovaherero-Völker während des jährlichen "Reparationsmarsches" im namibischen Swakopmund im April 2022. Sie fordern Entschädigungen für die anhaltenden Folgen des von der deutschen Kolonialherrschaft zwischen 1904 und 1908 begangenen Völkermordes. © 2022 OTA and NTLA

Die Bundesregierung und die Regierung Namibias entziehen sich ihren Verpflichtungen gegenüber den Völkern der Ovaherero und Nama in Namibia, eine sinnvolle Beteiligung an den laufenden Verhandlungen über Reparationen für den von Deutschland zwischen 1904 und 1908 begangenen kolonialen Völkermord zu gewährleisten.

Am 23. Februar 2023 schickten sieben Sonderberichterstatter*innen der Vereinten Nationen Mitteilungen an die deutsche und die namibische Regierung, um ihre „große Besorgnis“ darüber zu äußern, dass beide Regierungen es versäumt haben, das Recht auf maßgebliche Beteiligung zu sichern.

In ihrem Schreiben erinnerten die Berichterstatter*innen Deutschland und Namibia daran, dass beide Regierungen zwar die Verhandlungen als politischen, bilateralen Prozess betrachten, wie in einer gemeinsamen Erklärung aus dem Jahr 2021 dargelegt, die indigenen Völker der Nama und Ovaherero jedoch ihr eigenes Recht auf Beteiligung und Vertretung haben. Deutschland versucht seine menschenrechtliche Verpflichtung zu leugnen, die den betroffenen Gemeinschaften ein Recht auf Beteiligung an solchen Prozessen einräumt.

Die Berichterstatter*innen betonten auch, dass Kolonialverbrechen entgegen den fortgesetzten Abstreitungen Deutschlands nach „heutigen Rechtsstandards“ und nicht nach „rassistischen und diskriminierenden Gesetzen der damaligen Kolonialmacht“ beurteilt werden sollten.

Die Berichterstatter*innen äußerten sich besorgt über die Haltung Deutschlands gegenüber Entschädigungsforderungen der Opfer, da es statt effektiver Reparationen nur „kollektive Entwicklungshilfe“ leisten wolle.

Namibia antwortete den UN-Expert*innen am 30. Mai und behauptet der Regierung würde unfairerweise Schuld gegeben – sie habe sich sinnvoll mit den Völkern der Ovaherero und Nama auseinandergesetzt. In einer Antwort vom 1. Juni wiederholt die Bundesregierung frühere Verteidigungen aus dem Prozess und erklärt, dass beide Regierungen „zu der unterzeichneten gemeinsamen Erklärung stehen“ und dass die Ovaherero Traditional Authorities (OTA) und die Nama Traditional Leaders Association (NTLA) „die Einladung der namibischen Regierung, am Versöhnungsprozess teilzunehmen, abgelehnt haben“. Tatsächlich hatten sich die beiden Gruppen geweigert, die gemeinsame Erklärung anzuerkennen, weil sie ohne ihre Beteiligung ausgehandelt worden war.

Eine Resolution des namibischen Parlaments von 2006 hatte einen dreigliedrigen Prozess gefordert. Der steht derzeit im Mittelpunkt eines laufenden Gerichtsverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof Namibias, das die OTA, die NTLA und eine Koalition aus nationalen und internationalen Anwält*innen angestrengt haben. Die Klagenden hatten sich im 2022 an die Sonderberichterstatter*innen gewandt.

Die deutsche und die namibische Regierung sollten ihren Kurs ändern, um einen Prozess zu garantieren, der die direkte Beteiligung von Vertretern der Volksgruppen in den Mittelpunkt stellt, damit ihr Recht auf vollständige Entschädigung für die anhaltenden Schäden durch Kolonialverbrechen gewahrt wird.

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