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(Berlin) – Die G20-Arbeitsminister sollen sich bei ihrem Treffen am 18. und 19. Mai 2017 in Deutschland dafür aussprechen, die Menschenrechte in den globalen Lieferketten zu schützen, so Human Rights Watch. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der G20, einem Zusammenschluss von 20 Regierungen der größten Industrie- und Schwellenländer.

„Millionen Kinder und Erwachsene arbeiten unter ausbeuterischen, unsicheren und ihre Menschenrechte verletzenden Bedingungen für den Weltmarkt“, so Juliane Kippenberg, stellvertretende Leiterin der Abteilung Kinderrechte bei Human Rights Watch. „Diese Arbeiter brauchen nichts dringender als durchsetzbare Regeln, um sie innerhalb der Lieferketten von Unternehmen zu schützen.“

Kinder waschen Gold im Fluss Bosigon in Malaya, Camarines Norte. © 2015 Mark Z. Saludes for Human Rights Watch

Schätzungsweise 450 Millionen Menschen arbeiten in den globalen Lieferketten. Um ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, greifen Unternehmen zunehmend auf komplexe Wertschöpfungsketten zurück, die mehrere Länder umfassen. Regierungen erfüllen häufig ihre Verpflichtung nicht, die Menschenrechte im In- und im Ausland durch eine wirksame Regulierung unternehmerischer Aktivitäten zu schützen.

Bei ihrem Gipfel in Bad Neuenahr sollen sich die Arbeitsminister für rechtsverbindliche Regeln bei der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen einsetzen, die innerhalb und von ihren Ländern aus operieren. Unternehmen sollen dazu verpflichtet werden, negative Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Menschenrechte zu prüfen, zu verhindern, zu mildern und zu beheben. Die Arbeitsminister sollen — in Zusammenarbeit mit anderen Regierungsbehörden — Mechanismen unterstützen, die Unternehmen dazu verpflichten, Informationen über ihre Zulieferer zu veröffentlichen sowie über Maßnahmen, die sie ergreifen, zu nicht zu Rechtsverletzungen beizutragen.

Zudem sollen die Regierungen mehr tun, um zu gewährleisten, dass Arbeitnehmer Beschwerden einreichen können, und um die Rechte von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Whistleblowern zu schützen, die Menschenrechtsverletzungen aufdecken. Im März 2017 wandte sich Human Rights Watch mit einem Brief an die deutsche Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles und bat sie dringend darum, alles dafür zu tun, dass diese Maßnahmen in die Erklärung der G20-Arbeitsminister und die allgemeinen Erklärungen der G20 aufgenommen werden.

Die Verhandlungen über die Abschlusserklärung des Gipfels der Minister für Arbeit und Beschäftigung versprechen, schwierig zu werden. Insbesondere China und Indien sind wenig daran interessiert, sich auf durchsetzbare Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte in den globalen Lieferketten zu verpflichten. Die Mitglieder der G20 sind Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei, die USA und die Europäische Union.

Human Rights Watch hat verschiedenste Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten dokumentiert, darunter Arbeitsrechtsverletzungen und gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen gegen Fabrikarbeiter in der Bekleidungsindustrie, gefährliche Kinderarbeit im Kleinbergbau zur Goldgewinnung, und schwere Verletzungen des Arbeitsrechts, von denen Arbeitsmigranten im Bausektor betroffen sind.

Im Jahr 2016 verabschiedete die Internationale Arbeitskonferenz — das internationale Treffen von Regierungen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) — einen Aktionsplan für menschenwürdige Arbeit in den globalen Wertschöpfungsketten. Zudem wurde ein trilaterales oder Experten-Treffen beschlossen, bei dem erörtert werden soll, ob ein neuer, rechtsverbindlicher, internationaler Standard über angemessene Arbeitsbedingungen in den globalen Wertschöpfungsketten erforderlich ist. Human Rights Watch setzt sich für einen internationalen Vertrag ein, weil freiwillige Selbstverpflichtungen Unternehmen, die das Richtige tun wollen, Wettbewerbsnachteile einbringen.

„Die Internationale Arbeitskonferenz hat die Tür für einen neuen Vertrag über menschenwürdige Arbeit in den globalen Wertschöpfungsketten geöffnet“, so Kippenberg. „Die G20 soll den ILO-Prozess ausdrücklich unterstützen.“

Das Konzept der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht ist in den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN) ausformuliert, einem nicht bindenden, aber maßgeblichen internationalen Standard über die menschenrechtlichen Pflichten von Unternehmen und den Regierungen, die sie regulieren. Nach den UN-Leitprinzipien sind Unternehmen für die menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer eignen Aktivitäten genauso verantwortlich wir für diejenigen, die sich aus ihren Geschäftsbeziehungen mit Zulieferern ergeben.

Weiter definieren die Leitprinzipien, dass die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht von Unternehmen eine menschenrechtliche Risikoanalyse beinhaltet, verbunden mit wirksamen Schritten, um diese Risiken zu reduzieren oder ganz auszuräumen. Darüber hinaus sind Unternehmen dafür verantwortlich, dass Personen, deren Rechte trotz dieser Bemühungen verletzt werden, angemessene Entschädigung erhalten.

„Es ist eine gute Nachricht, dass die deutsche Regierung das Thema nachhaltiger globaler Lieferketten auf die Agenda der G20 gesetzt hat“, sagt Kippenberg. „Die G20 hat die Chance, dazu beizutragen, Standards zum Schutz von Arbeitnehmern in den globalen Lieferketten zu setzten — und sie sollte dies unverzüglich tun.“

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