„Ich will zeigen, dass es nicht okay ist, dass heutzutage Leute mit Hitlergruß und Naziparolen durch welche Stadt auch immer laufen“, sagte die zwanzigjährige Anna dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel bei dem Konzert.
Weit mehr Menschen kamen zu dem Konzert als zu der rechtspopulistischen Demonstration in der Woche zuvor. Unter deren etwa 6.000 Teilnehmer waren zahlreiche Neonazis, die rassistische Parolen schrien und den Hitlergruß zeigten – was in Deutschland verboten ist – und griffen in Gruppen Menschen an, die sie als „nicht deutsch“ wahrnahmen, sowie Polizisten und Journalisten.
Das Konzert fand unter dem Motto #WirSindMehr statt und war wichtig, um zu zeigen, wie viele Menschen Rassismus und Intoleranz in ihrer Mitte nicht hinnehmen. Nun müssen sich auch die Politik und die Behörden genauso überzeugend gegen den Hass wenden, in Chemnitz und andernorts.
Die ersten Demonstrationen gingen auf Versuche zurück, eine gewaltsame Auseinandersetzung am 25. August in Chemnitz zu politisieren. Dabei wurde der 35-jährige Deutsche Daniel H., der einen deutsch-kubanischen Familienhintergrund hat, erstochen, mutmaßlich von einem Iraker und einem Syrer, die kurz darauf festgenommen wurden.
Politiker verurteilten den Mord und viele Menschen in Chemnitz sprachen der Familie von Daniel H. ihr Beileid aus, auch bei dem Konzert am Montag. Seine Freunde wandten sich öffentlich dagegen, dass sein Tod politisch instrumentalisiert wird.
Derzeit wertet die Staatsanwaltschaft Videomaterial aus, um die Personen zu identifizieren, die kurz nach dem Mord Menschen misshandelt und angegriffen haben, entweder weil sie diese als „nicht deutsch“ wahrnahmen oder aus anderen Gründen.
Es ist wichtig, dass sowohl die Mörder als auch die Verantwortlichen für rassistische Angriffe vor Gericht gestellt werden. Die deutschen Behörden sollen Personen zur Verantwortung ziehen, die sich eines Vergehens schuldig machen, unabhängig von deren Hintergrund oder dem ihrer Opfer.
Die Chemnitzer Polizei räumte ein, dass sie auf die schwersten, neonazistischen Gewaltausbrüche am 27. August nicht vorbereitet war. Den Behörden müssen ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um Menschen, auch Journalisten, vor Gewalt zu schützen und friedliche Demonstrationen zu ermöglichen.
Bundekanzlerin Merkel und alle Parteien im Bundestag außer der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) haben die rassistischen Parolen und Übergriffe verurteilt. Michael Kretschmer (CDU), Christdemokrat und sächsischer Ministerpräsident, rief Teilnehmer von Demonstrationen dazu auf, sich von Neonazis zu distanzieren. Dennoch nahmen am 2. September führende AfD-Politiker an einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz teil.
Die Ereignisse in Chemnitz zeigen erneut, wie wichtig es ist, gegen Rassismus und Intoleranz aufzustehen. Um deutlich zu machen: #WirSindMehr.