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Asylsuchende hinter einem Metallgitter im Lager ‘Hangar 1’ in Röszke, Ungarn. 9. September 2015. © 2015 Zalmaï for Human Rights Watch

(Brüssel) – Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben bei ihrer Reaktion auf die vielfältigen Herausforderungen, welche sich der Union im Jahr 2016 stellten, zentrale Werte aufgegeben, so Human Rights Watch im heute veröffentlichten World Report 2017.

Darin hebt Human Rights Watch Entwicklungen in 10 EU-Staaten hervor und beleuchtet EU-weite Trends bei Migration und Asyl, Diskriminierung und Intoleranz, Terrorismus und Terrorbekämpfung sowie EU-Außenpolitik.


„Konfrontiert mit enormen Herausforderungen wie Migration und Brexit gaben Regierungen und Institutionen der EU im vergangenen Jahr bedauerlicherweise zentrale Werte auf“, so Benjamin Ward, stellv. Direktor der Europa- und Zentralasienabteilung von Human Rights Watch. „Im Jahr 2017 braucht die Welt eine EU, welche die Menschenrechte wieder ins Zentrum ihrer politischen Antworten stellt.“

In dem 687-seitigen World Report, der in diesem Jahr zum 27. Mal erscheint, fasst Human Rights Watch die wichtigsten Menschenrechtsentwicklungen in mehr als 90 Ländern weltweit zusammen. In seinem einleitenden Essay schreibt Executive Director Kenneth Roth, dass eine neue Generation autokratischer Populisten versucht, das Konzept des Menschenrechtsschutzes auszuhebeln. Menschenrechte werden von ihnen als ein Hindernis auf dem Weg gesehen, den Mehrheitswillen umzusetzen. Da viele Menschen sich durch die Globalisierung abgehängt fühlen und zunehmend Angst vor Gewaltverbrechen haben, müssen Zivilgesellschaft, Medien und Öffentlichkeit sich ihrer Aufgabe stellen und die Werte verteidigen, auf denen die rechtsstaatliche Demokratie beruht.


Angesichts der größten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich die EU als Ganzes führungsunfähig und unsolidarisch. Ihre Politik konzentrierte sich vor allem darauf, die Einreise von Migranten zu verhindern und die Verantwortung für Flüchtlinge und Asylsuchende in andere Weltregionen auszulagern.

Bei Anschlägen in Belgien, Frankreich und Deutschland, zu denen sich in vielen Fällen der Islamische Staat bekannte, wurden zahlreiche Menschen getötet und Hunderte verletzt. In vielen EU-Staaten wurden die Anschläge zum Anlass genommen, problematische Ansätze und Maßnahmen, welche die Menschenrechte gefährden, zu verfolgen bzw. zu intensivieren. Dazu gehörten die Ausweitung der Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten, eine verstärke Geheimdienstkooperation und der Entzug der doppelten Staatsbürgerschaft bei Terrorverdächtigen. Bei der Aufarbeitung der Mittäterschaft von EU-Regierungen bei Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von Antiterror-Operationen der CIA gab es praktisch keine Fortschritte.

Die fortdauernde Flüchtlingskrise und die Terroranschläge bestärkten die fremden-, islam- und flüchtlingsfeindliche Stimmung. Diese Entwicklungen manifestierten sich in Übergriffen gegen Muslime, Migranten und als Fremde wahrgenommene Personen sowie einem Erstarken populistischer und einwandererfeindlicher Parteien in vielen EU-Staaten. Auch Antisemitismus bleibt ein ernstzunehmendes Problem.

Die Außenpolitik der EU war beherrscht von den Konflikten in Syrien und der Ostukraine sowie den Beziehungen zur russischen Regierung im Hinblick auf deren Rolle in beiden Konflikten.

Zu den länderspezifischen Entwicklungen in der EU, welche Human Rights Watch in dem Bericht hervorhebt, gehören die Krise des polnischen Verfassungsgerichts, Ungarns menschenrechtswidrige Grenzpolitik, die negativen Folgen des Ausnahmezustands in Frankreich, die Häufung von Hassverbrechen in Großbritannien nach dem Brexit und die Verschlechterung der Bedingungen für Asylsuchende auf den griechischen Inseln.

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