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Kosovo: Neuer Staat soll auf rechtsstaatlichen Prinzipen basieren

Schutz von Minderheiten ist zentral für die Zukunft des Kosovo

Das Kosovo steht kurz vor der Erklärung der Unabhängigkeit. Die neue Regierung und ihre internationalen Partner sollen nun sicher stellen, dass der neue Staat auf demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien gegründet wird, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Sieben-Punkte-Programm für Menschenrechte im Kosovo. Die von der Europäischen Union geleitete Mission zur Stabilisierung der Provinz nach der Trennung von Serbien soll dringend Maßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen, besonders gegen Frauen und Minderheiten, zu verhindern.

„Durch die Militärintervention im Kosovo 1999 sollten die Menschenrechte der albanischen Bevölkerung geschützt werden, die von der serbischen Regierung verletzt wurden”, so Holly Carter, Leiterin der Abteilung Europa und Zentralasien von Human Rights Watch. „Deshalb ist es absolut notwendig, dass das neue Kosovo die Menschenrechte aller Bevölkerungsgruppen respektiert.”

Das Memorandum von Human Rights Watch „A Human Rights Agenda for a New Kosovo” nennt sieben der dringlichsten Menschenrechtsprobleme im heutigen Kosovo:

  • Mängel im Strafjustizsystem;

  • Häusliche Gewalt und andere Menschenrechtsverletzungen gegn Frauen;

  • Gewalt gegen ethnische Minderheiten;

  • Fehlende Möglichkeit der sicheren Rückkehr für Flüchtlinge und Vertriebene;

  • Notlage der Roma, Aschkali und Kosovo-Ägypter;

  • Ungenügende Kontrolle internationaler Institutionen;

  • Mangelnde Aussöhnung zwischen ethnischen Gruppen.
  • Um die zentralen Probleme zu identifizieren, arbeitete Human Rights Watch mit Menschenrechtsorganisationen aus allen Bevölkerungsgruppen im Kosovo zusammen.

    An erster Stelle steht die Stärkung des Justizwesens, das sich als unfähig erwiesen hat, die Kriminalität wirkungsvoll zu bekämpfen. Dieses Problem betrifft alle Einwohner des Kosovo, unabhängig ihrer ethnischen Herkunft. Zentrale Missstände sind die schlechte Koordination zwischen nationaler und internationaler Polizei, Staatsanwälten und Richtern und der unzureichende Zeugenschutz. Westliche Staaten schützen gefährdete Zeugen nur sehr zögerlich und nehmen sie nur selten in ihren Ländern auf. Eine Polizei- und Justizmission der EU mit etwa 2.000 Mitarbeitern wird das wichtigste Element der neuen internationalen Truppe unter Führung der EU sein.

    Es ist unbedingt notwendig, dass die Behörden im Kosovo und die EU-Mission ethnische Minderheiten vor gewalttätigen Übergriffen schützen, die die Nachkriegsgeschichte des Kosovo ständig begleitet haben. Neben Schutzmaßnahmen durch lokale Sicherheitskräfte, die Polizei der EU und NATO-Kräfte sollen die Verantwortlichen für Verbrechen vor Gericht gestellt werden. Nur so kann der Teufelskreis der Gewalt durchbrochen werden.

    Ein besonderes Anliegen ist die Situation der Roma, Aschkali und Kosovo-Ägypter, so Human Rights Watch. Politisch machtlos und vom wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen, sind sie häufig Opfer von Diskriminierung und Schikanen. Aschkali und Kosovo-Ägypter werden äußerst häufig aus Westeuropa abgeschoben (Serbisch sprechende Roma aus Kosovo, die man für stärker gefährdet hält, werden stattdessen nach Serbien abgeschoben). Durch die geringe Unterstützung für die Zurückgekehrten entsteht eine zusätzliche Belastung für Gemeinschaften, die sich ohnehin am Rande der Gesellschaft befinden.

    „Die Entscheidung der EU ist richtig, sich besonders auf das Justizwesen zu konzentrieren“, so Holly Carter. „Wenn die EU-Mitgliedsstaaten aber gefährdete Zeugen nicht aufnehmen, wird es gerade bei den schwersten Verbrechen nahezu unmöglich, Recht walten zu lassen.“

    Die Bekämpfung von häuslicher Gewalt, Menschenhandel und anderen Verbrechen gegen Frauen – Missstände, die in allen Bevölkerungsgruppen zu verzeichnen sind - sollte eine weitere Priorität sein. Human Rights Watch empfahl, dass die Behörden misshandelten Frauen den Zugang zum Justizsystem erleichtern und angemessene Mittel verfügbar machen sollen, so dass in jedem Bezirk ein geschütztes Haus für Opfer häuslicher Gewalt bereitsteht.

    Die Regierung des Kosovo und internationale Organisationen sollten auch das richtige Umfeld für eine dauerhafte und freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen schaffen. Bis jetzt sind weniger als 18.000 der 250.000 Serben, Roma und anderen seit Juni 1999 Vertriebenen zurückgekehrt. Das erklärt sich zum Teil aus der schlechte Sicherheitslage, der mangelnden strafrechtlichen Verfolgung von Übergriffen gegen Minderheiten und der Ungleichbehandlung beim Zugang zu sozialen Dienstleistungen.

    Es ist eine sehr große Herausforderung für die EU-Mission, die Behörden im Kosovo angesichts dieser schwierigen Lage zu unterstützen. Um mit gutem Beispiel voranzugehen und ihre Legitimität bei der Bevölkerung zu stärken, sollte die EU ihre Mission wesentlich stärkeren Kontrollen unterwerfen als die vorhergehende UN-Mission und bei Fehlern die Verursacher zur Verantwortung ziehen. Vor allem sollte die EU-Polizei- und Justizmission von der unabhängigen Ombudsperson im Kosovo auf die Einhaltung der Menschenrechte überwacht werden.

    Nur wenn die Missstände bei den Menschenrechten sowohl für die kosovo-albanische Mehrheitsbevölkerung als auch für die Minderheiten wirkungsvoll behoben werden, kann Vertrauen aufgebaut werden und der Versöhnungsprozess beginnen, so Human Rights Watch. Dabei ist es entscheiden, dass die Verantwortlichen für frühere Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden und das Schicksal von über 2.000 vermissten Personen – mehrheitlich ethnische Albaner – aufgeklärt wird.

    „Die Einwohner des Kosovo – Albaner, Serben, Roma und andere – haben über viele Jahre hinweg schwere Menschenrechtsverletzungen erlitten“, so Carter. „Mit dem richtigen Engagement und der Unterstützung der EU besteht nun tatsächlich die Möglichkeit, ein Kosovo zu schaffen, in dem Menschenrechtsverletzungen die Ausnahme und nicht die Regel sind.

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