Politisches Theater ist im Vorfeld einer US-Präsidentschaftswahl so gut wie unvermeidlich. Aber manchmal ist es mehr als reine Effekthascherei und grenzt an einen Angriff auf die Menschenrechte.
Die von US-Präsident Joe Biden in dieser Woche erlassene Asylverordnung überschreitet definitiv diese Grenze.
Bevor wir uns mit den Einzelheiten befassen, sollten wir uns die Grundlagen ins Gedächtnis rufen, denn ich finde, wenn heutzutage über das Thema Asyl gesprochen wird, wird eine wichtige Tatsache oft übersehen.
Und zwar diese: Jede Person hat das Recht, in einem anderen Land Asyl zu beantragen. Das bedeutet nicht, dass man einfach leben kann, wo man will. Nein. Es bedeutet, dass du das Recht hast, um Asyl zu bitten, und dass die Behörden deinen individuellen Fall prüfen und dich in der Zwischenzeit menschenwürdig behandeln müssen. Dieses Recht ist in den USA gesetzlich verankert und wird durch internationale Menschenrechts- und Flüchtlingsgesetze gestützt.
Bidens Erlass vom Dienstag verstößt gegen dieses Grundrecht.
Denn er ermöglicht es Grenzbeamten unter bestimmten Bedingungen, Menschen, die an der Südgrenze der USA ankommen, zügig und ohne Anhörung abzuschieben, insbesondere wenn die Zahl der Ankommenden an der Grenze einen Wochendurchschnitt von 2.500 Personen überschreitet.
Warum 2.500? Keine Ahnung. Es ist eine komplett willkürlich aus dem Hut gezauberte Zahl.
Beamte würden demnach die Grenze erst wieder öffnen, wenn die durchschnittliche Zahl der täglichen Ankünfte unter 1.500 Personen fällt. Wieder eine aus dem Hut gezauberte Zahl.
Damit würde die Grenze zwischen den USA und Mexiko für Asylsuchende geschlossen werden. Der Erlass ist nach den internationalen Menschenrechten und dem Flüchtlingsrecht eindeutig rechtswidrig.
Gleichzeitig setzt er Tausende von Menschen großen Gefahren aus.
Wir haben vor ein paar Wochen über diese Gefahren gesprochen, als wir uns angesehen haben, wie die US-Grenzbehörden Asylanträge mithilfe einer App „digital messen“. Menschen, die in den USA Asyl beantragen und gezwungen sind, in Mexiko zu warten, sind dem hohen Risiko von Vergewaltigungen, Entführungen, Folter und Mord ausgesetzt.
Mit Bidens neuem Erlass wird die Zahl der Menschen, die diesem Horror ausgesetzt sind, nur noch größer.
Hinter diesem Erlass stehen natürlich vor allem politische Gründe und die Präsidentschaftswahlen. Im politischen Theater möchten die Kandidat*innen in Grenzfragen „knallhart“ auftreten, ungeachtet des Leids, das ihre Politik und ihre politischen Vorschläge verursachen werden.
Doch wann immer du eine politische Maßnahme als „ knallhart“ bezeichnest, versuche Folgendes: Statt des Wortes „knallhart“ solltest du das Wort „grausam“ verwenden, um besser zu verstehen, was auf menschlicher Ebene vor sich geht.