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Interview: Der blinde Fleck der Autoindustrie in Xinjiang

Aufdeckung von Zwangsarbeit in Aluminium-Lieferketten

Am Hafen von Yantai, China, werden am 10. Januar 2024 Autos für den Export gesammelt. © 2024 Photo by Costfoto/NurPhoto via AP

Ein Teil des Aluminiums in Ihrem Auto, mit dem Sie vielleicht zur Arbeit, zur Schule oder zum Einkaufen fahren, wurde möglicherweise mittels Zwangsarbeit von Uigur*innen und anderen turkstämmigen Muslim*innen in der chinesischen Region Xinjiang hergestellt.

Viele große Autokonzerne wissen um die Risiken, doch ein im vergangenen Monat veröffentlichter Bericht von Human Rights Watch zeigt, dass diese Unternehmen - darunter General Motors, Volkswagen, Tesla, BYD und Toyota - die Kontrollen ihrer Lieferketten nicht ausreichend verschärft haben, um aus Zwangsarbeit stammendes Aluminium aus ihren Lieferketten zu verbannen. Warum ist das so? China ist nicht nur eine Hochburg der Automobilproduktion, sondern auch der weltweit größte Markt für den Verkauf von Autos. Die Hersteller fürchten, ihre Autos nicht mehr in China produzieren und verkaufen zu können, sollten sie sich gegen die chinesische Regierung auflehnen. Sie fürchten zudem Repressalien seitens der Regierung, wenn sie Verbindungen zu Zwangsarbeit untersuchen. Dies kann dazu führen, dass sich die Automobilhersteller an schweren Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen. Paul Aufiero, Senior Web Producer, sprach mit Jim Wormington, Senior Researcher für Unternehmensverantwortung bei Human Rights Watch und einem Researcher von Open-Source Investigations Researcher darüber, wie sie die Verbindung zwischen Zwangsarbeit in China und den Autoherstellern aufdeckten und darüber, welche Folgen dieser Bericht hatte.

Der Bericht wurde vor einem Monat veröffentlicht. Wie habt Ihr ihn seitdem genutzt, um die Menschenrechtsagenda voranzutreiben?

Jim Wormington (JW): In der Europäischen Union sind die EU-Institutionen dabei, ein neues Gesetz zu verabschieden, das Importe und Exporte im Zusammenhang mit Zwangsarbeit verbietet. Wir haben unseren Bericht mit EU-Parlamentarier*innen und politischen Entscheidungsträger*innen geteilt, um zu zeigen, warum dieses Gesetz unerlässlich ist für die Bekämpfung staatlich betriebener Zwangsarbeitsprogramme, wie die Menschenrechtsverletzungen an Uigur*innen in Xinjiang.

Auch US-Gesetzgeber und der Zoll nehmen die Autoindustrie genauer unter die Lupe. US-Senator Ron Wyden, der aktuelle Vorsitzende des Finanzausschusses des Senats, erklärte gegenüber den Medien, dass die Untersuchung seines Ausschusses zu Verbindungen zwischen Automobilunternehmen und Zwangsarbeit zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie wir gekommen sei. Wir möchten, dass der US-Senat eine öffentliche Anhörung durchführt, um die Verantwortlichen der Automobilhersteller zu fragen, wie sie mit den Verbindungen der Branche zu Zwangsarbeit in China umgehen.

Open-Source Researcher (Researcher): Außerdem berichtete eine deutsche Zeitung, dass ein Vertragspartner, der von einer Tochtergesellschaft des chinesischen Joint Ventures SAIC-Volkswagen beauftragt wurde, beim Bau einer Autoteststrecke in Xinjiang in den Jahren 2017 und 2018 Uigur*innen aus staatlich geförderten Arbeitstransferprogrammen beschäftigt hat.

Volkswagen antwortete: „Volkswagen befindet sich derzeit in Gesprächen mit dem nicht von uns kontrollierten Joint Venture SAIC-Volkswagen über die zukünftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten in der Provinz Xinjiang. Verschiedene Szenarien werden hierbei intensiv geprüft.“

Wir sind der Meinung, dass das Joint Venture von Volkswagen die Standorte seiner Tochtergesellschaften in Xinjiang schließen sollte und dass Volkswagen eine viel stärkere Kontrolle darüber ausüben sollte, wie das Joint Venture mit Menschenrechtsrisiken in China umgeht.

Was genau wurde im Bericht aufgedeckt?

JW: In dem Bericht wird erläutert, wie Unternehmen sich potenziell entlang ihrer gesamten Aluminiumlieferkette an der Zwangsarbeit in Chinas nordwestlicher Region Xinjiang beteiligen. Fast 10 Prozent des weltweit verarbeiteten Aluminiums fließt aus Xinjiang in die weiteren Lieferketten, und landet unter anderem in Autos und Autoteilen.

Wir haben monatelang mit den Autoherstellern korrespondiert oder sie getroffen und ihre Reaktionen – bzw. ihre fehlenden Reaktionen - auf diese eindeutigen Risiken der Zwangsarbeit analysiert. Wir fanden heraus, dass einige Automobilhersteller trotz des Wissens um das Risiko von Zwangsarbeit in Xinjiang in ihren chinesischen Joint Ventures weniger verantwortungsbewusste Beschaffungs- und Menschenrechtsstandards anwenden als in ihren Geschäft außerhalb Chinas. Dies erhöht das Risiko der Komplizenschaft bei Zwangsarbeit.

Alle Automobilhersteller, mit denen wir gesprochen haben, haben zu wenig getan, um ihre Aluminiumlieferketten lückenlos zu erfassen und mögliche Verbindungen zu Zwangsarbeit zu identifizieren.

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VOICEOVER:

Do you have a car?  

If so, then parts of your car could be made with forced labor from China. 

Let's explain how. 

The first thing you need to know is that factories in China make the most cars in the world.

Major brands such as General Motors, Tesla, BYD, Toyota, and Volkswagen manufacture and sell cars in China.  

Factories in China are also increasingly exporting cars and car parts to global markets. 

So where does the forced labor come in?  

Well, almost 10 percent of the world’s aluminum, a key material for car making, is produced in the Xinjiang region of China. 

Xinjiang is home to the Uyghurs, a predominantly Muslim Turkic ethnic group whose culture and language are different from China’s majority Han population.  

The Chinese government has long repressed Uyghurs and in recent years committed crimes against humanity in Xinjiang.  

The government’s abuses include: 

  • An estimated one million arbitrary detentions. 
  • an intrusive mass surveillance system 
  • (and) cultural and religious persecution 

The Chinese government has also subjected Uyghurs and other Turkic Muslim communities to forced labor, both in detention centers and through labor transfer programs. 

Labor transfers relocate Uyghurs from their homes in rural areas to urban areas to work in factories.  

Teams of government officials go door-to-door to identify candidates for transfers.  

Human Rights Watch and other organizations analyzed hundreds of Chinese government and company documents available online, and found links between Xinjiang’s aluminum producers and labor transfers.

Uyghurs fear detention or other sanctions if they refuse the transfers, so there’s little choice but to accept the jobs and relocate.  

Labor transfer workers frequently face ideological indoctrination and limits on their freedom of movement.  

So how could aluminum produced by forced labor end up in your car?  

Aluminum from Xinjiang is exported to other regions of China, where it is melted down again, enabling it to enter global supply chains undetected.

And maybe into the car that you use.  

Car companies are aware of the Chinese government’s repression of Uyghurs and the risk of forced labor in their supply chain. 

But some carmakers have succumbed to Chinese government pressure to apply weaker human rights and responsible sourcing standards in their operations in China.

Consumers should not have to buy or drive vehicles with links to grave abuses in Xinjiang.   

So, what can be done?  

When looking to buy a new car, consumers should ask manufacturers how they protect against links to human rights abuses, including forced labor in Xinjiang.

Car companies should require their suppliers, in China and elsewhere, to prove the source of raw materials and show they are free from human rights violations. 

Countries should require companies to disclose their supply chains and prohibit the import of products containing parts or materials produced by forced labor. 

The cars we drive shouldn’t be made with forced labor. 

 

 

 

Xinjiang produzierte im Jahr 2022 sechs Millionen Tonnen Aluminium. Wie genau sieht die Lieferkette aus?

Researcher: Das ist kompliziert. Zunächst bauen Unternehmen ein Erz ab, das für die Herstellung von Aluminium benötigt wird, das sogenannte Bauxit. Ein Großteil von Chinas Bauxit stammt aus Guinea, einem westafrikanischen Land, in dem die Gemeinden selbst nur wenig von dem Erzabbau profitieren. Das Bauxit wird dann nach China verschifft, an der Küste entladen, zu Aluminiumoxid verarbeitet und per Güterzug ins Tausende Kilometer entfernte Xinjiang transportiert.

Warum Xinjiang? Um ihren Einfluss auf das Grenzgebiet zu festigen und die Uigur*innen zu integrieren, hat die chinesische Regierung Xinjiang zu einem Zentrum für die Schwerindustrie, einschließlich der Aluminiumproduktion, gemacht. Xinjiang ist reich an billiger Kohle. Diese liefert den für die Aluminiumschmelze benötigten Strom.

Das in Xinjiang produzierte Aluminium wird dann zurück in die Küstenstädte transportiert, zu anderen Produkten und schließlich zu Teilen für den Automobilbau und andere Branchen verarbeitet. Sobald das Aluminium außerhalb von Xinjiang geschmolzen und mit anderen Materialien vermischt wurde, ist es unmöglich festzustellen, ob oder wie viel davon aus Xinjiang stammt, so dass verunreinigtes Aluminium unentdeckt in die nationalen und globalen Lieferketten gelangen kann.

Welche Art von Zwangsarbeit gibt es in der Aluminiumindustrie von Xinjiang?

Researcher: Die chinesische Regierung führt seit langem eine Unterdrückungskampagne in Xinjiang durch und begeht dabei Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie willkürliche Verhaftungen, gewaltsames Verschwindenlassen sowie kulturelle und religiöse Verfolgung.

Bei der Zwangsarbeit in der Aluminiumindustrie handelt es sich um staatlich geförderte „Arbeitstransfer“-Programme, die Uigur*innen und andere turkstämmige Muslim*innen zwingen, in Xinjiang und anderen Regionen zu arbeiten.

Die Behörden gehen in den ländlichen Gebieten von Haus zu Haus, um Menschen für den Transfer zu finden. Diese schicken sie dann zu verschiedenen Arbeitsstätten wie etwa Fabriken. Die Regierung trennt diese Menschen von ihren Familien und Gemeinschaften und unterwirft sie dann unter dem Deckmantel der „Armutsbekämpfung“ zermürbenden Arbeitszeiten und politischer Zwangsindoktrination.  

Ein Werk eines Tochterunternehmens von SAIC-Volkswagen am Rande von Urumqi, der Hauptstadt der Autonomen Region Xinjiang-Uigurien in China, am 22. April 2021. © 2021 AP Photo/Mark Schiefelbein

Ein großer Teil Eurer Forschung wurde durch Open-Source-Untersuchungen durchgeführt. Wie funktioniert das?

Researcher: Aufgrund von Restriktionen der chinesischen Regierung ist es nicht möglich, selbst unmittelbar zu Zwangsarbeit in Xinjiang zu recherchieren. Das bedeutet, dass wir uns bei unserer Berichterstattung stark auf offene Online-Recherchen gestützt haben. Wir analysierten Medienartikel, Beiträge in sozialen Medien, Unternehmensberichte, Regierungserklärungen und andere Online-Ressourcen. Es war eine mühsame Arbeit, bei der wir Zehntausende Seiten durchforsteten, die oft in obskuren Winkeln des Internets versteckt waren.

Wir haben nach Belegen für die Beteiligung der Aluminiumindustrie an den Arbeitstransfers gesucht. Da es sich hierbei um ein Programm der chinesischen Regierung handelt, wird in Artikeln von Unternehmen und der Regierung manchmal die Beteiligung von Unternehmen als eine Form der Propaganda dargestellt. Wir haben diese Aussagen zusammengetragen und analysiert, um Beweise für die Beteiligung von Unternehmen an den Arbeitstransferprogrammen zu finden.

In einem Fall gab beispielsweise einer der größten Aluminiumhersteller in Xinjiang, die East Hope Group, im März 2020 auf ihrer Website an, dass sie „235 Mitarbeiter aus ethnischen Minderheiten aus Süd-Xinjiang“ eingestellt habe, unter anderem in ihrer Abteilung für elektrolytisches Aluminium. In Süd-Xinjiang konzentriert sich die uigurische Bevölkerung der Region.

In dem Artikel auf der Website der East Hope Group wurde auch die Ausbildung der Transferarbeiter*innen beschrieben, einschließlich der Bemühungen, ihnen Mandarin beizubringen und die vermeintlichen Probleme im Bildungsniveau zu lösen. Die politische Indoktrination und der obligatorische Sprachunterricht sind Teil der Bemühungen der Regierung, die Uigur*innen zu kontrollieren und die ethnischen Gemeinschaften in die Mehrheitskultur der Han zu integrieren.

Schließlich konnten wir für die meisten der in Xinjiang tätigen Aluminiumhersteller ähnliche Artikel sowie andere stichhaltige Beweise finden.

Wir haben auch untersucht, wie der Weg der Materialien durch die Lieferketten verläuft  - wer verkauft was an wen -, um die Verbindungen zwischen der Automobilindustrie und dem Aluminium aus Xinjiang aufzuzeigen.

Ein Foto, das im März 2023 auf dem Weibo-Account des Jimsar County Integrated Media Center gepostet wurde, zeigt Transferarbeitskräfte (mit roten Mützen) aus dem Landkreis Jimsar in Xinjiang. Der Artikel beschreibt die Rekrutierung von Transferarbeitskräften für ein Kohlebergwerk, das zu Tianchi Energy gehört, einem Miteigentümer des in Xinjiang ansässigen Aluminiumherstellers Xinjiang Zhonghe (Joinworld). © 2023 Weibo

Was habt Ihr herausgefunden?

Researcher: Neben den Verbindungen zwischen den Aluminiumherstellern in Xinjiang und der Zwangsarbeit haben wir auch Beweise dafür gefunden, dass die Kohleminen in Xinjiang, welche die Aluminiumindustrie beliefern, an Zwangsarbeit beteiligt waren. So fanden wir beispielsweise einen Bericht von Xinjiang Energy (Group), einem staatlichen Energieunternehmen, aus dem Jahr 2020, in dem der Werdegang eines transferierten Arbeiters in den höchsten Tönen gelobt wird, ebenso wie die Bemühungen des Unternehmens, sein Heimweh und den Schmerz über die Trennung von seiner Familie zu lindern. In der Unternehmens- und der Regierungspropaganda wird der Transfer von Arbeitskräften häufig als Vorteil für die Uigur*innen dargestellt, wobei die menschenrechtsverletzende Behandlung von Uigur*innen in Xinjiang durch die chinesische Regierung sowie die Beweise für Zwang im Rahmen des Transferprogramms selbst heruntergespielt werden.

Wir fanden auch einige interessante Hinweise auf die Rolle von Rohstoffhändlern - Unternehmen, die Rohstoffe kaufen, um sie an andere Unternehmen weiterzuverkaufen -, die zusätzliche Verbindungen zwischen Xinjiang und den globalen Automobilherstellern schaffen. Tianshan Aluminum zum Beispiel, ein Aluminiumschmelzwerk in Xinjiang mit engen Verbindungen zur chinesischen paramilitärischen Organisation Xinjiang Production and Construction Corps (XPCC), verkauft Materialien an einige der größten Händler der Welt - Unternehmen wie Glencore und Trafigura, die Rohstoffe kaufen und an andere Unternehmen weiterverkaufen. Der Handel mit dem Aluminium aus Xinjiang macht die Verbindungen zwischen Xinjiang und den globalen Lieferketten noch intransparenter.

Auf welche Herausforderungen Ihr bei den Recherchen gestoßen?

Researcher: Es gab viele Herausforderungen. Man kann die chinesischen sozialen Medien nur nutzen, wenn man eine chinesische Telefonnummer hat, für die man sich wiederum ausweisen muss. Also haben wir Wege gefunden, dies zu umgehen. Außerdem werden in den chinesischen sozialen Medien bestimmte Suchbegriffe blockiert, z.B. das chinesische Wort für Arbeitstransfer, so dass wir kreativ sein mussten.

Einige Aluminiumunternehmen schwärzen auch Informationen oder verbergen sie, vor allem, da die Zwangsarbeit in Xinjiang international immer stärker in den Fokus gerät. Einige Unternehmensdokumente, die vor dem Inkrafttreten des Uyghur Forced Labor Prevention Act in den Vereinigten Staaten im Jahr 2022 veröffentlicht wurden, enthielten nützliche Informationen, um die Transaktionen und Kunden des Unternehmens nachzuverfolgen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes, das die Einfuhren aus Xinjiang weiter einschränkt, ließen die Unternehmen jedoch zunehmend solche belastenden Informationen weg.

Cars are delivered on a production line at SAIC General Motors Dongyue Automobile Co. Ltd. in Yantai, Shandong province, China, November 17, 2022. © 2022 CFOTO/Future Publishing via Getty Images

Welche Rolle spielt der Automobilmarkt für das Vorgehen der Unternehmen in China?

JW: China ist der größte Automarkt der Welt. Unternehmen wie Volkswagen, GM und Tesla wollen sich den Zugang zu diesem Markt sichern. Gleichzeitig wachsen Chinas eigene Automarken wie BYD rasant und erobern Marktanteile von Unternehmen aus Europa und Asien, insbesondere auf dem Markt für Elektrofahrzeuge. Der Wettbewerb ist hart.

Wenn wir Automobilhersteller fragen, wie es ist, in China Geschäfte zu machen, sagen sie, dass sie Repressalien seitens der chinesischen Regierung fürchten, wenn sie ihre Zulieferer auffordern, Verbindungen zu Zwangsarbeit in Xinjiang zu untersuchen. In den letzten Jahren hat die Regierung Personen inhaftiert und Firmen bedroht, die versucht haben, Verbindungen in den Lieferketten zu Xinjiang zu untersuchen. Diese Angst nimmt zu, da die Regierung vor kurzem ihr Gesetz zur Spionageabwehr überarbeitet hat und die Definition dessen, was sie als Spionage ansieht, immer weiter ausdehnt – die Definition ist mittlerweile sehr vage und schließt praktisch jede Art von Datenerfassung ein.

Es besteht ein großer Widerspruch zwischen dem Bestreben der chinesischen Regierung, ein großer Akteur in der globalen Automobilindustrie zu werden, und der Feindseligkeit der Regierung gegenüber Kritik an der Unterdrückung in Xinjiang und anderswo, wenn man bedenkt, welche Standards für Menschenrechte und verantwortungsvolle Beschaffung viele Verbraucher*innen und Regierungen von Unternehmen erwarten.

Wie haben die Automobilkonzerne auf diese Erkenntnisse reagiert?

JW: Wir haben einige der weltweit größten Automobilhersteller kontaktiert, sowohl etablierte Hersteller wie GM, Volkswagen und Toyota als auch neuere Marken, die sich auf Elektrofahrzeuge konzentrieren, wie Tesla und BYD. Alle sind in China stark vertreten, sowohl bei der Herstellung und dem Verkauf von Autos im Land als auch bei der Beschaffung von wichtigen Materialien und Teilen aus China. Toyota und BYD haben auf mehrere Versuche, sie zu kontaktieren, nicht reagiert. GM, Volkswagen und Tesla hingegen schon.  

Von GM bekamen wir eine Standardantwort, in der erklärt wurde, wie das Unternehmen versucht, Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette zu bekämpfen, aber es nannte nicht annähernd genügend Details zur Prüfung seiner Geschäfte in China oder zu seinen Bemühungen, Zwangsarbeit aus seiner Aluminiumlieferkette zu vermeiden, was Anlass zur Sorge gibt. Wie viele andere Unternehmen ist auch GM in China über Joint Ventures mit anderen chinesischen Unternehmen tätig.

Auch Volkswagen ist in China über Joint Ventures tätig. Unternehmensvertreter*innen erklärten, dass das deutsche Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten verpflichtet, nicht für ihre Aktivitäten in China gilt, da die Joint Ventures von chinesischen Partnern geführt werden. Aber Volkswagen hat immer noch erheblichen Einfluss auf seine chinesischen Joint Ventures und sollte diesen auch nutzen.

Von Tesla haben wir die ausführlichste Antwort auf unsere Anfrage erhalten. Das Unternehmen erklärte, es habe Teile seiner Lieferkette lückenlos dokumentiert und keine Hinweise auf Zwangsarbeit gefunden. Da aber Aluminium in so vielen Autoteilen vorkommt und eine genaue Dokumentation der Lieferkette die Rückverfolgung des Aluminiums in jedem einzelnen Teil erfordert, haben wir beim Unternehmen nachgefragt, in welchem Umfang seine Aluminium-Lieferkette dokumentiert wurde. Auf diese Nachfrage haben wir von Tesla noch keine Antwort erhalten.

Was muss noch passieren?

Researcher: Wir wollen, dass diese Arbeitstransferprogramme gestoppt werden, und wir hoffen, dass dies erreicht werden kann, indem wir den Druck auf Unternehmen erhöhen, die entweder selbst in Xinjiang tätig sind oder aus der Region beziehen. Die Automobilkonzerne können dazu beitragen, indem sie sicherstellen, dass ihre eigenen Lieferketten frei von Aluminium sind, das in Xinjiang hergestellt wurde.

JW: Die Automobilhersteller müssen sicherstellen, dass sie weder direkt noch indirekt Aluminium aus Xinjiang beziehen. Einige Autokonzerne ergreifen bereits Maßnahmen, um Material aus der Region auszuschließen, aber die gesamte Branche muss aktiv werden, um ihre Beteiligung an Zwangsarbeit zu verhindern. Die Automobilkonzerne müssen die Aluminiumindustrie und ihre Zulieferer zu mehr Transparenz und zur glaubwürdigen Dokumentation der Herkunft ihres Aluminiums drängen. Die Abkehr von Aluminium, das mittels Kohle hergestellt wird, und Investitionen in erneuerbare Energien sind ebenfalls ein Weg, um Material aus Xinjiang auszuschließen und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck der Aluminiumproduktion zu verringern.

Wir werden auch künftig unsere Arbeit zum Thema Zwangsarbeit in Xinjiang fortsetzen und darauf drängen, dass Regierungen die Unternehmen für die Beschaffung von Produkten, die mit Zwangsarbeit in Verbindung stehen, zur Verantwortung ziehen und dass Unternehmen die notwendigen Schritte unternehmen, um jegliche Verbindungen nach Xinjiang zu kappen. Verbraucher*innen sollten nicht hinnehmen müssen, dass Autos Materialien oder Teile enthalten, die mittels Zwangsarbeit hergestellt wurden.

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