Ein muslimischer Abgeordneter in Berlin hat hasserfüllte Flugblätter erhalten, die mit Glas und Fäkalien vermischt waren. In Lyon, Frankreich, wurde eine Jüdin erstochen. Weitere derartige Vorfälle wurden aus ganz Europa gemeldet.
Der zunehmende Antisemitismus und antimuslimische Hass in Europa hat angesichts der jüngsten Feindseligkeiten in Israel und Palästina zu großer Besorgnis geführt. Die Reaktion der EU-Regierungen war jedoch unvollständig und ineffektiv, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass es ihnen an angemessenen Antidiskriminierungsdaten und Schutzstrategien fehlt, die auf die täglichen Diskriminierungserfahrungen von Juden und Muslimen eingehen.
Führende EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich und Deutschland erheben angesichts ihrer Größe, ihrer Geschichte und der groβen muslimischen und jüdischen Bevölkerungsgruppe polizeiliche Daten über Hassverbrechen, einschließlich antisemitischer und antimuslimischer Straftaten. Diese Daten setzen jedoch voraus, dass die Opfer sich trauen oder wissen, wo und wie sie Anzeige erstatten können - folglich werden viele Hassverbrechen nicht gemeldet. Außerdem müssen die Behörden solche Taten als antisemitisch oder antimuslimisch erkennen und erfassen.
Gute Daten über Hassverbrechen helfen den Regierungen, die Notwendigkeit des Schutzes von Opfern von Diskriminierung zu erkennen. Um Hassverbrechen zu verhindern, muss jedoch eine stärkere Konzentration auf den Kontext stattfinden, in dem diese Verbrechen begangen werden, da antisemitische und antimuslimische Straftaten nicht in einem Vakuum passieren. Die Regierungen sollten Maßnahmen ergreifen, die solche abscheulichen Verbrechen verhindern und einen besseren Zugang zur Justiz ermöglichen, um Muslime und Juden zu schützen.
Sowohl der EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025, mit dem der Rassismus in der Europäischen Union strukturell bekämpft werden soll, als auch die EU-Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung des jüdischen Lebens fordern die EU-Staaten auf, nach Rasse, nationaler oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Alter, Migrationsstatus und anderen Faktoren aufgeschlüsselte Gleichstellungsdaten zu erheben, die notwendig sind, um die Erfahrungen von Opfern von Rassismus, einschließlich Muslimen, und Antisemitismus sichtbar zu machen. Die Daten würden den Regierungen helfen, faktengestützte Gleichstellungs- und Nichtdiskriminierungsmaßnahmen zu entwickeln und deren Umsetzung zu überwachen.
Frankreich und Deutschland erheben jedoch keine Gleichstellungsdaten, die über Daten zum Migrationshintergrund hinausgehen. Umfassende Erhebungen, Überwachungen und Berichte, die von nationalen Instituten und regionalen Menschenrechtsorganisationen durchgeführt werden, sind zwar dringend erforderlich. Sie können aber nicht das Versäumnis der Regierungen ersetzen, robuste Strategien zur Bekämpfung der von Muslimen und Juden erfahrenen Übergriffe zu entwickeln, wozu auch die Erhebung von Gleichstellungsdaten gehört.