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Erdbebenhilfe in Afghanistan übergeht Menschen mit Behinderungen

Inklusive humanitäre Hilfe ist notwendig, um alle zu erreichen

Humanitäre Hilfsgüter werden nach einem Erdbeben im Dorf Gayan in der Provinz Paktika, Afghanistan, zur Verteilung bereitgelegt. 24. Juni 2022. © 2022 AP Photo/Ebrahim Nooroozi

Wenige Wochen nach dem Erdbeben vom 22. Juni, bei dem im Osten Afghanistans mindestens 1000 Menschen ums Leben kamen, werden Menschen mit Behinderungen weiterhin größtenteils übergangen. Ändert sich nichts, kann dies in eine weitere humanitäre Katastrophe münden kann. Afghanistan gilt als sehr erdbebenanfällig. Schätzungen zufolge sind in den letzten zehn Jahren mehr als 7.000 Menschen ums Leben gekommen.

Um etwa 362.000 Menschen in Not zu erreichen, schätzt das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), dass angesichts der zerstörten kritischen Infrastruktur wie Wassersysteme, Schulen und Gesundheitseinrichtungen etwa 110 Millionen US-Dollar benötigt werden. In dieser schwer zugänglichen Region bestand bereits die Gefahr von Ernährungsunsicherheit und Unterernährung – nun droht sie zu eskalieren.

Obwohl oft als Risikogruppe bezeichnet, haben Menschen mit Behinderungen meist nur schwer Zugang zu humanitärer Hilfe wie Nahrungsmitteln, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. In Afghanistan fehlen nach dem Erdbeben Daten über die Situation und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen. Oft führt dieses Fehlen dazu, dass viele bei der Bereitstellung von Hilfsgütern unberücksichtigt bleiben.

Vor einigen Tagen sprach ich mit einer Afghanin, die nach der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 aus dem Land fliehen musste. Sie ist Mitgründerin einer Organisation von Menschen mit Behinderungen in Kabul und sagte zu mir: „Ich glaube, dass Menschen mit Behinderungen bei den Hilfs- und Rettungsprogrammen zurückgelassen werden, weil niemand wirklich versucht hat, systematisch Überlebende mit Behinderungen zu identifizieren.“ Jedoch benötigen viele Überlebende mit Behinderungen sowie Menschen, die durch Verletzungen nun mit einer Behinderung leben, dringend medizinische Unterstützung, Zugang zu Rehabilitationsdiensten und Hilfsmitteln. Sie sagte mir außerdem, dass ihre Organisation helfen möchte – wegen der großen Not seien jegliche Bemühungen aber nur „ein Regentropfen für eine durstige Person”.

Seit der Machtübernahme durch die Taliban tun sich Regierungen schwer mit der Bereitstellung von Mitteln für humanitäre Hilfe in Afghanistan angesichts schwerer Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegenüber Frauen und Mädchen. Humanitäre Hilfe sollte jedoch von der Diskussion um die Anerkennung und Legitimierung der Taliban getrennt werden. Passiert dies nicht, werden Menschen mit Behinderungen und andere gefährdete Personen die Hauptlast der Krise tragen.

Humanitäre Organisationen, die nun auf das Erdbeben reagieren, sollten rasch Bedarfsanalysen zu Menschen mit Behinderungen durchführen. Damit sollen sie sicherstellen, dass ihre humanitäre Hilfe alle Menschen ohne Diskriminierung erreicht. Afghanische Behindertenrechtsorganisationen und Expert*innen sollten regelmäßig einbezogen werden, um eine wirksame humanitäre Unterstützung zu gewährleisten.

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