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Eine Frau in Lansanayah, einem Dorf 750 Meter von einer Bauxitmine entfernt, die von La Société Minière de Boké betrieben wird. © 2018 Ricci Shryock pour Human Rights Watch
 
Guineas expandierende Bauxitindustrie bedroht die Lebensgrundlage Tausender Anwohner, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Der Bauxitabbau zerstört traditionell landwirtschaftliche Gebiete, beschädigt Wasserquellen und begräbt Wohnhäuser und Bäume unter Staub.
 

Der 146-seitige Bericht „What Do We Get Out of It?: The Human Rights Impact of Bauxite Mining in Guinea“ widmet sich zwei Bergbauprojekten, von den zwei im Jahr 2017 größten Bauxitproduzenten in Guinea: La Société Minière de Boké (SMB), ein Joint-Venture u.a. des weltgrößten Aluminiumherstellers, der China Hongqiao-Gruppe, das seit seiner Gründung im Jahr 2015 extrem schnell wächst; und La Compagnie des Bauxites de Guinée (CBG), ein jahrzehntealtes Unternehmen, das den transnationalen Konzernen Alcoa und Rio Tinto gehört. Nachdem sie Guinea zum drittgrößten Bauxit-Exporteur gemacht hat, muss die Regierung unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um die Unternehmen besser zu regulieren und die Bevölkerung zu schützen.

„Solange er nicht vernünftig reguliert wird, droht der Bauxitabbau die Lebensweise und -grundlage von Dutzenden Gemeinschaften zu zerstören, die in unmittelbarer Nähe der Abbaustellen leben“, so Jim Wormington, Experte für Westafrika bei Human Rights Watch. „Die guineische Regierung hat dem Wachstum des Bauxitsektors zu oft den Vorrang über den Schutz von Umwelt und Menschenrechten gegeben.“

Guinea verfügt über zahlreiche natürliche Ressourcen, darunter das weltgrößte Bauxitvorkommen. Dennoch ist das Land eines der ärmsten der Welt. Auf dem Weltmarkt ist die Nachfrage nach guineischen Bauxit in den letzten Jahren gestiegen, da andere Länder, insbesondere Indonesien und Malaysia, Exporte verboten haben, im letzten Fall vor allem wegen des sehr umweltschädlichen Abbaus. Guinea ist heute der größte Exporteur von Bauxit nach China, dem weltweit größten Aluminiumproduzenten. Derzeit bereiten mehrere neue guineische Bauxitabbauprojekte die Ausfuhr vor, so dass nichts darauf hindeutet, dass sich der Boom abschwächen könnte.

Human Rights Watch befragte mehr als 300 Personen in 30 vom Bauxitabbau betroffenen Dörfern in der Region Boké, dem Zentrum des Booms, sowie Dutzende Regierungsvertreter, Abbauunternehmen, zivilgesellschaftliche Gruppen, Umweltwissenschaftler und Gesundheitsexperten.

Dutzende Bauern berichten, wie Bergbauunternehmen Nutzen daraus ziehen, dass die Regierung Landrechte nicht durchsetzt. Sie beuten angestammte landwirtschaftliche Nutzflächen aus, ohne die Gemeinschaften dafür zu entschädigen, die dieses Land noch Jahre lang hätten bewirtschaften können. Im Jahr 2011 erließ die Regierung ein Bergbaugesetz, das festschreibt, dass Standards für Entschädigungen bei Landnahme etabliert werden müssen, um die Rechte von Bauern besser zu schützen. Bis heute hat die Regierung keine entsprechende Vorschrift erlassen.

„Sie sind in unsere Felder hinein expandiert, in genau die Bereiche, die wir für den Nahrungsmittelanbau benötigen“, berichtet ein Gemeindeoberhaupt aus Boundou Waadé, einem Dorf, das von fünf CBG-Minen umgeben ist. „Inzwischen haben sie uns sehr viel von unserem fruchtbaren Land genommen“.

Tatsächlich zahlen die Unternehmen Entschädigungen, die auf kurzer Sicht manchmal als unerwartete Geschenke wahrgenommen werden. Allerdings werden die Bauern weder von der Regierung noch von den Unternehmen darin fortgebildet, wie sie die Gelder reinvestieren könnten. „Ich habe das Geld von dem Unternehmen benutzt, um meine beiden Söhne [über die nordafrikanische Migrationsroute] nach Europa zu schicken“, sagt ein Vater. „Aber seit sie in Libyen angekommen sind, habe ich nichts mehr von ihnen gehört.“

Obwohl auch Frauen in der Landwirtschaft tätig sind, erhalten Männer, die als Familien- oder Gemeindeoberhäupter gelten, den Großteil der Entschädigungen. „Unsere Ehemänner geben uns nur, was sie wollen, obwohl das, was wir mit unserem Land erwirtschaftet haben, immer allen zugutekam“, sagt eine Frau. Während manche Männer von den Bergbauunternehmen eingestellt werden, um den Landverlust auszugleichen, sind nur wenige Stellen für Frauen offen. Unter den mehr als 7.600 im September 2018 bei SMB angestellten Personen waren nur 274 Frauen.

Zahllose Anwohner schildern, dass Wasserpegel durch den Bauxitabbau gesunken und sich die Wasserqualität der Flüsse, Bäche und Brunnen verschlechtert hat. Damit ist das Recht auf Trinkwasser von Tausenden Menschen bedroht. In einigen Gemeinden in der Nähe von SMB-Minen wurden die natürlichen Wasserquellen so stark geschädigt, dass die Anwohner lange Zeit von Wasserlieferungen durch SMB abhängig waren. „An manchen Tagen ist das Wasser in den Tankwagen verschmutzt“, so ein Gemeindeoberhaupt. „Dann müssen wir das saubere Wasser, das wir haben, aufbewahren und auf die nächste Lieferung warten.“

Zudem beeinträchtigt der Staub, der beim Bauxitabbau und -transport anfällt, Dutzenden Anwohnern zufolge den Alltag: Roter Staub bedeckt Dörfer, Wohnhäuser und Anbauflächen. Viele vermuten, dass dies bereits jetzt zu Erkrankungen der Atemwege führt und sorgen sich über die langfristigen gesundheitlichen Folgen.

Die Regierung von Guinea betonte in einem im Mai 2018 an Human Rights Watch gesandten Brief, dass sie nur Abbauprojekte genehmige, die Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Außerdem wende die Regierung ihre staatliche Macht vollständig dafür an, damit guineische Bergbau-Gesetze eingehalten werden und um die Aktivitäten der Unternehmen zu überwachen.

Zwar verfügen Regierungsinstitutionen seit einigen Jahren über mehr Kapazitäten, um den Bergbau zu überwachen, aber sie haben weiterhin nicht ausreichend Personal, Ressourcen und politisches Interesse daran, den stark expandierenden Sektor zu beaufsichtigen. „Wir sind ein armes Land, also brauchen wir Arbeit für unsere jungen Leute und Schulen für unsere Kinder“, so Seyoud Barry Sidibé, Generalsekretär des guineischen Umweltministeriums. „Einerseits halten manche Unternehmen Umwelt- und Sozialstandards nicht ein, andererseits ist es nicht leicht, diese einfach zu schließen.“

Bei Treffen mit und in Briefen an Human Rights Watch betonten Bergbauunternehmen ihre Bemühungen, die lokale Entwicklung zu fördern und die negativen Auswirkungen ihrer Aktivitäten zu mildern. In einem Brief von September 2018 unterstrich SMB, dass „die Achtung der Menschenrechte der Kern unserer Werte ist“ und äußerte sich ausführlich zu den Befunden des Berichts. Auch CBG reagierte auf diesen detailliert und betonte, dass das Unternehmen seinen Umgang mit der Umwelt und mit sozialen Aspekten verbesserte habe, seit es im Jahr 2016 einen Kredit von der Weltbank erhalten hat.

Die Fähigkeit der Regierung, die Bergbauindustrie zu überwachen und die Anwohner zu schützen, muss mit dem Bauxit-Boom in Guinea Schritt halten. Während die Regierung um Investitionen wirbt, soll sie auch Bergbauprojekte mit Bußgeldern belegen, pausieren oder schließen, wenn die verantwortlichen Unternehmen im großen Ausmaß oder dauerhaft die in guineischen Gesetzen und im Völkerrecht verbrieften Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards verletzen.

„Guineas Bauxitsektor wird in den nächsten Jahren weiter wachsen“, so Wormington. „Wenn dies ein Segen und kein Fluch sein soll, muss die Regierung sicherstellen, dass die Bevölkerung und vor allem die Menschen, die in der Nähe der Abbaugebiete leben, von dem massiven Wachstum der Industrie profitieren, statt ihr zum Opfer zu fallen.“

 

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