(Berlin) – Bundeskanzlerin Angela Merkel soll den turkmenischen Präsidenten Gurbanguly Berdymukhamedov dazu drängen, die Politik des „Verschwindenlassens” zu beenden. Zudem soll sie andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in Turkmenistan ansprechen, so Human Rights Watch heute. Präsident Berdymukhamedov wird sich am 29. August 2016 in Berlin mit Kanzlerin Merkel und anderen Regierungsmitgliedern treffen, um über die Wirtschaftsbeziehungen und andere Themen zu sprechen.
Turkmenistan gehört zu den abgeschottetsten und repressivsten Ländern weltweit. Die Regierung duldet keinen Dissens, kontrolliert streng alle Medien und verbietet Menschen willkürlich, das Land zu verlassen. Zudem verweigert sie Familienangehörigen Informationen über den Verbleib und das Schicksal Dutzender Menschen, die zu Beginn der 2000er Jahre verurteilt und eingesperrt wurden.
„Das ist eine seltene Gelegenheit, jene Menschen in Turkmenistan zu unterstützen, die ihre eigene Regierung nicht kritisieren können,” so Hugh Williamson, Leiter der Abteilung Europa und Zentralasien von Human Rights Watch. „Kanzlerin Merkel sollte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen, direkt und nachdrücklich anzusprechen, dass die Unterdrückung in Turkmenistan beendet werden muss.”
Ein neuer Verfassungsentwurf in Turkmenistan begrenzt weder die Anzahl der Amtszeiten für den Staatspräsidenten noch dessen Amtsalter. Somit könnte Präsident Berdymukhamedov ein Leben lang im Amt bleiben. Der Entwurf sieht kein Zensurverbot vor und gewährleistet weder das Recht auf Verbreitung von Informationen noch das Recht auf Freizügigkeit, um ins Ausland zu reisen. Die deutsche Regierung soll die turkmenische Führung dazu anhalten, den Verfassungsentwurf nicht zu verabschieden, ehe er nicht geprüft wurde durch ein internationales Expertengremium wie die Venedig-Kommission des Europarates oder das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Die turkmenische Regierung hat gegen verschiedene Personengruppen ein Ausreiseverbot verhängt. Zu den Betroffenen gehören Aktivisten, Angehörige von im Exil lebenden Dissidenten und weitere Personen, die als regierungsuntreu gelten. Das Ausreiseverbot ist willkürlich und eine Form der Kollektivstrafe, die als Werkzeug für politische Vergeltung eingesetzt wird, so Human Rights Watch.
„Während der kommunistischen Ära in Ost Deutschland wurde Menschen auf ähnliche Weise verboten, auszureisen. Diese Praxis sollte Kanzlerin Merkel also aufhorchen lassen”, so Williamson. „Menschen in und außerhalb von Turkmenistan zählen darauf, dass sie Berdymukhamedov dazu auffordert diese Praxis zu beenden.”