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(Washington D.C., 23. Juni 2009) – Die Unterzeichnerstaaten des Vertrags zum Verbot von Streumunition dürfen in keiner Weise den Einsatz dieser Waffen unterstützen, auch nicht bei gemeinsamen Militäroperationen mit Verbündeten, die den Vertrag nicht unterzeichnet haben, so Human Rights Watch in einer heute veröffentlichten Analyse des Vertragstextes. Einige Vertragsstaaten, insbesondere militärische Verbündete der USA, befürworten eine Auslegung, die das Abkommen untergraben könnte.

In der 19-seitigen Analyse „Staying True to the Ban on Cluster Munitions: Understanding the Prohibition on Assistance in the Convention on Cluster Munitions“ hinterfragt Human Rights Watch die Auffassung einiger Staaten, dass die Konvention bei gemeinsamen Militäroperationen bestimmte Formen der Unterstützung durch Streumunition zulässt. Diese Position vertreten insbesondere Australien, Großbritannien und Kanada. Das Übereinkommen über Streumunition aus dem Jahr 2008 verbietet jedoch ausdrücklich jede Unterstützung des Einsatzes dieser todbringenden Waffen.

„Wenn man derart große Schlupflöcher in die Konvention hineininterpretiert, signalisiert man den Unterzeichnerstaaten, sie dürfen die Waffen laden und scharf machen, solange sie nur den Abzug nicht betätigen“, so Bonnie Docherty, Researcherin der Abteilung Waffen von Human Rights Watch. „Die Vertragsstaaten sollen dem Druck von Seiten ihrer Verbündeten, einschließlich der USA, widerstehen, die diesen starken Vertrag aufweichen wollen.“

Human Rights Watch ruft die Vertragsstaaten auf, das Verbot der Unterstützung des Einsatzes von Streumunition in einer Weise auszulegen, dass es als umfassend und absolut zu verstehen ist. Sie sollen diese Auffassung bei der gesetzlichen Implementierung des Vertrags, in der nationalen Politik und bei der Herausgabe von Richtlinien zur Interpretation der Konvention bekräftigen.

Nach Artikel 21(3) der Konvention dürfen sich Vertragsstaaten an gemeinsamen Militäroperationen mit Staaten beteiligen, die den Vertrag nicht unterzeichnet haben und möglicherweise Streumunition einsetzen. Artikel 1(1)(c) verbietet es jedoch, solche Staaten bei Handlungen zu unterstützen, die gegen die Konvention verstoßen.

Die Untersuchung von Human Rights Watch kommt zu der Auffassung, dass diese beiden Bestimmungen vereinbar sind und die militärische Zusammenarbeit erlauben, solange sie den Einsatz von Streumunition nicht begünstigt. Nach Ansicht einiger Staaten sei es im Rahmen der Konvention jedoch zulässig, dass Vertragsstaaten an der Planung von Militäroperationen mitwirken, bei denen Staaten, die nicht Vertragsparteien sind, Streumunition einsetzen. Zudem sei es erlaubt, die Lagerung solcher Waffen auf ihrem Staatsgebiet zuzulassen, entsprechende Waffenlager zu sichern, Transportfahrzeuge für Streubomben aufzutanken, Streumunition ins Kampfgebiet zu transportieren, Ziele für Angriffe mit Streumunition zu identifizieren oder die Angriffe sogar zu veranlassen.

„Diese Auslegung des Vertrags geht gegen jede Vernunft“, so Docherty. „Sie widerspricht dem Sinn und Zweck der Konvention, Streumunition und ihre schrecklichen Folgen für die Zivilbevölkerung zu beseitigen. Zudem ist sie unvereinbar mit anderen Regelungen des Vertrags, etwa mit der Verpflichtung jedes Staates, andere vom Einsatz von Streumunition abzubringen.“

Das Übereinkommen verbietet den Einsatz, die Herstellung, die Lagerung und die Weitergabe von Streumunition ohne Einschränkung. Streumunition enthält Dutzende bis Hunderte kleinerer Submunitionen, die Zivilisten sowohl während als auch nach dem Einsatz gefährden. Das Abkommen verpflichtet die Unterzeichnerstaaten ihre Bestände innerhalb von acht Jahren zu vernichten, mit Submunition kontaminierte Gebiete auf ihrem Territorium innerhalb von zehn Jahren zu räumen und den Opfern von Streumunition zu helfen.

Die Konvention wurde im Mai 2008 in Dublin ausgehandelt und im Dezember 2008 in Oslo zur Unterzeichnung freigegeben. Bislang haben 98 Länder das Abkommen unterzeichnet, zehn von ihnen haben es bereits ratifiziert. Der Vertrag tritt sechs Monate, nachdem der 30. Staat ihn ratifiziert hat, in Kraft. Von den 28 NATO-Mitgliedstaaten haben bereits 20 unterzeichnet, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kanada. Auch Australien und Japan gehören zu den Unterzeichnerstaaten. Diese Länder haben die größten Bedenken im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen der Konvention auf gemeinsame Militäraktionen mit Nicht-Unterzeichnerstaaten wie den USA geäußert.

Human Rights Watch appelliert an alle Staaten, das Übereinkommen über Streumunition umgehend zu unterzeichnen und zu ratifizieren.

Das Gutachten von Human Rights Watch erscheint im Vorfeld einer Konferenz am 25. und 26. Juni in Berlin, dem ersten Treffen seit der Konferenz von Oslo im Dezember 2008, zu dem alle Unterzeichnerstaaten eingeladen sind.

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