Die Mitgliedstaaten und Institutionen der Europäischen Union (EU) sind im Jahr 2023 neue Verpflichtungen zur Wahrung und zum Schutz der Menschenrechte eingegangen bzw. haben bestehende Verpflichtungen erneuert. In der Praxis blieb die Bereitschaft der EU, diesen Verpflichtungen nachzukommen, jedoch allzu oft auf der Strecke. Dies galt insbesondere, wenn es um die Rechte von Menschen an den EU-Außengrenzen und von Mitgliedern marginalisierter Gemeinschaften ging, sowie bei ihrer Reaktion auf die beunruhigende Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums.
Migrant*innen, Geflüchtete und Asylsuchende
Als Reaktion auf die wachsende Zahl von Menschen, die an den EU-Grenzen, insbesondere auf dem Seeweg, ankommen, haben die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre repressiven Abschreckungsmaßnahmen und Allianzen mit Ländern, welche die Menschenrechte missachten, ausgeweitet.
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) kamen bis zum 19. November mehr als 240.800 Menschen irregulär an den südlichen Grenzen der EU an. Mindestens 2.594 starben bei dem Versuch, die Grenzen zu erreichen, oder sind seitdem verschollen; beide Zahlen liegen deutlich über denen des Vorjahres. Das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF) schätzt, dass in der ersten Jahreshälfte jede Woche elf Kinder bei dem Versuch, das zentrale Mittelmeer zu überqueren, starben oder seitdem vermisst werden. Tragische Schiffsunglücke in der Nähe von Italien im Februar und Griechenland im Juni zeigten die tödlichen Folgen des EU-Konzepts für die Bootsmigration.
Das Europäische Parlament forderte im Juli eine „umfassende“ EU-Such- und Rettungsmission durch die Mitgliedstaaten und die EU-Grenzschutzagentur Frontex, sowie Maßnahmen zur Sicherstellung, dass Menschen nur an sicheren Orten von Bord gehen. Zudem soll die Europäische Kommission bewerten, ob die Aktivitäten der einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Seenotrettung mit der Charta der Grundrechte und dem EU- und Völkerrecht vereinbar sind. Die EU-Grundrechteagentur (FRA) forderte im Juli die Einrichtung einer unabhängigen Grenzüberwachung; die bisher in Kroatien und Griechenland eingerichteten Mechanismen arbeiten nach Ansicht von Nichtregierungsgruppen weder unabhängig noch effektiv.
EU-Mitgliedstaaten, darunter Bulgarien, Kroatien, Polen, Griechenland, Ungarn, Litauen und Lettland, führten weiterhin unrechtmäßige Pushbacks an den Außengrenzen durch, während Italien und Malta das Abfangen auf See und die Rückführung nach Libyen unterstützten. Das Komitee des Europarats zur Verhütung von Folter forderte die europäischen Länder im März auf, rechtswidrige Pushbacks und Misshandlungen bei der Festnahme und Abschiebung von Migrant*innen zu beenden. Im September entschied der Europäische Gerichtshof, dass die systematische Zurückweisung von Migrant*innen ohne Papiere an der italienischen Grenze durch Frankreich rechtswidrig war.
Die EU unterstützte weiterhin Sicherheitskräfte in mehreren afrikanischen Ländern bei der Migrationskontrolle. Im Februar übergab die Europäische Kommission das erste von fünf Booten an die libysche Küstenwache und verschärfte damit ihre Mitverantwortung an den Übergriffen auf Migrant*innen in Libyen. Diese wurden von der UN als mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet. Im Juli sagte die EU Tunesien 105 Millionen Euro für den Grenzschutz zu, obwohl dies ernsthafte Gefahren für Geflüchtete und Asylsuchende bedeutete und die tunesische Regierung auf höchster Ebene rassistische und fremdenfeindliche Hassrede verwendete, wie von UN-Expert*innen angeprangert. Im September leitete der EU-Ombudsmann eine Untersuchung des Abkommens ein. Nichtstaatliche Rettungsorganisationen, deren Arbeit bereits zuvor bereits behindert und kriminalisiert wurde, erhielten von Italien die Anweisung, in Tunesien von Bord zu gehen.
Im September verabschiedete die Europäische Kommission einen „10-Punkte-Plan für Lampedusa“, nachdem die italienische Insel innerhalb kurzer Zeit eine hohe Zahl von Ankünften verzeichnete, die ihre seit jeher unzureichenden Kapazitäten überforderten. Neben der Wiederholung menschenrechtsverletzender und unwirksamer Maßnahmen erklärte die Kommission, sie sei offen für eine Ausweitung der Marineeinsätze im Mittelmeer, nachdem die italienische Ministerpräsidentin eine Seeblockade gegen Menschen auf der Flucht gefordert hatte.
Im September erhielten 4,2 Millionen Menschen, die vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine geflohen waren, vorübergehenden Schutz in der EU. Unter Hinweis auf die Schwierigkeiten in Bezug auf Bildung, Wohnraum und insbesondere Beschäftigung für die aus der Ukraine Geflüchteten forderte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte langfristige Maßnahmen. Im September einigten sich die EU-Staaten auf eine Verlängerung des vorübergehenden Schutzes bis März 2025.
Im Juni befürworteten die EU-Staaten beschleunigte Grenzverfahren, obwohl es keine ausreichenden Schutzmaßnahmen gab, die Inhaftierung zunahm und die Definition eines „sicheren Drittlandes“, in das Menschen abgeschoben werden können, eine Ermessensfrage war. Im Oktober einigten sich die EU-Staaten auf einen Verordnungsvorschlag, der es den Regierungen erlauben würde, in nicht näher definierten Notsituationen wichtige Rechte und Schutzmaßnahmen auszusetzen. Bei der Reform des dysfunktionalen Systems zur Aufteilung der Verantwortung für Migrant*innen und Asylsuchende unter den EU-Staaten gab es keine nennenswerten Fortschritte. Bis August wurden insgesamt 2.503 Menschen aus Zypern, Griechenland, Italien, Malta und Spanien in andere EU-Länder umgesiedelt. Dies entsprach etwa 30 Prozent des ohnehin bescheidenen Ziels des freiwilligen Solidaritätsmechanismus, der 2022 vereinbart worden war.
Im Juli leitete der Europäische Ombudsmann eine Untersuchung darüber ein, ob Frontex bei seinen Mittelmeer-Operationen auf See und in der Luft die Menschenrechte respektiert. In einem Fall, der von einer syrischen Familie angestrengt wurde, die 2016 in einer gemeinsamen Operation mit Frontex aus Griechenland in die Türkei zurückgeschickt worden war, entschied der Europäische Gerichtshof im September, dass Frontex nicht für Schäden verantwortlich gemacht werden kann, da nur die Mitgliedstaaten Asylanträge prüfen und Entscheidungen über Abschiebungen treffen.
In ihrem Jahresbericht 2023 stellte die Agentur für Grundrechte fest, dass der Druck auf zivilgesellschaftliche Gruppen, welche die Rechte von Migrant*innen und Geflüchteten an den Grenzen schützten, u.a. in Griechenland, Italien, Ungarn und Lettland, zunahm. Auch in Polen nahm der Druck auf zivilgesellschaftliche Organisationen zu.
Diskriminierung und Intoleranz
Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten waren nicht immer im Einklang mit den Bemühungen der europäischen Institutionen, Standards für die Bekämpfung verschiedener Formen von Diskriminierung und Intoleranz in der Europäischen Union weiterzuentwickeln und zu verbessern.
Viele EU-Regierungen haben keine ausreichenden Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans der Europäischen Kommission gegen Rassismus 2020-2025 gemacht oder ihn angemessen in die jeweils nationale Politik umgesetzt. Hierzu müssten die Staaten strukturelle rassistische Benachteiligung und Ungleichheit - einschließlich ihrer historischen Ursachen - angehen und den Schutz und die Rechenschaftspflicht für Opfer von Rassismus stärken.
Im Juni stellte der Jahresbericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats fest, dass die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen Menschen (LGBTI) sowie von Roma und Travellern in Europa, auch in EU-Mitgliedstaaten, weiterhin ein kritisches Problem war.
Laut ECRI waren Roma-Kinder mit schulischer Segregation konfrontiert, Roma-Familien lebten in schlechten Wohnverhältnissen oder waren von Zwangsräumungen bedroht. Im August richtete ECRI Empfehlungen an die Mitgliedstaaten des Europarats, um die Diskriminierung von Roma und Travellern zu bekämpfen.
Der ECRI-Jahresbericht nannte die Untergrabung der Rede- und Versammlungsfreiheit von LGBTI-Personen sowie Hassrede von Politiker*innen und hassmotivierte Gewalt gegen LGBTI-Personen als Hauptprobleme und bezeichnete die staatlichen Bemühungen zur Bekämpfung von Diskriminierung als unzureichend. Im Juli nahm ECRI eine allgemeine Empfehlung „zur Verhinderung und Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung von LGBTI-Personen“ an.
Im April nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an, die konkrete Fortschritte bei der Annahme einer EU-Antidiskriminierungsrichtlinie forderte. Diese Richtlinie war nötig, um das derzeitige fragmentierte Vorgehen der EU im Bereich der Antidiskriminierungspolitik anzugehen, bei dem einige Formen der Diskriminierung, wie z.B. Altersdiskriminierung, nur im Bereich der Beschäftigung abgedeck waren. Das Europäische Parlament forderte den EU-Rat auf, eine neue, umfassende Antidiskriminierungsrichtlinie zu verabschieden, die den Rechtsschutz gegen Diskriminierung auf EU-Ebene ausweiten würde. Dieser würde somit auch gelten für die Diskriminierung aus folgenden Gründen: Geschlecht, Race oder ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Orientierung. Frühere entsprechende Bemühungen im Rat wurden von einigen Mitgliedstaaten blockiert.
Im Juni billigte der EU-Rat den Beitritt der EU zum Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention), das die EU-Institutionen zur Einhaltung umfassender Standards für Prävention, Schutz und Strafverfolgung in Gesetzgebung und Politik verpflichtet. Alle EU-Mitgliedstaaten haben die Konvention unterzeichnet, jedoch müssen sechs - Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei - sie noch ratifizieren. Polen hat indes damit gedroht, aus der Istanbul-Konvention auszutreten.
Die Verhandlungen über eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt - die erste EU-weite Maßnahme, die sich mit diesem Thema befasst - waren bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.
Im September nahm der EU-Rat einen Beschlussentwurf an, in dem die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Gewalt und Belästigung zu ratifizieren.
Im September nahm das Europäische Parlament eine Entschließung gegen „Prostitution“ an, lehnte aber einige Teile eines früheren Entwurfs ab, der sich nachteilig auf Sexarbeiter*innen ausgewirkt hätte. Dies deutete auf ein wachsendes Verständnis für die Gefahren der Kriminalisierung von Sexarbeiter*innen und ihre Rechte hin.
Im Mai betonte die Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments gegen Antisemitismus, dass weitere Bildungsmaßnahmen erforderlich sind, um Antisemitismus und alle Formen von Intoleranz und Diskriminierung in der EU zu bekämpfen. Ein von der Europäischen Kommission finanziertes gemeinsames Projekt der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) und des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zielte bereits darauf ab, die Bildungsdimension der nationalen Strategien zur Bekämpfung von Antisemitismus in 12 EU-Mitgliedstaaten zu entwickeln.
Im Oktober veröffentlichte die EU-Grundrechteagentur einen Bericht über Rassismus gegen Schwarze Menschen in der EU, der auf einer Umfrage in 15 Mitgliedstaaten beruhte. Er zeigte, dass Schwarze Menschen trotz der EU-Antidiskriminierungsgesetze und anderer politischer Instrumente zur Bekämpfung von Rassismus in den EU-Mitgliedstaaten zunehmend mit Rassismus, Diskriminierung und Hassverbrechen konfrontiert waren.
Ebenfalls im Oktober bezeichnete der Leiter der EU-Grundrechteagentur Antisemitismus als einen „tief in der europäischen Gesellschaft verwurzelten Rassismus“, der in Frankreich und Deutschland nach den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober und Israels Reaktion darauf deutlich zugenommen habe. Zudem gab es besorgniserregende Berichte über eine Zunahme islamfeindlicher Vorfälle in den EU-Staaten im gleichen Zeitraum.
Im Februar ernannte die Europäische Kommission Marion Lalisse zur neuen EU-Koordinatorin für die Bekämpfung von Hass gegen Muslim*innen; die Stelle war seit über 18 Monaten unbesetzt.
Armut und soziale Ungleichheit
Aus EU-Daten vom Juni 2023 ging hervor, dass 95,3 Millionen Menschen (21,6 Prozent der Bevölkerung) im Jahr 2022 „von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht“ waren, also unter Bedingungen lebten, die ihre Rechte gefährdeten. Der wichtigste Faktor, der zur Armutsgefährdung beitrug, war die Arbeitslosigkeit. In Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Spanien und Lettland lag die Armutsquote nach EU-Angaben bei über 25 Prozent. Das Risiko von Armut oder sozialer Ausgrenzung war für Frauen (22,7 Prozent) etwas höher als für Männer (20,6 Prozent).
Die Daten zur Jahresmitte zeigten, dass die Inflation im Jahr 2023 in Bezug auf Lebensmittel, Energie und den allgemeinen Verbraucherpreisindex in der gesamten Union zurückging, wodurch die negativen Auswirkungen der starken Preissteigerungen im Jahr 2022 auf die Menschenrechte gemildert wurden. Einige Länder verzeichneten jedoch weiterhin hohe Inflationsraten. Im Juni 2023 war die Verbraucherpreisinflation in Ungarn (19,9 Prozent) mehr als dreimal so hoch wie im EU-Durchschnitt (6,4 Prozent). Viele EU-Länder sahen weiterhin finanzielle Unterstützung für Haushalte und Unternehmen vor, um die Strom- und Gaskosten zu decken.
Ein im Juni veröffentlichter Bericht der Europäischen Kommission, der sich auf Daten zum Lebensstandard in den Jahren 2020-2022 stützte, gab Anlass zu ernster Besorgnis über die Hürden, mit denen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Menschen in einigen Mitgliedstaaten konfrontiert waren, wenn es um den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen ging, die für die Wahrnehmung ihrer Rechte unerlässlich waren. Hierzu zählten der Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen, Energie, digitaler Kommunikation, Bankkonten und Verkehrsmitteln. Der Bericht hob die Hürden beim Zugang zu diesen Dienstleistungen für marginalisierte Gruppen hervor, darunter Obdachlose, Roma, Menschen mit Behinderungen, Alleinerziehende (meist Frauen) und Familien mit drei oder mehr Kindern.
Im Januar nahm die Europäische Kommission einen Bericht an, in dem sie die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung einer Empfehlung zum Sozialschutz für Arbeitnehmer*innen und Selbstständige aus dem Jahr 2019 untersuchte. Der Bericht stellte fest, dass in den 12 EU-Staaten, die Daten übermittelten, schätzungsweise 5,6 Millionen Menschen „in atypischen Beschäftigungsverhältnissen“ und 15,3 Millionen Selbstständige keinen Zugang zu Arbeitslosenunterstützung hatten. Die im November veröffentlichten Daten zeigten, dass die Ausgaben für den Sozialschutz im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr in allen EU-Staaten mit Ausnahme von Malta und Irland gestiegen waren; als Anteil an den gesamten Staatsausgaben (gemessen am BIP) waren sie jedoch insgesamt um 1,5 Prozent gesunken.
Im Februar veröffentlichte eine von der Kommission eingesetzte Sachverständigengruppe Empfehlungen zur Verbesserung des Sozialschutzes und zur Bekämpfung der Armut, darunter die Einführung eines Mindestpakets an sozialen Rechten, die in jedem EU-Staat auf nationaler Ebene garantiert wurden.
Im Februar legte das Europäische Netzwerk zur Bekämpfung der Armut Ergebnisse vor, die zeigten, dass zwar alle EU-Mitgliedstaaten über Mindesteinkommensregelungen verfügten, aber keine davon den tatsächlichen Bedarfen der Leistungsempfänger*innen entsprach. Das Netzwerk forderte die EU auf, die Empfehlung des Rates zum Mindesteinkommen aus dem Jahr 2022 in eine verbindliche Richtlinie umzuwandeln und ein „Recht auf ein angemessenes Mindesteinkommen“ im EU-Recht zu verankern.
Im September schätzten FEANTSA und die Abbé-Pierre-Stiftung, zwei Organisationen zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, dass in Europa etwa 895.000 Menschen obdachlos waren. Die Erhebung umfasste die meisten EU-Staaten und das Vereinigte Königreich.
Bei Redaktionsschluss hatten zwei EU-Staaten, Österreich und Lettland, noch keine Vorlage eines nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Europäischen Kindergarantie eingereicht. Die Frist hierfür war bereits im März 2022 abgelaufen. Die EU-weite Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderarmut verpflichtete die Staaten, allen Kindern, die von sozialer Ausgrenzung oder anderen Benachteiligungen betroffen waren, kostenlosen Zugang zu frühkindlicher Bildung und Betreuung, kostenloser Bildung mit einer kostenlosen gesunden Mahlzeit pro Schultag, Gesundheitsversorgung und Wohnraum zu gewährleisten.
Im Juli begannen das Europäische Parlament, die Kommission und der Rat mit den Verhandlungen über eine Rechtsvorschrift zur Verhinderung der falschen Einstufung von Arbeitnehmer*innen in der Gig-Economy, die oft prekären Arbeitsverhältnissen und niedrigen Löhnen ausgesetzt waren.
Rechtsstaatlichkeit
Zwei EU-Mitgliedstaaten, Ungarn und Polen, standen weiterhin unter Beobachtung nach Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union, weil ihre Regierungen die demokratischen und menschenrechtlichen Werte, auf denen die EU beruht, anhaltend missachteten. Die Sorge angesichts abnehmender demokratischer Freiheiten und eines schrumpfenden zivilgesellschaftlichen Raums war in vielen Mitgliedstaaten gewachsen, während Gesetzesinitiativen auf EU-Ebene die Bedrohung der Zivilgesellschaft verstärkten.
Trotz anhaltender Bedenken in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit kam die Europäische Kommission am 13. Dezember zu dem Schluss, dass Ungarn die Mindestvorgaben für die Unabhängigkeit der Justiz erfüllt hat, und kündigte an, 10 Milliarden Euro an EU-Kohäsionsmitteln freizugeben. Weitere Gelder in Höhe von 21 Mrd. EUR, die im Zusammenhang mit anhaltenden Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn stehen, wurden von der Kommission weiterhin eingefroren. Weder Ungarn noch Polen haben EU-COVID-19-Wiederaufbaumittel erhalten, weil sie einige der wichtigsten Vorgaben nicht erfüllt haben. Diese bezogen sich in Polen auf das Justizsystem und in Ungarn auf die Korruption, die Unabhängigkeit der Justiz und eine transparente Entscheidungsfindung.
Eine Anhörung des EU-Rates zu Ungarn und eine Aktualisierung des Stands der Dinge zu Ungarn und Polen im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 7 fanden im Mai bzw. November statt. Während die EU-Mitgliedstaaten den politischen Dialog über das Verfahren fortsetzten, vermieden sie es, darüber abzustimmen, ob die Handlungen der beiden Staaten ein „eindeutiges Risiko einer schwerwiegenden Verletzung“ der EU-Werte darstellten, oder Empfehlungen anzunehmen, um diese Verletzungen zu beheben. Dies galt trotz einer weiteren Entschließung des Europäischen Parlaments vom Juni, in welcher der Rat dazu aufgefordert wurde.
Während sich beide Regierungen weiterhin folgenlos über die Urteile des EU-Gerichtshofs hinwegsetzten, ging die Europäische Kommission weiter mit Vertragsverletzungsverfahren gegen die Verstöße gegen EU-Recht vor.
Im Juni leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein wegen seines neuen Gesetzes gegen „russischen Einfluss“. Dieses Gesetz könnte dazu führen, dass Mitglieder von Oppositionsparteien von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden. Bis Mitte November hatten sich 16 EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament dem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Ungarn wegen dessen Anti-LGBT-Kinderschutzgesetz angeschlossen. Diese Verfahren waren insofern bemerkenswert, als sie sich gegen Ungarn und Polen richteten, weil diese gegen die in Artikel 2 des EU-Vertrags verankerten Grundwerte und Grundsätze der EU verstoßen hatten, und nicht gegen einzelne EU-Gesetze.
Der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2023 der Europäischen Kommission und die länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters 2023 kritisierten die fortgesetzte Anwendung von Notstandsbefugnissen durch Ungarn und äußerten Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz in Polen.
Der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit hob hervor, dass die Konzentration des Eigentums an Nachrichtenmedien in der gesamten EU weiterhin ein „hohes Risiko“ darstellte, während das Niveau der politischen Unabhängigkeit der Medien insgesamt unverändert bei einem „mittleren Risiko“ lag. Dem Bericht zufolge war der Medienpluralismus insbesondere in fünf Mitgliedstaaten - Kroatien, Zypern, Griechenland, Slowenien und Malta – „stark gefährdet“ und in Bulgarien, Polen, Rumänien und Ungarn „sehr stark gefährdet“. Der Bericht stellte zudem fest, dass die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger*innen mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert waren, die mit der Verengung des zivilgesellschaftlichen Raums zusammenhingen. Hierbei verwies der Bericht konkret auf Griechenland, Spanien, Italien, Frankreich, Ungarn und Polen.
Die Überwachungsgruppe Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte des Europäischen Parlaments setzte ihre Prüfung der Mitgliedstaaten fort, unter anderem in Bezug auf die Weiterverfolgung von Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Ermordung von Journalist*innen in Malta und der Slowakei, laufende Korruptionsermittlungen und die Entlassung des Generalstaatsanwalts in Bulgarien, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit und die Polizeiarbeit in Frankreich sowie die Untergrabung unabhängiger öffentlicher Einrichtungen, der Pressefreiheit und der Zivilgesellschaft in Griechenland. Die Überwachungsgruppe kritisierte die Europäische Kommission dafür, dass sie es versäumt hatte, Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten oder weiterzuverfolgen, obwohl die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten ernsthaft gefährdet war.
Der Einsatz von Spionageprogrammen gegen Journalist*innen, Anwält*innen, Politiker*innen und andere Personen in Griechenland, Ungarn, Spanien und Polen gab weiterhin Anlass zur Sorge. In einer Entschließung vom Juni forderte das Europäische Parlament den Rat, die Kommission und die einzelnen Mitgliedstaaten auf, Reformen durchzuführen, um die Ausfuhr von Spionagesoftware einzudämmen und Fälle von Missbrauch zu untersuchen.
Die Verhandlungen über den Entwurf eines EU-Gesetzes über künstliche Intelligenz (KI) waren im Gange. Ziel hierbei war es, KI und verwandte Technologien in allen Mitgliedstaaten zu regulieren. Der Entwurf enthielt Bestimmungen, welche eine Gefahr für die Menschenrechte darstellten, unter anderem durch Ausnahmeregelungen für die KI-Nutzung in den Bereichen Strafverfolgung, Migration und Asyl.
Die EU arbeitete zudem an einer Verordnung zu politischer Werbung. Diese sollte voraussichtlich 2024 verabschiedet werden. Die Verordnung zielte darauf ab, die Transparenz im Bereich der politischen Online-Werbung, auch bei Wahlen, zu erhöhen, indem Beschränkungen für die Verwendung personenbezogener Daten in politischen Kontexten festgelegt wurden.
Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene „Paket zur Verteidigung der Demokratie“, mit dem feindseliger ausländischer Einfluss bekämpft werden sollte, stieß in der Zivilgesellschaft auf heftigen Widerstand wegen der möglichen Stigmatisierung ausländisch finanzierter Gruppen und der abschreckenden Wirkung, die solche Rechtsvorschriften auf die Zivilgesellschaft in Europa und im Ausland haben könnten.
Außenpolitik
Die EU und ihre Mitgliedstaaten waren nach wie vor die weltweit größten Geber von humanitärer Hilfe und führende Akteure im Bereich der Menschenrechte in multilateralen Gremien. Die Haltung Europas in Bezug auf die Feindseligkeiten in Israel und Palästina seit dem 7. Oktober und seine offene Unterstützung einiger repressiver Regierungen im Streben nach kurzfristiger Stabilität, Migrationskontrolle und anderen handels- oder geopolitischen Interessen haben jedoch deutlich gemacht, dass Europa mit zweierlei Maß misst und seine Stellung als prinzipientreuer globaler Akteur selbst untergräbt.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hatte für die EU weiterhin oberste Priorität. Die EU hat der Ukraine beispiellose finanzielle und humanitäre Hilfe geleistet und Initiativen für den Wiederaufbau des Landes unterstützt. Die EU unterstützte beispiellose Bemühungen um Rechenschaftspflicht, auch in internationalen Gremien, und erneuerte und erweiterte die Anwendung von Sanktionen für in der Ukraine begangene Verbrechen. Bei Redaktionsschluss dieses Berichts war geplant, dass die Staats- und Regierungschef*innen der EU im Dezember die Empfehlung der Europäischen Kommission zur Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine erörtern.
Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, förderte die Gespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan über die Lage in Berg-Karabach bis zur militärischen Übernahme durch Aserbaidschan am 19. September, die zu einer fast vollständigen Vertreibung der ethnischen Armenier*innen aus der Region führte.
Positiv hervorzuheben ist, dass die EU bzw. ihre Mitgliedstaaten die Federführung bei mehreren Resolutionen im UN-Menschenrechtsrat und in der Generalversammlung übernahmen, u.a. zu Nordkorea, Russland, Belarus, Myanmar, Eritrea, Burundi und Afghanistan, und andere länderspezifische und thematische Initiativen unterstützten. Die Bilanz der EU-Mitgliedstaaten bei den Vereinten Nationen wurde jedoch durch ihr uneinheitliches Abstimmungsverhalten bei wichtigen Resolutionen zu den Feindseligkeiten in Israel und Palästina sowie durch ihre Zurückhaltung bei der Initiierung oder Unterstützung von Initiativen gegen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen u.a. in Libyen, Ägypten, China, Saudi-Arabien, Jemen und Bahrain getrübt. Im Oktober legte die EU keine Folgeresolution zur Lage in Äthiopien vor, trotz der alarmierenden Ergebnisse einer UN-Untersuchung, welche die EU auf dem Höhepunkt des Konflikts initiiert hatte.
Ende 2022 schlug die Tschechische Republik im Namen der EU einen Änderungsantrag zum Entwurf der Haushaltsresolution der UN-Generalversammlung für 2023 vor, um den Bemühungen Russlands, Chinas und gleichgesinnter UN-Mitgliedstaaten entgegenzuwirken, die UN-Menschenrechtsmechanismen zu streichen. Der EU-Änderungsantrag wurde angenommen.
Die meisten EU-Regierungen und Kommissar*innen haben es versäumt, die Verbrechen der israelischen Behörden in Form von Apartheid und Verfolgung gegen Palästinenser*innen anzuerkennen, geschweige denn auf diese zu reagieren. Die Reaktion der EU auf die Feindseligkeiten in Israel und Palästina, die im Oktober begannen, offenbarte Vorurteile und Spaltungen innerhalb der Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und andere Beamt*innen verurteilten die abscheulichen tödlichen Angriffe der Hamas auf israelische Zivilist*innen, nicht aber die Unterbrechung der Grundversorgung und der Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen durch Israel. Zudem zeigten sie wenig Aufmerksamkeit für die Verluste palästinensischen Menschenlebens durch Israels unerbittliche Bombardierung des Gazastreifens. Die Bemühungen des Chefs der EU-Außenpolitik, Ratspräsident Michel, und einiger EU-Regierungen waren ausschlaggebend dafür, dass Bestrebungen, die lebenswichtige EU-Hilfe für die Palästinenser*innen zu kürzen, zurückgewiesen wurden und dass die EU Israel zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts aufforderte.
Die oberste außenpolitische Priorität der EU in den Beziehungen zu ihren südlichen Nachbarn bestand weiterhin darin, die Abwanderung von Migrant*innen nach Europa um jeden Preis einzudämmen. Hierbei beharrte sie auf ihrer mangelhaften Strategie, welche die Aushöhlung der Menschenrechtsverpflichtungen der EU offenbart hat.
Im Juli schloss die Europäische Kommission ein Abkommen mit Tunesien, bei dem sie im Gegenzug für die Zusammenarbeit bei der Eindämmung der irregulären Ausreise nach Europa eine höhere finanzielle Unterstützung zusagte. Bedauerlicherweise wurde das Abkommen von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen als „Blaupause“ für die Region gepriesen. Dieses berücksichtigte jedoch weder die schweren Übergriffe gegen schwarzafrikanische Migrant*innen im Land noch den zunehmenden Autoritarismus des tunesischen Präsidenten Kais Saied.
Der EU-Schwerpunk der Eindämmung der irregulären Migration erstreckte sich auch auf andere Bereiche der Außenpolitik, wie Entwicklungshilfe und Handel. Bei Redaktionsschluss verhandelten das Europäische Parlament und der Rat noch immer über eine Reform des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU, das Entwicklungsländern Handelsvorteile gewährt, wenn sie die Menschenrechte und Arbeitsnormen einhalten. Die Reform ist ins Stocken geraten, weil der Rat versuchte, die Gewährung von APS-Vorteilen an die Zusammenarbeit im Bereich der Migration zu knüpfen, was vom Europäischen Parlament zu Recht abgelehnt wurde. Im Oktober wurde vorsorglich eine vierjährige Verlängerung der derzeitigen APS-Verordnung beschlossen, während die Verhandlungen über die Reform fortgesetzt werden. Der Druck durch das APS war der Schlüssel zu einigen positiven Entwicklungen in Sri Lanka und Bangladesch. Doch die EU war gegenüber anderen APS-Begünstigten wie den Philippinen und Pakistan zu nachsichtig, was die Notwendigkeit einer Reform unterstrich, um das Schema transparenter, berechenbarer und wirksamer zu machen.
Im Mai verabschiedete die EU die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte. Demnach müssen in den EU-Mitgliedstaaten registrierte Unternehmen sicherstellen, dass sieben landwirtschaftliche Erzeugnisse, die sie importieren oder exportieren, nicht auf Flächen produziert wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurden, und dass bei der Produktion die wichtigsten Menschen- und Arbeitsrechtsstandards eingehalten werden. Andere wichtige Gesetze im Zusammenhang mit Unternehmen und Menschenrechten - insbesondere eine Richtlinie über die obligatorische Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Menschenrechte und des Umweltschutzes sowie eine Verordnung, die Waren, welche durch Zwangsarbeit hergestellt wurden, auf dem EU-Markt verbietet - sind noch in Arbeit. Beide werden wahrscheinlich bedeutende Auswirkungen auf die Handels- und Geschäftsbeziehungen der EU mit China haben, wo Zwangsarbeit als Teil von Pekings Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Uighur*innen und andere turkstämmige Muslim*innen allgegenwärtig ist.
Während die Differenzen zwischen den Staaten fortbestanden, war die EU offensichtlich entschlossen, einen „De-Risking“-Ansatz gegenüber China zu verfolgen, der die kritische Abhängigkeit in der Lieferkette abschwächt und die Handelsbeziehungen mit anderen Partnern in der Region stärkt. Die EU hat sich im UN-Menschenrechtsrat weiterhin klar zu China geäußert, aber keine weiteren Schritte unternommen, wie sie z.B. eine Führungsrolle im Rat einnehmen könnte, um die Rechenschaftspflicht für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang und schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen andernorts oder die Ausweitung des EU-Sanktionssystems im Bereich der Menschenrechte voranzutreiben.
Der Umgang der EU mit Menschenrechtsverletzungen am Persischen Golf war weiterhin von Selbstzensur geprägt. Die EU räumte den Handels-, Wirtschafts- und politischen Beziehungen zu den Regierungen in der Region Vorrang ein und zögeret weiterhin, Menschenrechtsverletzungen öffentlich zu kritisieren. Stattdessen überlieβ sie diese Angelegenheit den jährlichen, unwirksamen Menschenrechtsdialogen.
Das Gleiche galt für Indien. Auch hier zögerten die EU und ihre Regierungen, offen über die Verschlechterung der Menschenrechtslage unter Premierminister Narendra Modi zu sprechen und öffentlich Druck auszuüben.
Im Juli veranstaltete die EU ein Gipfeltreffen, um erneut mit den Staats- und Regierungschef*innen Mittel- und Südamerikas und der Karibik in Kontakt zu treten. Die EU spielte weiterhin eine wichtige Rolle für die Menschenrechte in Guatemala und Venezuela, aber ihre Maßnahmen reichten nicht aus, um andere Menschenrechtskrisen in der Region zu lösen, darunter in Haiti, Nicaragua, Kuba und El Salvador.
Im Februar erneuerte der Rat für Auswärtige Angelegenheiten der EU seine Strategie für die Großen Seen und verpflichtete sich, die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht in der Region stärker zu unterstützen und aktiv gegen Verstöße vorzugehen. Die zögerliche und begrenzte Reaktion der EU auf die erneute Krise im Sudan stellte ihre Fähigkeit in Frage, Gräueltaten zu verhindern und zu bekämpfen. Der anhaltende Rückzug aus der Sahelzone nach einer Reihe von Militärputschen ging einher mit einem verstärkten Augenmerk auf die Staaten am Golf von Guinea.
Im November unterzeichnete die EU in Samoa ein neues Abkommen mit 79 Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean, welches das Cotonou-Abkommen aus dem Jahr 2000 ersetzen sollte und die Menschenrechte zu einer der Prioritäten ihres Engagements machte. Zuvor war die Unterzeichnung des Abkommens seit 2021 von Ungarn wegen Verweisen auf Gender und Migration blockiert worden.
Die EU hat die Liste ihrer globalen Menschenrechtssanktionen und Ad-hoc-Ländersanktionen erweitert, um Personen und Institutionen, die in Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind, zu erfassen.
Nach Korruptionsvorwürfen, in die einige seiner Mitglieder verwickelt waren, verabschiedete das Europäische Parlament neue Regeln, um seine Integrität und Transparenz zu wahren. Einige Fraktionen nutzten die Gelegenheit, um die Integrität aller Nichtregierungsorganisationen in Frage zu stellen, und versuchten, die Menschenrechtsarbeit des Parlaments zu unterbinden. Das Parlament spielte jedoch weiterhin eine wichtige Rolle bei der Förderung der Menschenrechte, indem es u.a. das Abkommen der Europäischen Kommission mit Tunesien in Frage stellte, Entschließungen zu besorgniserregenden Menschenrechtssituationen in der ganzen Welt verabschiedete, Menschenrechtsfragen bei Länderbesuchen zur Sprache brachte und prinzipienfeste Verhandlungspositionen zu wichtigen Rechtsvorschriften einnahm. Der Standpunkt des Parlaments im Oktober zu den Feindseligkeiten in Israel und Palästina enthüllte Vorurteile, die denen ähneln, welche die Reaktion des Europäischen Rates kennzeichneten. Das Parlament verlieh den Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2023 an Jina Mahsa Amini und die Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ im Iran.