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Europäische Union

Menschenrechtslage 2019

Frauen mit Kerzen und EU-Flagge bei einer Soldaritätskundgebung für polnische Richter vor dem Justizministerium, 1. Dezember 2019, Warschau, Polen. 

© 2019 Omar Marques/Getty Images

Die Europäische Union hat als Reaktion auf die Bemühungen einiger EU-Regierungen, die demokratischen Institutionen in ihren Ländern zu untergraben, die Werte der Menschenrechte verteidigt. Obwohl sie nicht bei allen Wahlen als Sieger hervorgingen, prägten rechtsradikale Populisten weiterhin einen Großteil der Migrationsdebatte. Die EU-Institutionen und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten verfolgten eine Migrationspolitik, die Menschen allzu oft Gewalt und Menschenrechtsverletzungen aussetzte und ihnen den Zugang zu Asyl verwehrte, insbesondere indem sie die Betroffenen davon abhielten, die EU-Grenzen zu passieren.

Migration und Asyl

Bis Mitte November 2019 waren knapp 101.000 Menschen an den EU-Grenzen angekommen, die meisten davon auf dem Seeweg. Die EU-Regierungen konzentrierten sich weiterhin auf die Schließung der Grenzen, auch durch rechtswidrige Push-Backs an EU-Grenzen, darunter an den Grenzen zu Griechenland, Kroatien, Polen, Rumänien, Spanien und Ungarn.

Starke Rückgänge bei der Zahl der Bootsflüchtlinge aus Marokko und Libyen scheinen mit einer verstärkten Zusammenarbeit dieser beiden Länder mit den EU-Institutionen und Mitgliedstaaten in Zusammenhang zu stehen, trotz der Bedenken hinsichtlich der Behandlung von Migranten und Asylbewerbern sowohl in Libyen als auch in Marokko.

Eine Zunahme der Boote, die griechische Inseln erreichten, verdeutlichte noch einmal das Fehlen eines funktionierenden Systems für eine gerechte Aufteilung der Verantwortung unter den EU-Mitgliedern und das anhaltende Versagen Griechenlands, die Rechte von Asylbewerbern auf seinem Hoheitsgebiet zu schützen. Auch hier kam es zu Push-Backs. Der Anstieg lenkte zudem die Aufmerksamkeit auf das Migrationsabkommen der EU mit der Türkei aus dem Jahr 2016. So versuchte der türkische Präsident erneut, die Androhung einer größeren Zahl von Ankünften in der EU als politisches Druckmittel einzusetzen.

Auf See gab es zahlreiche Konfrontationen, da Italien und Malta sich weigerten, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Handelsschiffen zu erlauben, im Mittelmeer gerettete Menschen von Bord gehen zu lassen. Trotz eines Regierungswechsels in Italien und mehrerer hochrangiger EU-Gipfel wurden keine Fortschritte erzielt bei der Verabschiedung eines soliden Abkommens zur Ausschiffung von Flüchtlingen und zu einem Umsiedlungsverfahren.

Im März wurden die Marinepatrouillen der Operation Sophia eingestellt, einer EU-Mission zur Bekämpfung des Menschenschmuggels und des Menschenhandels. Tausende Menschen waren im Rahmen dieser Patrouillen auf See gerettet worden. Stattdessen setzte die EU nun auf Luftüberwachung. Dies gab Anlass zur Sorge, dass EU-Flugzeuge nun vorrangig die libysche Küstenwache informieren, um das Abfangen und die Rückführung nach Libyen zu ermöglichen, anstatt Informationen über Boote in Seenot zu funken, z.B. an NGO-Schiffe, die sich in der Nähe befinden. Im Oktober lehnte das Europäische Parlament eine Entschließung zur Verbesserung der Such- und Rettungsdienste im Mittelmeer mit knapper Mehrheit ab. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) schätzt, dass bis Mitte November 1.098 Menschen im Mittelmeer gestorben waren oder vermisst wurden.

Bis Mitte November hatten 12.680 Menschen Italien und Malta auf dem Seeweg erreicht. 8.155 Menschen wurden von der libyschen Küstenwache abgefangen und automatisch und willkürlich verhaftet. Die Bedingungen für eine solche Haft haben sich noch einmal verschlechtert, da die Kämpfe in und um Tripolis eskalierten (siehe Kapitel Libyen für weitere Informationen).

Da die EU-Regierungen den Grenzkontrollen und der Auslagerung der Verantwortung für Migranten und Asylbewerber in andere Länder Priorität einräumten, erzielten sie nur begrenzte Fortschritte beim Ausbau sicherer und legaler Wege für Migranten in die EU. Die Europäische Kommission verkündete im September, dass die EU-Länder in den Jahren 2018 und 2019 64 Prozent dessen erfüllt hätten, was sie zugesagt hatten, nämlich 50.000 Flüchtlinge umzusiedeln. Das entspricht nur einem Bruchteil des weltweiten Bedarfs.

Vorgeschlagene Reformen des EU-Asylrechts wurden nicht vor den Europawahlen im Mai abgeschlossen. Bis Redaktionsschluss blieb unklar, wie das neue Europäische Parlament und die neue Kommission das Reformpaket vorantreiben werden, einschließlich der umstrittensten Fragen, wie die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Asylanträgen aufgeteilt werden soll.

Die Vorwürfe in Italien und die öffentliche Verunglimpfung von Carola Rackete, Kapitänin eines Sea Watch-Rettungsschiffes, verdeutlichten den besorgniserregenden Trend zur Kriminalisierung der humanitären Hilfe für Migranten und Asylbewerber. Vorwürfe gegen Einzelpersonen, weil sie Migranten und Asylbewerbern geholfen hatten, gab es 2019 in mehreren EU-Ländern, darunter in Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland und Italien.

Diskriminierung und Intoleranz

Bei den Europäischen Parlamentswahlen im Mai haben populistische und euroskeptische Parteien ihren Stimmenanteil erhöhen können. Sie erhielten rund 25 Prozent der Parlamentssitze gegenüber rund 20 Prozent bei den letzten Wahlen. Sie blieben jedoch hinter den Prognosen der im Vorfeld geführten Umfragen zurück. Viele der etablierten Parteien, die sich an die islam- und flüchtlingsfeindliche Agenda der extremen Rechten annäherten, verzeichneten Stimmverluste bei den Wahlen.

Rassismus, fremdenfeindliche, islamfeindliche und antisemitische Stimmungen und Gewalt waren in der gesamten EU nach wie vor weit verbreitet. Muslime, darunter Frauen, die einen Schleier tragen, sind in den EU-Ländern weiterhin einer weit verbreiteten Feindseligkeit und Intoleranz ausgesetzt.

Auch der Antisemitismus war weiterhin auf dem Vormarsch. In einem Bericht vom Juli stellte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) fest, dass 44 Prozent der jungen jüdischen Europäer antisemitisch belästigt wurden. Achtzig Prozent der jungen Opfer meldeten die Vorfälle nicht bei der Polizei oder einer anderen Behörde, während 45 Prozent sich aus Sorge um ihre Sicherheit dazu entschieden, keine eindeutig jüdischen Gegenstände in der Öffentlichkeit anzuziehen, zu tragen oder zu zeigen.

Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) sind Menschen mit Behinderungen in vielen Teilen der Europäischen Union noch immer nicht ausreichend  vor Diskriminierung geschützt.

Bei Redaktionsschluss hatten sieben Mitgliedstaaten und die EU das Übereinkommen von Istanbul, einen Vertrag des Europarates über die Bekämpfung und Prävention von Gewalt gegen Frauen, noch nicht ratifiziert.

Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten verlangt nach wie vor, dass Transgender-Menschen erst eine psychische Störung diagnostiziert wird, bevor sie ihr offizielles Geschlecht ändern können - eine Anforderung, die Betroffene stigmatisiert und diskriminiert. Im Februar verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung, in der die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, medizinisch unnötige „genital-normalisierende" Operationen an intersexuellen Kindern zu verbieten - eine diskriminierende Praxis, die Malta verboten und zu deren Regulierung Portugal einige Schritte unternommen hat.

Nach wie vor sind Roma eine der am stärksten marginalisierten Gemeinschaften in Europa, wobei Roma-Mädchen und -Frauen laut der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte besonders anfällig für Ausgrenzung und Diskriminierung sind.

Rechtsstaatlichkeit

Die EU-Organe haben EU-Regierungen, welche die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte bedrohen, auch mittels Durchsetzungsmaßnahmen vor dem Europäischen Gerichtshof, weiterhin genau beobachtet. Zudem wurden neue Mechanismen diskutiert, um diese Regierungen bei solchen Rechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.

Bei den Verfahren gegen Polen und Ungarn gemäß Artikel 7, dem politischen Sanktionsmechanismus des EU-Vertrags zur Bewältigung solcher Bedrohungen, der im Dezember 2017 gegen Polen und im September 2018 gegen Ungarn eingeleitet wurde, wurden geringe Fortschritte erzielt.

Die Europäische Kommission hat im Laufe des Jahres von ihren Strafverfolgungsbefugnissen gegen Ungarn und Polen Gebrauch gemacht. Im April leitete sie ein neues Verfahren gegen Polen wegen seiner Schritte zur disziplinarischen Bestrafung von Richtern ein und rief im Oktober den Europäischen Gerichtshof hierzu an. Im Juli hat die Kommission gegen Ungarn Klage wegen Verweigerung der Verpflegung von an der Grenze festsitzenden Asylbewerbern erhoben und Ungarn vor den Europäischen Gerichtshof gebracht, weil es 2018 ein Gesetz erlassen hatte, das die Gewährung von Hilfe für Asylbewerber unter Strafe stellte.

Im Juni entschied der Europäische Gerichtshof, dass ein polnisches Gesetz aus dem Jahr 2018, das Richter aus dem Obersten Gerichtshof drängt, gegen EU-Recht verstößt. Im November entschied der Gerichtshof, dass auch das polnische Gesetz über die ordentlichen Gerichte gegen EU-Recht verstößt und die Unabhängigkeit der Justiz beeinträchtigt.

Drei Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Ungarn waren bei Redaktionsschluss anhängig. Sie betreffen drei Gesetze aus dem Jahr 2017: die Verdrängung der Central European University aus Budapest; die Verpflichtung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die ausländische Mittel erhalten, sich als solche zu registrieren oder andernfalls mit Sanktionen zu rechnen; und ein Asylgesetz, das die automatische Inhaftierung von Asylbewerbern in Transitzonen und ihre Sammelrückführungen an die serbische Grenze ermöglicht.

Die EU-Minister führten im Februar, April und September mehrere Debatten über die Gesetze zur Untergrabung der polnischen Justiz. Im September führten die Minister ihre erste Anhörung mit der ungarischen Regierung durch, ein Jahr nachdem das Europäische Parlament Artikel 7 aktiviert hatte.

Im April nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zur Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung in der EU an, in der insbesondere die Verfassungsdebatten und der mangelnde Schutz von Journalisten in der Slowakei und in Malta hervorgehoben wurden. Im April führte das Europäische Parlament auch eine Debatte über die Rechtsstaatlichkeit in Rumänien.

Im Juli veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Vorschläge zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der EU. Zu den Vorschlägen gehörten ein jährlicher Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in den EU-Ländern, um Probleme früher erkennen zu können, ein neuer Peer-Review-Mechanismus für EU-Regierungen und eine strategischere Nutzung bestehender Durchsetzungsmechanismen, wie beispielsweise des Europäischen Gerichtshofs.

Die Beratungen über einen Vorschlag, den Zugang zu EU-Mitteln im nächsten EU-Haushaltszyklus an die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit zu binden, wurden fortgesetzt. Im Juli sagte die designierte Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dass sie „an dem Vorschlag festhält, die Rechtsstaatlichkeit zu einem integralen Bestandteil des nächsten EU-Haushalts zu machen.“

Bei Redaktionsschluss war gegen mehrere Personen wegen der Morde an Daphne Caruana Galizia in Malta im Jahr 2017 und an Ján Kuciak in der Slowakei im Jahr 2018 Anklage erhoben worden. Beide Fälle sind jedoch nach wie vor nicht aufgeklärt. Im September kündigte Malta die Einleitung einer unabhängigen Untersuchung der Ermordung von Caruana Galizia an. Im April wurde Lyra McKee, die bei Unruhen in Londonderry in Nordirland erschossen wurde, als vierte Journalistin in der EU innerhalb von weniger als zwei Jahren getötet. Bisher wurde niemand in diesem Mordfall angeklagt.

Terrorismusbekämpfung

Die Misshandlung und das Schicksal von schätzungsweise 1.200 westeuropäischen Bürgern, die in Nordostsyrien und im Irak als Verdächtige des sog. Islamischen Staates (IS) oder Familienangehörige solcher Verdächtiger festgehalten werden, blieb das gesamte Jahr über ein großes Problem.

Die europäischen Staaten wurden vom Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR), von Human Rights Watch und zivilgesellschaftlichen Gruppen aufgefordert, die Rückführung von IS-Verdächtigen und ihren Familienangehörigen zu gewährleisten und Maßnahmen zu ergreifen, um sie weder einer drohenden Todesstrafe noch Folter oder unfairen Prozessen im Irak auszusetzen.

Im Laufe des Jahres brachten Länder wie Frankreich, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Deutschland jeweils eine kleine Anzahl von Kindern aus Syrien oder dem Irak zurück in ihre Heimat. Italien hat einen verdächtigen IS-Kämpfer wiederaufgenommen.

Nach einer Offensive der türkischen Streitkräfte im Oktober im Nordosten Syriens nahmen die Sorgen um IS-Verdächtige und ihre Familienmitglieder, die sich in der Haft von kurdisch geführten Streitkräften befinden, zu.

Einige Regierungen, darunter Dänemark, Großbritannien und die Niederlande entzogen jenen ihrer Landsleute die Staatsangehörigkeit, die sich vermutlich im Irak oder in Syrien aufhalten und von denen vermutet wird, dass sie sich dem IS oder einer anderen extremistischen bewaffneten Gruppe angeschlossen haben. Im März kündigte auch die deutsche Bundesregierung Pläne an, jenen, die über die eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügen, die deutsche zu entziehen, wenn die Betroffenen im Verdacht stehen, sich einer terroristischen Gruppe angeschlossen zu haben. Die französische Regierung wurde dafür kritisiert, dass sie es versäumt hatte, elf von irakischen Gerichten zum Tode verurteilten Franzosen zu schützen. Die Todesurteile folgten auf Schnellverfahren, in denen einige der Betroffenen mutmaßlich durch Folter dazu gebracht wurden, Geständnisse abzulegen.  

Nach wie vor bestehen Bedenken, welche Auswirkungen die Gesetzgebungsbemühungen der EU auf die Meinungsfreiheit haben, durch die als „terroristisch“ bezeichnete Online-Inhalte entfernt werden sollen. Die Grundrechteagentur stellte im Februar fest, dass die Definitionen von verbotenen Inhalten in einer EU-Richtlinie von 2018 zu weit gefasst waren. Die Definition wurde anschließend vom Europäischen Parlament eingegrenzt. Das Gesetz war bei Redaktionsschluss noch nicht verabschiedet worden.  

Im Jahr 2019 waren keine Fortschritte bei der Rechenschaftspflicht für die Beteiligung von EU-Regierungen am CIA- Folter- und Geheimhaftprogramm zu verzeichnen, das nach dem 11. September 2001 angelaufen war.

Deutschland

Die Zahl der neu angekommenen Asylbewerber und Migranten ist zum vierten Mal in Folge gesunken. In den ersten 10 Monaten des Jahres 2019 wurden 122.225 Asylbewerber registriert. Bis Ende Juni waren 56.628 Asylanträge anhängig.

Deutschland spielte bei der Neuansiedlung von Flüchtlingen in der EU weiterhin eine führende Rolle. Bis zum 30. Oktober nahm Deutschland 229 Flüchtlinge auf, die auf See gerettet worden waren. Bei Redaktionsschluss hatten 13 Gemeinden die im April ins Leben gerufene Erklärung der „Safe Haven Cities“ unterzeichnet, die der Bundesregierung ihre Bereitschaft signalisiert, auf See gerettete Flüchtlinge aufzunehmen.

Ein Paket von Änderungen des Einwanderungs- und Asylrechts des Bundes im Juni 2019 hatte negative Auswirkungen auf die Menschenrechte. Nichtregierungsorganisationen kritisierten die Kürzung der Sozialleistungen und die möglichen Gründe für die Inhaftierung von Migranten bis zur Abschiebung sowie die weitere Nutzung von Gefängnissen für die Abscheibungshaft. Weitere Änderungen des Abschiebegesetzes, die im August in Kraft traten, schränkten die Möglichkeiten zum Studieren oder Arbeiten für abgelehnte Asylbewerber ein, die nicht zurückgeführt werden können.

Die Angriffe auf Flüchtlinge, Asylbewerber und diejenigen, die ihnen helfen, gaben weiterhin Anlass zur Sorge. In der ersten Jahreshälfte 2019 erfasste die Polizei 609 Angriffe auf Flüchtlinge und Asylbewerber, 60 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und 42 Angriffe auf Hilfsorganisationen und Freiwillige. Die Polizeibehörden führten den Großteil dieser Angriffe auf Täter mit einer „rechten Gesinnung“ zurück.

Die Regierung teilte im Oktober mit, dass in den ersten acht Monaten des Jahres 12.500 „politisch motivierte“ Straftaten (zu denen auch Hassverbrechen gehören) von Mitgliedern rechtsextremer Gruppen begangen wurden.

Mehrere Verfassungsbeschwerden waren anhängig bezüglich der Gesetze in Bayern, die es der Polizei erlauben, Menschen bis zu drei Monate lang in Untersuchungshaft zu halten, in einigen Fällen ohne Zugang zu einem Rechtsanwalt, und zwar nicht, weil sie eine Straftat begangen haben, sondern weil sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen. Im Laufe des Jahres wurden in mindestens vier weiteren Bundesländern ähnliche beunruhigende Bestimmungen vorgeschlagen oder verabschiedet.

Frankreich

Bei dem Vorgehen der französischen Polizei zur Kontrolle der Massen und zur Bekämpfung von Ausschreitungen bei den wöchentlich stattfindenden Demonstrationen wurden seit Ende 2018 Tausende von Menschen verletzt. Zu den Verletzten gehörten friedliche Demonstranten, Schüler und Journalisten. Es gab viel Kritik an den polizeilichen Maßnahmen, so auch von den Vereinten Nationen und dem französischen Bürgerbeauftragten.

Die französischen Behörden haben eine Vielzahl von Ermittlungen wegen Vorwürfen der unverhältnismäßigen Gewaltanwendung eingeleitet. Bis November waren jedoch nur achtzehn Personen einem Richter vorgeführt worden. Im November kündigte die Pariser Staatsanwaltschaft an, dass gegen zwei Polizisten wegen Gewaltvorwürfen ermittelt werde. Hierbei handelt es sich um die ersten Fälle dieser Art. Bei Redaktionsschluss waren noch keine Polizeibeamten endgültig zur Rechenschaft gezogen worden.

Im April verabschiedete Frankreich ein Demonstrationsgesetz, welches das Recht auf Versammlungsfreiheit untergraben könnte. Im Februar äußerten UN-Experten ihre Besorgnis über das Gesetz und über die bereits unverhältnismäßigen Einschränkungen des Rechts auf Demonstrationen in Frankreich.  

Die französische Grenzpolizei in den Alpen hat im Laufe des Jahres unbegleitete Migrantenkinder kurzerhand nach Italien zurückgeschickt. Einige Kinderschutzbehörden haben fehlerhafte Verfahren zur Altersbestimmung von unbegleiteten Migrantenkindern angewandt, wodurch einigen der Schutz und die Fürsorge, auf die sie Anspruch haben, entzogen wurden. Diese Ergebnisse wurden vom Bürgerbeauftragten in einem im November veröffentlichten Jahresbericht zu den Kinderrechten bestätigt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied im Februar, dass Frankreich ein unbegleitetes Kind, das in einem provisorischen Lager in Calais lebt, einer „erniedrigenden Behandlung“ unterzogen hatte. Es wurden keine Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass es als Kind identifiziert und entsprechend geschützt und versorgt wurde.

Helfer und Freiwillige, die lebenswichtige Unterstützung für Migranten bieten, wurden von der Polizei in der Region um Calais und an der französisch-italienischen Grenze schikaniert. Einige wurden wegen ihrer humanitären Arbeit vor Gericht gestellt und verurteilt.

Im April meldete der französische Menschenrechtsbeauftragte nach einer fünfjährigen Untersuchung diskriminierende und illegale Anordnungen in einer Polizeistation in Paris, die auf die Identitätskontrollen von „Schwarzen und Nordafrikanern“ in der Gegend und die systematische Vertreibung von „Obdachlosen und Roma“ abzielten. Hierzu gab es keine offizielle Stellungnahme seitens der französischen Behörden.

Im Mai veröffentlichte die Nationale Beratungskommission für Menschenrechte, ein offizielles Gremium, einen Bericht, laut dem 2018 die rassistisch motivierten Taten in Frankreich im Vergleich zu 2017 um 20 Prozent gestiegen sind, während die antisemitischen Handlungen um mehr als 70 Prozent zunahmen. Im gleichen Bericht heißt es, dass die Zahl jener der Polizei gemeldeten rassistischen Taten um 4 Prozent zurückgegangen ist. Im selben Monat sagte die Nichtregierungsorganisation SOS Homophobie, dass ihr im Jahr 2018 66 Prozent mehr Fälle von Übergriffen auf lesbische, schwule, bisexuelle und transgender (LGBT) Menschen gemeldet wurden als im Jahr 2017.

Im Mai verurteilten 17 humanitäre und Menschenrechtsorganisationen die Bedrohung der Pressefreiheit, nachdem drei französische Journalisten von den französischen Geheimdiensten einberufen worden waren, weil sie zum Einsatz französischer Waffen durch die von Saudi-Arabien geführte Koalition im Jemen recherchiert hatten.

Im September kündigte die Regierung Maßnahmen für eine entschiedenere Bekämpfung häuslicher Gewalt an, darunter solche, die es Betroffenen leichter machen sollen, Vorfälle zu melden, und eine Erhöhung der Kapazitäten in entsprechenden Schutzeinrichtungen. Zivilgesellschaftliche Gruppen kritisierten, dass ihnen nicht genügend Ressourcen für die Umsetzung der Pläne zur Verfügung gestellt wurden. Bis November 2019 kamen 136 Frauen durch häusliche Gewalt ums Leben.

Im Oktober verabschiedete die Nationalversammlung einen Gesetzentwurf, der lesbischen Paaren und alleinstehenden Frauen den Zugang zu Fruchtbarkeitsbehandlungen ermöglicht, die bislang nur heterosexuellen Paaren vorbehalten war. Der Entwurf lag bei Redaktionsschluss beim Senat.

Griechenland

Griechenland hat weiterhin viele Asylbewerber aufgenommen, ohne dass es jedoch die Rechte der Betroffenen angemessen geschützt hätte.

Im August kritisierte der UN-Ausschuss gegen Folter die griechische Regierungspolitik im Zusammenhang mit der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei, Asylbewerber, die auf den ägäischen Inseln ankommen, von der Weiterreise auf das Festland abzuhalten.

Ab August nahm die Zahl der Ankünfte auf den Inseln stark zu, was zu einer starken Überbelegung und somit zu unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen in den Lagern auf den Inseln führte. Bei Redaktionsschluss befanden sich 37.000 Asylbewerber, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, auf den Inseln, davon mehr als 33.400 in Lagern, die nur für rund 6.200 Personen vorgesehen sind.

Obwohl die Behörden im Laufe des Jahres mehr Transfers aufs Festland erlaubten, saßen weiterhin Tausende Menschen in überfüllten Lagern und unter katastrophalen Bedingungen auf den Inseln fest. Zu diesen Bedingungen gehören eine massive Überbelegung, unhygienische Zustände und ein Mangel an Versorgung mit Grundmitteln wie Wasser und Nahrung. Medizinische Versorgung, Traumaberatung und psychosoziale Unterstützung blieben unzureichend. Die psychische Gesundheit der Asylbewerber verschlechterte sich, auch aufgrund der Haftbedingungen und der Unsicherheit bezüglich des Status ihres Verfahrens.

Das Fehlen angemessener und sicherer Einrichtungen führte häufig zu körperlicher und geschlechtsspezifischer Gewalt in Flüchtlingslagern. In seinem Bericht vom August forderte der UN-Ausschuss gegen Folter Griechenland auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Gewalt gegen geflüchtete Frauen, Asylbewerberinnen und Migrantinnen untersucht, die Täter verfolgt und die Opfer entschädigt werden.

Im Oktober erleichterte ein neues Asylgesetz die Inhaftierung von Asylbewerbern über einen längeren Zeitraum. Außerdem wurden die Schutzvorkehrungen für Asylbewerber reduziert, unter anderem durch die Abschaffung der Vorkehrungen für besonders schutzbedürftige Personen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Februar und Juni zweimal entschieden, dass Griechenland gegen seine Menschenrechtsverpflichtungen verstößt, indem es unbegleitete Kinder in sogenannter „Schutzhaft“ in Polizeistationen und Haftanstalten festhält. Trotz der Urteile befanden sich bei Redaktionsschluss noch 234 Kinder in solchen Einrichtungen, während Hunderte weitere in Lagern mit Erwachsenen oder Obdachlosen waren, weil die Behörden keine angemessene Unterkunft oder Pflegeunterbringung anboten. Das Asylgesetz vom Oktober hat das System der „Schutzhaft“ nicht aufgehoben.

Im März leitete ein Staatsanwalt eine Untersuchung zu den Vorwürfen von Push-Backs an der griechisch-türkischen Landgrenze ein. Solche Push-Backs, auch von türkischen Asylbewerbern, wurden das ganze Jahr über fortgesetzt. Eine ähnliche Untersuchung des griechischen Bürgerbeauftragten im Jahr 2018 hat noch keine Ergebnisse erbracht.

Im Juni änderte die Regierung das Strafgesetz, um Vergewaltigung als Geschlechtsverkehr ohne vorherige Einwilligung zu definieren. Diese Änderung erfolgte, nachdem es zu massiver Kritik an einem Entwurf gekommen war, in dem eine solche Definition nicht vorgesehen war.

In einem Bericht vom Juli stellte der Bürgerbeauftragte fest, dass Menschen mit Behinderungen nur begrenzt Zugang zu öffentlichen Räumen, staatlichen Dienstleistungen und Verkehrsmitteln haben, am Arbeitsplatz diskriminiert werden und Schwierigkeiten beim Zugang zu Bildung haben. In einem Bericht vom September kritisierte der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen die Behandlung von Asylbewerbern und Flüchtlingen mit Behinderungen durch Griechenland. Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter hat im Februar einen Bericht veröffentlicht, in dem er seine Besorgnis über die unmenschliche und erniedrigende Behandlung in psychiatrischen Einrichtungen und Haftanstalten für Migranten zum Ausdruck brachte.

Großbritannien

Der geplante Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) hat die demokratischen Institutionen belastet und die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit gefährdet.

Im September wurde die Regierung vom Parlament gezwungen, ein wichtiges Planungsdokument zu veröffentlichen, das die möglichen Auswirkungen eines Ausstiegs Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen (bekannt als „No-Deal“ Brexit) beschreibt. Die Veröffentlichung warf ernsthafte Menschenrechtsbedenken auf, unter anderem im Zusammenhang mit dem Zugang zu angemessener Nahrung und Medikamenten, dem Kraftstoffmangel, dem Ausfall der sozialen Betreuung älterer Menschen und Menschen mit Behinderungen, möglichen sozialen Unruhen und dem Risiko einer verstärkten Tätigkeit von Dissidenten in Nordirland. Die Regierung akzeptierte, dass ein „No Deal Brexit“ die wirtschaftlich schwachen und marginalisierten Gruppen am härtesten treffen würde.

Im September entschied der Oberste Gerichtshof, dass die fünfwöchige Suspendierung des Parlaments durch die Regierung Anfang September rechtswidrig war, was zu einer Wiedereinberufung des Parlaments führte. Die Regierung war durch das im September vom Parlament verabschiedete Gesetz gezwungen, eine Verlängerung der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens zu beantragen, um einen ungeordneten Austritt zu verhindern. Regierungsquellen kritisierten das Urteil des Obersten Gerichtshofs und drohten, das verbindliche Gesetz zu ignorieren, das einen Antrag auf Verlängerung verlangt.

Die Verlängerung wurde von den übrigen Mitgliedstaaten gewährt. Bei Redaktionsschluss war der neue Zeitpunkt für den Brexit Ende Januar 2020. Im November wurde das Parlament aufgelöst, nachdem die Oppositionsparteien einer Neuwahl im Dezember 2019 zugestimmt hatten (die bei Redaktionsschluss noch nicht stattgefunden hatte). Im Mai veröffentlichte der UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut einen Bericht über die unverhältnismäßig negativen Auswirkungen von öffentlichen Einsparungen bei der Umstrukturierung der Sozialversicherung auf die Rechte von Frauen, Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen, die ein geringes Einkommen haben.

Die Abhängigkeit von der Nahrungsmittelsoforthilfe stieg an. Das größte Wohltätigkeitsnetzwerk des Landes, der Trussell Trust, berichtete, dass es 1,6 Millionen Pakete mit einer dreitägigen Notfallversorgung mit Lebensmitteln im ganzen Land verteilt hat. Das Independent Food Aid Network berichtete, dass bei Redaktionsschluss mindestens 819 unabhängige Zentren ebenfalls Nahrungsmittelhilfen verteilt hatten. Großbritannien inhaftierte weiterhin Kinder von Asylbewerbern und Migrantenkinder.

Im Oktober trat ein vom britischen Parlament verabschiedetes Gesetz zur Entkriminalisierung von Abtreibungen und zur Gewährleistung der Ehegleichstellung in Nordirland im Jahr 2020 in Kraft. Die nordirische Regierung hatte nach ihrer Aussetzung im Januar 2017 nicht rechtzeitig wieder zusammengefunden. Mehr als zwei Jahre nach dem tödlichen Brand im Grenfell Tower in London, bei dem 71 Menschen ums Leben gekommen waren, wurden nur wenige für die Todesfälle oder das Feuer zur Rechenschaft gezogen. Im Oktober wurden die Ergebnisse der ersten Phase der öffentlichen Untersuchung des Brandes veröffentlicht. Das Hauptaugenmerk lag hierbei auf dem Tag, an dem das Feuer ausgebrochen war. Bei Redaktionsschluss war eine strafrechtliche Untersuchung im Gange.

Im Februar trat ein neues Gesetz zur Terrorismusbekämpfung in Kraft, das Maßnahmen umfasst, die das Betrachten von bestimmten Online-Inhalten, Auslandsreisen und die Unterstützung des Terrorismus kriminalisieren und zu Menschenrechtsverletzungen führen könnten. Die britischen Behörden übten weiterhin Befugnisse aus, um britischen Staatsangehörigen, die im Verdacht stehen, terroristische Aktivitäten zu verüben, die Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Im Juli weigerte sich die Regierung, eine gerichtliche Untersuchung über die britische Beteiligung an der von der CIA durchgeführten Folter und Geheimhaft einzuleiten. Bei Redaktionsschluss war niemand in Großbritannien wegen einer Straftat im Zusammenhang mit diesen Menschenrechtsverletzungen angeklagt worden. Im November fand eine Medienuntersuchung Beweise für eine Vertuschung von mutmaßlichen Kriegsverbrechen britischer Streitkräfte im Irak und in Afghanistan durch die britischen Behörden.

Italien

Es kam es zu mindestens 15 Zusammenstößen auf dem Meer, da die italienischen Behörden den Schiffen von Nichtregierungsorganisationen die Erlaubnis verweigerten, auf See gerettete Menschen von Bord gehen zu lassen. Im Juni setzte der damalige Innenminister Matteo Salvini einen Regierungserlass durch, der im August vom Parlament in ein Gesetz umgewandelt wurde und es Italien erlaubt, NGOs die Genehmigung zur Einreise in Hoheitsgewässer zu verweigern, Schiffe zu beschlagnahmen und deren Eigeneigentümern Geldbußen aufzuerlegen. Die neue Regierung Italiens, die seit September im Amt ist, kündigte an, den Erlass reformieren zu wollen.

Bis Mitte November erreichten 9.942 Menschen Italien auf dem Seeweg, ein Rückgang von 55 Prozent gegenüber 2018 laut UNHCR.

Durch Regierungserlasse wurden im August ein beschleunigtes Asylverfahren an der Grenze und im Oktober eine Liste von 13 vermeintlich sicheren Herkunftsländern eingeführt. Bei Staatsangehörigen dieser Länder wird nun davon ausgegangen, dass sie keinerlei Schutz benötigen.  

Offizielle Statistiken zeigen, dass die Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um über 50 Prozent zurückgegangen sind. In den ersten sechs Monaten des Jahres lagen die Ablehnungsquoten bei rund 80 Prozent und damit deutlich über den 58 Prozent im Jahr 2017. Dies ist vor allem auf die Abschaffung der humanitären Aufenthaltserlaubnis Ende 2018 zurückzuführen.

 

Im August äußerte die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR) ihre tiefe Besorgnis über die Zunahme von Intoleranz, Rassen- und Religionshass und Fremdenfeindlichkeit sowie über die Rolle der politischen Führer und Regierungsmitglieder, die solche Phänomene dulden oder sogar fördern. Die italienische NGO Lunaria meldete für 2018 einen deutlichen Anstieg der rassistischen Gewaltverbrechen: 126 Fälle im Vergleich zu 46 im Jahr 2017.

Im August trat ein Gesetz zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt in Kraft. Das Gesetz erhöht die Haftstrafen für Sexualverbrechen und häusliche Gewalt, kriminalisiert Zwangsehen und verlangt, dass sich Strafverfolger innerhalb von drei Tagen mit jedem treffen, der einen Fall von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt bei der Polizei meldet.

Kroatien

Nach Angaben des kroatischen Innenministeriums wurden in den ersten acht Monaten des Jahres 2019 11.813 neue Migranten und Asylbewerber vor allem aus Afghanistan, Pakistan und der Türkei registriert, ein Anstieg von mehr als 8.600 im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2018. Im gleichen Zeitraum beantragten 974 Personen Asyl und die Behörden genehmigten 71 Asylanträge, davon 13 Anträge aus dem Jahr 2018.

Kroatien berichtete, dass es in den ersten 8 Monaten des Jahres 9.487 Personen an seinen Grenzen abgewiesen hat. Trotz glaubwürdiger Berichte im Laufe des Jahres über illegale und gewalttätige Push-Backs von Migranten durch die kroatische Polizei nach Bosnien und Serbien, die gegen die EU-Flüchtlings- und Menschenrechtsgesetze verstoßen, sah sich Kroatien keinen Konsequenzen durch EU-Institutionen ausgesetzt. Die kroatische Präsidentin bestätigte im Dezember 2018 im Schweizer Fernsehen, dass manchmal Gewalt angewendet wird, zog aber später ihre Äußerungen zurück.

Trotz der konsequenten Empfehlungen internationaler Gremien an Kroatien, die gemeindebasierte Unterstützung für alle Menschen mit Behinderungen, die sich derzeit in Institutionen befinden, zu erleichtern, hat Kroatien an Plänen festgehalten, Erwachsene mit Behinderungen in Pflegeeinrichtungen zu vermitteln. Im Dezember 2018 wurde ein entsprechender Gesetzentwurf veröffentlicht. Im Januar 2019 teilte das Ministerium für Sozialpolitik mit, dass 4.216 Erwachsene in 1.481 Pflegefamilien untergebracht waren.

Im Juli 2019 ratifizierte Kroatien die Safe Schools Declaration, in der es sich verpflichtete, auf die militärische Nutzung von Schulgebäuden in Kriegen zu verzichten. Nach Angaben der Ombudsfrau für Kinder waren Roma-Kinder 2019 die am meisten benachteiligte Gruppe mit eingeschränktem Zugang zu Versorgungsleistungen.

Im Januar befand ein europaweites, von Universitäten geleitetes Holocaust-Gedächtnisprojekt den historischen Revisionismus in Kroatien für einen der ausgeprägtesten in der ganzen Europäischen Union.

In einem Jahr, in dem mehrere gewalttätige Angriffe auf kroatische Serben verübt wurden, äußerten sich die kroatische Bürgerbeauftragte und zivilgesellschaftliche Gruppen besorgt über das Klima der Intoleranz gegenüber Minderheiten.

Zwischen Januar und September 2019 registrierte die Nichtregierungsorganisation Documenta 39 Fälle von Kriegsverbrechen gegen 59 Angeklagte vor kroatischen Gerichten. Im gleichen Zeitraum wurden 15 Personen wegen Kriegsverbrechen verurteilt, darunter ein Urteil aufgrund von sexueller Gewalt.

Niederlande

Ein umstrittenes neues Gesetz zum Verbot von „gesichtsbedeckender“ Kleidung, einschließlich des Niqab und der Burka, die von einigen muslimischen Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Krankenhäusern, Rathäusern und Bildungseinrichtungen getragen werden, trat im August in Kraft. Es gab Beschwerden von öffentlichen Einrichtungen, dass das Gesetz nicht eindeutig sei. Nichtregierungsorganisationen kritisierten, dass es diskriminierende Auswirkungen auf muslimische Frauen haben würde. Einige lokale Polizeikräfte und Verkehrsbehörden sagten, sie würden der Durchsetzung des Verbots keine Priorität einräumen.

Im Laufe des Jahres äußerten der UN-Menschenrechtsausschuss, die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz und der UN-Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Religions- und Glaubensfreiheit Bedenken über die diskriminierenden Auswirkungen der Gesetzgebung und der öffentlichen Rhetorik auf religiöse Minderheiten, insbesondere auf Muslime.

Im Mai schlug die Regierung Änderungen des Gesetzes über Vergewaltigung und sexuelle Gewalt vor, um eine Einwilligungspflicht einzuführen und sexuelle Belästigung zu kriminalisieren und so das niederländische Recht mit der Istanbul-Konvention in Einklang zu bringen. Bei Redaktionsschluss war noch kein entsprechendes Gesetz verabschiedet worden.  

Die niederländischen Behörden haben weiterhin ihre Befugnisse genutzt, um Bürgern, die über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügen und die im Verdacht stehen, ins Ausland gereist zu sein, um an terroristischen Aktivitäten teilzunehmen, die niederländische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Im April hob der Staatsrat, das höchste niederländische Verwaltungsgericht, die Entscheidung jedoch wieder auf, zwei ausländischen Kämpfern die niederländische Staatsbürgerschaft zu entziehen, da die Entscheidung getroffen worden war, bevor die Gruppe, der sie angehörten, verboten wurde. Im November entschied ein Bezirksgericht in Den Haag, dass die niederländische Regierung die Rückkehr niederländischer Kinder unter 12 Jahren von IS-Verdächtigen, die in Nordsyrien in Haft sitzen, sicherstellen sollte. Die Regierung kündigte an, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen.

Im April teilte die Regierung dem Parlament mit, dass sie beabsichtigt, das Verfahren zu vereinfachen, mit dem erwachsene Transgender-Personen ihr eingetragenes Geschlecht auf ihrer Geburtsurkunde ändern können. Ebenso beabsichtigt die Regierung, Kindern im Alter von 16 Jahren oder darunter zu ermöglichen, vor Gericht eine Änderung ihrer Geschlechtszugehörigkeit zu beantragen, was derzeit nicht zulässig ist. Bei Redaktionsschluss waren noch keine entsprechenden Rechtsvorschriften erlassen worden.

Im Februar beendete die Regierung eine seit 2012 geltende Richtlinie, die es Kindern von Asylsuchenden und unbegleiteten, undokumentierten Kindern, die seit mehr als fünf Jahren im Land leben, erlaubt, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Die Regierung hat sich jedoch bereit erklärt, die Anträge der 600-700 Kinder in den Niederlanden zu prüfen, die unter diese Regelung fallen.

Polen

Die Angriffe der Regierung auf die Justiz des Landes wurden 2019 fortgesetzt.

Richter und Staatsanwälte wurden Opfer willkürlicher Disziplinarverfahren, weil sie sich für die Rechtsstaatlichkeit eingesetzt und sich gegen problematische Justizreformen, die einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz bedeuteten, ausgesprochen hatten. Die im September 2018 eingerichtete Disziplinarbehörde hat diverse Verfahren gegen Richter und Staatsanwälte eingeleitet. Die Europäische Kommission hat im April wegen der Disziplinarverfahren gegen Richter rechtliche Schritte gegen Polen eingeleitet.

Im Mai verhaftete die Polizei die Menschenrechtsaktivistin Elzbieta Podestà wegen eines Bildes einer religiösen Ikone mit Regenbogenheiligenschein. Ihr wurde Beleidigung religiöser Gefühle vorgeworfen, ihr Handy, ihr Laptop und ihre Speicherkarten wurden beschlagnahmt. Die Ermittlungen in diesem Fall waren bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.

Im Juni äußerte die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovic, Bedenken hinsichtlich entlassener, ersetzter oder degradierter Richter und Staatsanwälte. Sie forderte die polnischen Behörden auf, „sicherzustellen, dass Disziplinarverfahren nicht instrumentalisiert werden.“

Richter und Staatsanwälte wurden im Laufe des Jahres regelmäßig von Regierungsbeamten und regierungsnahen Medien diskreditiert und verleumdet.

Im Juni entschied der EU-Gerichtshof über ein polnisches Gesetz aus dem Jahr 2018, welches das Rentenalter für Richter des Obersten Gerichtshofs des Landes herabsetzte. Dieses Gesetz hätte einige Richter aus ihrem Amt gedrängt und gegen EU-Recht verstoßen. Die Regierung hatte das Gesetz bereits im Dezember 2018 bis zum Urteil des EU-Gerichtshofs ausgesetzt.   

Im November entschied der EU-Gerichtshof in einem von den polnischen Gerichten verwiesenen Fall, dass die neue Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs Polens nur dann für die Entscheidung über Ruhestandsfälle von Richtern zuständig sein kann, wenn ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleistet sind.

Eine vom Parlament verabschiedete Änderung des Strafgesetzes würde die „Förderung“ oder „Zustimmung“ bezüglich sexueller Aktivitäten von Minderjährigen kriminalisieren. Lehrer und Sexualpädagogen wären somit dem Risiko einer Festnahme ausgesetzt. Zudem wäre das Recht von Kindern auf Gesundheitsinformationen und gesundheitliche Versorgung eingeschränkt.  

Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Fragen im Zusammenhang mit Asyl und Migration, Frauenrechten oder den Rechten von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender (LGBT) Menschen befassen, wurden häufig keine öffentlichen Mittel gewährt.

Im Laufe des Jahres rückten LGBT-Personen in den Fokus homophober Angriffe der Regierung und der regierenden Partei. Im Juli führten mindestens 30 Städte und Provinzen in Polen sog. „LGBT-freie Zonen“ ein. Die regierungsfreundliche Zeitung Gazeta Polska verteilte in ihren Ausgaben Sticker mit der Aufschrift „LGBT-freie Zone“. Ein Warschauer Bezirksgericht ordnete im Juli die unverzügliche Einstellung der Verteilung der Aufkleber an, bis das Ergebnis einer Anfechtungsklage durch einen Rechtsaktivisten vorliegt.

Polens Beauftragter für Bürgerrechte Adam Bodnar wurde von regierungsfreundlichen Medien und Beamten öffentlich verunglimpft, weil er sich für die Menschenrechte eines Verdächtigen in einem Mordfall eingesetzt hatte.

Die Push-Backs von Asylbewerbern, die vor allem aus der russischen Republik Tschetschenien und Zentralasien stammten, nach Weißrussland wurden fortgesetzt, wobei das Urteil eines polnischen Gerichts aus dem Jahr 2018, das eine Einstellung dieser Praxis forderte, nur inkonsequent umgesetzt wurde.  

Im August forderte der Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Rassendiskriminierung Polen auf, Hassreden in den Medien zu verhindern und Maßnahmen gegen Websites zu ergreifen, die Rassenhass fördern.

Der UN-Ausschuss gegen Folter forderte die polnischen Behörden im August auf, den Opfern häuslicher Gewalt einen angemessenen Schutz zu bieten und die Entkriminalisierung von Abtreibungen in Betracht zu ziehen.

Spanien

Die Parlamentswahlen im April und die erneuten Wahlen im November brachten keiner Partei genügend Stimmen für eine Regierungsbildung ein.

Laut UNHCR waren bis Mitte November 22.400 Menschen auf dem Seeweg in Spanien angekommen, ein Rückgang von 62 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, der aus der verstärkten Zusammenarbeit mit Marokko resultiert. Die Landankünfte in Ceuta und Melilla, den spanischen Enklaven an der nordafrikanischen Küste, gingen 2018 um 23 Prozent zurück.

In einem Bericht vom März sagte die Internationale Organisation für Migration (IOM), dass fast die Hälfte der 2018 befragten 1.300 Migranten und Flüchtlinge in Spanien auf ihrer Fluchtroute Opfer von Ausbeutung und Missbrauch geworden war, die meisten davon in Marokko.

Im Februar sagte der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes, dass Spaniens Rückführung eines unbegleiteten malischen Jungen von Melilla nach Marokko 2014 rechtswidrig war. Derartige Rückführungen werden weiterhin durchgeführt und stehen weiterhin im Einklang mit einem umstrittenen spanischen Gesetz von 2015. Im Oktober stellte ein Richter aus Ceuta das Verfahren gegen 16 Beamte der Guardia Civil im Zusammenhang mit dem Tod von 14 Personen an der Grenze im Februar 2014 aufgrund eines Formfehlers ein. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte etwas mehr als einen Monat nach Anordnung einer Strafverfolgung gegen die Beamten.

Im Juni verurteilte der Oberste Gerichtshof fünf Männer wegen der Gruppenvergewaltigung einer Frau in Pamplona im Jahr 2016. Der Gerichtshof hob damit die Verurteilung der Männer durch ein niederes Gericht im Jahr 2018 wegen geringerer Vorwürfe auf und verurteilte sie nun zu 15 Jahren Haft. Im November verurteilte ein Gericht in Barcelona eine weitere Gruppe von fünf Männern wegen sexuellen Missbrauchs statt Vergewaltigung, weil keine Gewalt oder Einschüchterung angewendet worden war, da das 14-jährige Opfer bewusstlos gewesen war. Die Fälle führten zu Protesten und die Regierung verpflichtete sich, mögliche Änderungen des Strafrechts zu prüfen. Bislang wurden keine entsprechenden Gesetzesänderungen vorgenommen.

Im Oktober verurteilte der Oberste Gerichtshof 9 unabhängige katalanische Politiker und Aktivisten wegen Volksverhetzung und verurteilte sie zu 9 bis 13 Jahren für gewaltfreie Handlungen im Zusammenhang mit dem Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens im Jahr 2017. Das Referendum war zuvor von spanischen Gerichten als illegal eingestuft worden. Vier der Betroffenen wurden wegen Missbrauchs öffentlicher Gelder verurteilt. Alle wurden vom Vorwurf der Rebellion freigesprochen. Drei weitere Politiker wurden wegen Ordnungswidrigkeiten verurteilt und mit einer Geldstrafe belegt. Im Juni sagte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung, dass die Inhaftierung von drei Angeklagten während des Prozesses deren Rechte verletzt habe. 

Im Mai äußerte der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen seine Besorgnis über die Unterbringung von Menschen mit Behinderungen in Institutionen, die Anwendung von Zwängen und das Risiko von Gewalt in Institutionen, die Zwangssterilisationen und Abtreibungen von Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowie das Versäumnis, allen Menschen mit Behinderungen die volle Rechtsfähigkeit zu garantieren.

Im Mai stellte der UN-Menschenrechtsausschuss fest, dass die spanischen Behörden für die Folterung eines baskischen Separatisten im Jahr 2007 verantwortlich sind. Der Ausschuss forderte Spanien zum vierten Mal seit 2009 auf, die Isolationshaft abzuschaffen, um Folter und grausame Behandlung zu verhindern.

Ungarn

Die ungarische Regierung hat den Abbau der demokratischen Institutionen und der Rechtsstaatlichkeit fortgesetzt.

Im November schlug die Regierung Änderungen an den Verwaltungsgerichten vor, die es den staatlichen Institutionen ermöglichen würden, ungünstige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte beim Verfassungsgericht anzufechten, wo die Mehrheit der Richter der regierenden Partei nahesteht. Dies könnte Themen wie Korruption, Wahlen und polizeiliches Verhalten betreffen. Die Maßnahmen lagen bei Redaktionsschluss dem Parlament vor und sollen im Dezember verabschiedet werden.

Der Schritt folgt einem erfolglosen Versuch der Regierung, ein neues Verwaltungsgerichtssystem unter Aufsicht des Justizministeriums einzuführen. Eine entsprechende Gesetzesänderung war im Dezember 2018 vom ungarischen Parlament verabschiedet worden. Im Mai 2019 wurde sie jedoch durch die EU und die Venedig-Kommission des Europarates aufgrund der mangelnden Kompetenzabgrenzung wieder aufgehoben.

Im Juni erneuerte die Regierung ihre Angriffe auf die akademische Freiheit, indem sie ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz einführte, das die staatliche Kontrolle über die Akademie der Wissenschaften, Ungarns größte und älteste akademische Institution, verstärkt. Das Gesetz gibt der Regierung mehr Einfluss auf die wissenschaftliche Forschung und Finanzierung.

Die ungarischen Behörden haben die Zahl der Asylbewerber, die an den Grenzübergängen einreisen dürfen, weiterhin auf ein oder zwei Familien pro Woche beschränkt, so dass Tausende von Asylbewerbern in Serbien unter schlechten Bedingungen festsaßen. Nach Schätzungen des UNHCR wurden bis Anfang September mehr als 300 Personen in den beiden Transitzonen festgehalten, darunter etwa 170 Kinder. Push-Backs nach Serbien gaben weiterhin Anlass zur Sorge.

Im Februar nahm die Regierung ihre Politik der Lebensmittelverweigerung für abgelehnte Asylbewerber in den Transitzonen an der ungarischen Grenze zu Serbien wieder auf. Bis August hatte das Ungarische Helsinki Komitee, eine zivilgesellschaftliche Organisation, Soforteinsätze im Namen von 27 Asylbewerbern, denen Lebensmittel verweigert wurden, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht. Dieser ordnete an, dass die Regierung in allen Fällen die Lebensmittelverteilung wieder aufnehmen müsse. Die Regierung setzte die Entscheidungen des Gerichtshofs in jedem der Fälle um.

Im Juli leitete die Europäische Kommission wegen dieser Praktiken rechtliche Schritte gegen Ungarn ein und verwies den Europäischen Gerichtshof auf das ungarische Gesetz aus dem Jahr 2018, durch das die Unterstützung von Asylbewerbern durch Nichtregierungsorganisationen kriminalisiert wurde. Die Kommission hat den Fall im Oktober eskaliert. Ebenfalls im Oktober entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Entscheidung der Regierung im Jahr 2015, einem Journalisten den Zugang zu einem Flüchtlingsaufnahmezentrum zu verweigern, gegen die Medienfreiheit verstieß.

Im März wurde Fidesz von der Europäischen Volkspartei (EVP), der wichtigsten mitte-rechtsgerichteten europäischen Parteienfamilie, wegen Verletzung der Werte der Fraktion in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte suspendiert, durfte aber weiterhin Mitglied der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament bleiben. Bei Redaktionsschluss war eine interne Untersuchung im Gange.

Der Medienpluralismus nahm weiter ab, wobei immer mehr Medienkanäle eine regierungsfreundliche Linie befürworteten, entweder weil der jeweilige Kanal einer regierungsnahen Person gehörte oder als Folge der direkten Einflussnahme durch die Regierung. Im Dezember 2018 fusionierten fast 500 Medien zu einem regierungstreuen Konglomerat und behinderten damit den Medienpluralismus im Land erheblich. Regierungsfreundliche Medien verleumdeten weiter kritische Journalisten und andere Medien.

Die Regierung hat die Istanbul-Konvention noch nicht ratifiziert. Ein ungarischer Minister bezeichnete die Konvention im Juli als „politische Hysterie“. Es gibt keine zuverlässigen Statistiken über häusliche Gewalt im Land.

Laut der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte werden Roma in den Bereichen Wohnen, Bildung und Gesundheitswesen weiterhin diskriminiert.

EU-Außenpolitik

Im Jahr 2019 wurden das Völkerrecht, völkerrechtliche Organe und Mechanismen zunehmend von mächtigen Ländern wie den Vereinigten Staaten, Russland und China angegriffen. Trotzdem blieb die Europäische Union trotz interner Spaltungen und des Widerstands einzelner EU-Mitglieder, die manchmal zu abgeschwächten Positionen führten oder EU-Doppelstandards aufzeigten, ein entschiedener Verfechter des Multilateralismus und einer regelbasierten Weltordnung.

Die Einstimmigkeitsregel in der EU-Außenpolitik erwies sich zeitweise als unüberwindbares Hindernis. Doch gelegentlich wurden kreative Lösungen gefunden. So wurden beispielsweise Reiseverbote in den 26 Staaten des Schengen-Raums gegen saudische Beamte verhängt, die als Beteiligte an der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi gelten. 27 der 28 EU-Mitgliedstaaten gaben im UN-Sicherheitsrat eine kritische Erklärung zu Menschenrechtsverletzungen Israels ab und umgingen Ungarns Versuch, in letzter Minute gegen diese Bemühungen sein Veto einzulegen.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten spielten eine wichtige Rolle im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und förderten und unterstützten die Annahme von Resolutionen zur Einsetzung oder Verlängerung von Untersuchungskommissionen und anderen unabhängigen Überwachungen von Menschenrechtskrisen in einer Vielzahl unterschiedlichster Länder wie der Demokratischen Republik Kongo, den Philippinen, Myanmar, Venezuela, Burundi, Jemen, Syrien, Südsudan, Weißrussland und Kambodscha.

Sowohl vor als auch nach den Wahlen im Mai 2019 spielte das Europäische Parlament eine wichtige Rolle sowohl in seiner bilateralen Diplomatie mit Drittländern als auch bei der Aufforderung an die EU-Institutionen und -Regierungen, geeignete Maßnahmen als Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen weltweit zu ergreifen. Das Parlament zeichnete sich damit als wohl fortschrittlichstes Organ der EU aus.

Zu den bemerkenswertesten Beispielen gehörten: die Forderungen des EU-Parlaments nach gezielten Sanktionen gegen chinesische Beamte, die für die Massenhaft von Uiguren und anderen turkstämmigen Muslimen in Xinjiang verantwortlich sind; die Verleihung des renommierten Sacharow-Preises an den uighurischen Wissenschaftler Ilham Tohti; eine Dringlichkeitsentschließung zu Myanmar, in der innovative Initiativen zur Durchsetzung der Rechenschaftspflicht für Gräueltaten gegen die Rohingya unterstützt werden, wie die Einleitung eines Verfahrens gegen Myanmars mögliche Verletzung der UN-Völkermordkonvention vor dem Internationalen Gerichtshof; und die Forderung nach einer dringend erforderlichen „tiefgreifenden und umfassenden Überprüfung“ der Beziehungen der EU zu Ägypten als Reaktion auf die anhaltende Unterdrückung von Kritik und schweren Menschenrechtsverletzungen, die bislang ungestraft geblieben sind.

Trotz einer insgesamt guten Bilanz löste das EU-Parlament auch Kontroversen aus, unter anderem indem es grünes Licht für die EU-Handelsverträge mit Marokko, zu denen auch die besetzte Westsahara gehört, gab und eine Entschließung ablehnte, in der die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert worden wären, die Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeerraum wieder aufzunehmen.

Die Auslagerung der Migration blieb einer der wichtigsten Aspekte der EU-Außenpolitik. Sie wird weitgehend über einen nicht rechenschaftspflichtigen Treuhandfonds abgewickelt, der hauptsächlich auf die Stärkung der Grenzkontrollen in den Ländern der Sahelzone, des Horns von Afrika und Nordafrika abzielt. Der Umgang der EU mit Migranten wurde zunehmend genutzt, um die Argumente der EU bei Menschenrechtsdialogen mit Drittländern zu widerlegen. Autoritären Führern wie dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi wurde durch diesen Umgang ermöglicht, die EU-Institutionen unter Druck zu setzen.

Die an Handelspräferenzen geknüpften Menschenrechtsbedingungen und der zollfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt blieben wichtige Druckinstrumente. Im Februar leitete die Europäische Kommission ein Verfahren ein, um die Handelspräferenzen Kambodschas ganz oder teilweise auszusetzen, nachdem Ministerpräsident Hun Sen gezögert hatte, sein Vorgehen gegen die politische Opposition des Landes und die grundlegenden Menschenrechte, wie sie im Völkerrecht verankert sind, zu ändern.

Länder wie Myanmar, Bangladesch und Sri Lanka stehen weiterhin unter genauer Beobachtung und riskieren ähnliche Konsequenzen. Unterdessen haben die Europäische Kommission und der Europäische Rat den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit Vietnam beschleunigt, obwohl sich die schweren Menschenrechtsverletzungen im Land noch verschärft haben.

Als Reaktion auf anhaltende schwere Menschenrechtsverletzungen unter anderem in Burundi, Venezuela, Syrien, Myanmar, Iran und der Ostukraine hielt die EU an gezielten Sanktionen gegen die verantwortlichen Einzelpersonen und Institutionen fest, darunter Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten. Die EU hielt auch an Embargos für Waffen und/oder Ausrüstung fest, die zur Unterdrückung der Bürger in einer Reihe von Ländern wie China, Myanmar und Sudan verwendet werden können.

Im Oktober haben die EU-Mitgliedstaaten ihren jüngsten Rechtsrahmen für gezielte Sanktionen gegen Personen und Einrichtungen, die für Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua verantwortlich sind, festgelegt. Bei Redaktionsschluss war jedoch noch niemand aufgeführt. Die EU-Mitgliedstaaten setzten ihre Beratungen über die Annahme eines „globalen EU-Menschenrechtssanktionssystems“ fort, das es der EU ermöglichen würde, gezielt gegen Personen und Einrichtungen, die für schwere Verstöße gegen die internationalen Menschenrechte und das Völkerrecht verantwortlich sind, vorzugehen, ohne hierfür länderspezifische Sanktionssysteme einzuführen.