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Griechenland: Abschiebung und Verhaftung von Migranten

Transport von Migranten in Norden erhöht Gefahr der Abschiebung in Türkei

Die griechischen Behörden verhaften zahlreiche Migranten und Asylsuchende in den Städten und auf den Inseln des Landes. Viele von ihnen werden in den Norden gebracht, was Befürchtungen einer möglichen Abschiebung in die Türkei verstärkt.

Zuverlässigen Berichten zufolge haben Polizisten Mitte Juli eine Gruppe arabisch sprechender Personen von der Chios Insel in die Evros Grenzregion gebracht, wo sie heimlich gezwungen wurden, die Grenze zur Türkei zu überqueren. Am 23. Juli haben lokale Menschenrechtsverteidiger die Behörden davon abgehalten, 63 Migranten von der Insel Lesbos in den Norden zu bringen, indem sie den Zugang zur Fähre blockiert haben. Am 25. Juli hat die Polizei die meisten dieser Migranten, von einer schweren Polizeieskorte bewacht, nach Athen gebracht.

„Diese Aktivitäten und Transporte sind sehr besorgniserregend“, so Bill Frelick, Direktor der Flüchtlingsabteilung von Human Rights Watch. „Wir befürchten, dass Menschen davon abgehalten werden, Asyl zu suchen, dass unbegleitete Kinder nicht geschützt werden und dass Migranten unter unzumutbaren Bedingungen festgehalten und möglicherweise sogar heimlich in die Türkei ausgewiesen werden.“

In einem groß angelegten Polizeieinsatz vom 16. bis 18. Juli in Athen haben Polizisten einige hundert Migranten eingekesselt und sie in einem verlassenen Gerichtshof eingeschlossen. Die Polizei verhaftete jeden, der das Gebäude verlassen wollte. Es wird befürchtet, dass einige von ihnen Schutz benötigen und nicht die Möglichkeit hatten, einen Antrag auf Asyl einzureichen. Die Polizei hat Human Rights Watch davon abgehalten, mit den Menschen im Gebäude Kontakt aufzunehmen. Deshalb sind Human Rights Watch die Aufenthaltsorte der Personen nicht bekannt, die verhaftet wurden, als sie das Gebäude verlassen wollten.

In dem im November 2008 erschienen Bericht „Stuck in a Revolving Door: Iraqis and Other Asylum Seekers and Migrants at the Greece/Turkey Entrance to the European Union,“ berichtete Human Rights Watch, wie griechische Behörden systematisch Migranten illegal über die griechisch-türkische Grenze geschickt und somit internationale Verpflichtungen missachtet haben. Diese „Abschiebungen“ finden nachts statt, aus Internierungseinrichtungen im Norden des Landes in der Nähe der türkischen Grenze, und erfordern erhebliche logistische Vorbereitung. Zu dieser Zeit hat Human Rights Watch mit 41 Asylsuchenden und Flüchtlingen – privat und vertraulich – an unterschiedlichen Orten in Griechenland und der Türkei gesprochen. Sie überlieferten übereinstimmende Berichte davon, wie die griechischen Behörden sie nachts zum Fluss Evros gebracht und sie dann dazu gezwungen hatten, diesen zu überqueren.

Human Rights Watch hat zudem dokumentiert, dass die griechischen Behörden unbegleitete Kinder als erwachsene Migranten eingestuft haben. Die Kinder wurden längere Zeit unter unmenschlichen und entwürdigenden Umständen festgehalten.(Bericht von Dezember 2008 „Left to Survive: Systematic Failure to Protect Unaccompanied Migrant Children in Greece.“)

In einem weiteren Vorfall am 12. Juli haben Polizisten ein provisorisches Lager von Migranten in Patras, einer kleinen Stadt auf der Peloponnesischen Halbinsel, zerstört. Bevor das Lager zerstört wurde, hatte die Polizei eine große Anzahl dort ansässiger Migranten verhaftet und Berichten zufolge eine unbekannte Anzahl in den Norden des Landes gebracht. Am 17. Juli hat sich Human Rights Watch mit afghanischen Flüchltingen in Patras getroffen, unter anderem mit zwölf unbegleiteten Kindern, die auf Grund der Zerstörungen obdachlos geworden waren und unter entsetzlichen Bedingungen untergetaucht sind, aus Angst vor einer Verhaftung.

Ein 24-jähriger Mann berichtete Human Rights Watch: „Wir leben wie die Tiere im Urwald…Wir können nicht duschen und wir haben kein ordentliches Essen…all meine Sachen und meine Kleidung wurden verbrannt. Jetzt habe ich ein Hemd und eine Hose, nicht mehr.“

Ein 14-jähriger afghanischer Junge, der ein Jahr früher in Griechenland angekommen ist, berichtete: „Dies sind die schlimmsten Bedingungen während der letzten Jahre, hier in
Patras - jetzt, wo ich in diesem Wald lebe….Es gibt nicht genug zu essen und wenn es was gibt, dann nur Brot und Wasser.“

Human Rights Watch beobachtete, wie sich am 17. Juli mehr als 1.000 Migranten vergeblich die ganze Nacht angestellt haben, in der Hoffnung einen Asylantrag bei der zentralen Polizeistation in Athen stellen zu können. Griechenland erkennt 0.05% der Asylbewerber bei ihrem ersten Gespräch als Flüchtlinge an und verabschiedete Ende Juni ein Gesetz, wodurch ein wichtiges Berufungsverfahren abgeschafft wurde und wodruch es nun nahezu unmöglich ist, den Flüchtlingsstatus zu erhalten. Zudem hat Griechenland die maximale Länge der Verwaltungshaft für Migranten auf zwölf Monate, unter bestimmten Umständen sogar auf bis zu 18 Monaten, verlängert – davor waren 90 Tage erlaubt.

„Offenbar unternimmt Griechenland alles Mögliche, um Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, die Tür zu verschließen, egal wie gefährdet sie sind“, so Frelick. „Die Europäische Union muss Griechenland für Handlungen, die international und europäisch festgelegte Menschen- und Flüchtlingsrechte verletzen, zur Verantwortung ziehen und schnell handeln, denn das Leben vieler Menschen ist bedroht.“

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