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(Port Moresby, 1. September 2005) – Die Polizei von Papua-Neuguinea misshandelt, vergewaltigt und foltert Verhaftete – darunter viele Kinder, so Human Rights Watch in einem neuen Bericht. Die internationale Menschenrechtsorganisation forderte die Regierung von Papua-Neuguinea auf, den Gewalttätigkeiten durch die Sicherheitskräfte des Landes Einhalt zu gebieten

Der Bericht mit dem Titel „Making Their Own Rules – Police Beatings, Rape, and Torture of Children in Papua New Guinea“ [Sie machen ihre eigenen Vorschriften – Polizei schlägt, vergewaltigt und foltert Kinder in Papua-Neuguinea] umfasst 124 Seiten und zeigt Fälle von Jungen und Mädchen auf, die von der Polizei durch Schüsse und Messerstiche verletzt, getreten und mit Pistolengriffen, Eisenstangen, Holzstäben, Fäusten, Gummischläuchen und Stühlen geschlagen wurden. Einige seien gezwungen worden, Kondome zu kauen und zu schlucken. Augenzeugen berichteten gegenüber Human Rights Watch von Gruppenvergewaltigungen in Polizeiwachen, -fahrzeugen, -unterkünften und anderen Orten. Außerdem würden Kinder ständig mit Erwachsenen zusammen in schmutzige Polizeizellen gesperrt, ohne medizinische Betreuung.

„Bei der Polizei Papua-Neuguineas gehört brutalste körperliche Gewalt zur Tagesordnung“, so Zama Coursen-Neff, Mitarbeiterin der Abteilung für Kinderrechte von Human Rights Watch. „Statt Erwachsene und Kinder vor Gewalt zu schützen, verübt die Polizei selbst oftmals die verabscheuungswürdigsten Gewalttätigkeiten, die man sich vorstellen kann.“

Australien ist der größte Geldgeber von Papua-Neuguinea – pro Kopf erhält Papua-Neuguinea den höchsten Betrag an australischer Entwicklungshilfe. Ein Großteil dieser Hilfe geht an die Polizeikräfte, wobei Australien jedoch die Förderung von Menschenrechten nicht zum ausdrücklichen Zweck oder zur Voraussetzung für die Unterstützung macht. Australische Beamte sagten gegenüber Human Rights Watch, dass Zuwendungen an die Polizei nicht dazu beigetragen hätten, Gewalttätigkeiten und andere Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsbeamte zu reduzieren.

Dazu Coursen-Neff: „Durch die verstärkte Zusammenarbeit Australiens mit der Polizei von Papua-Neuguinea bietet sich die Gelegenheit, die Polizeibeamten, die Kinder schlagen, vergewaltigen und misshandeln, zur Verantwortung zu ziehen. Australien sollte es nicht zulassen, dass die Menschenrechte der Kinder in Papua-Neuguinea zugunsten anderer Probleme vernachlässig werden.“

Nahezu die Hälfte der 5,6 Millionen Einwohner von Papua-Neuguinea sind Kinder. Weniger als die Hälfte der Schulpflichtigen gehen zur Schule. Die Mädchen und Jungen, die von der Schule abgeben, finden kaum bezahlte Arbeit. Die Polizei hätte es laut Human Rights Watch insbesondere auf Kinder abgesehen, von denen angenommen wird, dass sie Bandenmitglieder, Straßenverkäufer oder Sexarbeiter sind, oder auf Jungen, die an homosexuellen Handlungen beteiligt sind.

Human Rights Watch befürchtet, dass durch den Missbrauch von Sexarbeitern durch die Polizei und das Schikanieren von Menschen, die Kondome bei sich tragen, die aufkeimende AIDS-Epidemie in Papua-Neuguinea weiter angeheizt werde. Durch diese Handlungen kann die Krankheit weitergegeben werden und Leute würden davon abgehalten, Kondome bei sich zu haben. Am Rand der Gesellschaft lebende Bevölkerungsgruppen würden in den Untergrund gedrängt und hätten damit keinen Zugang zu möglicherweise lebensrettenden Informationen über HIV-Verhütung und Gesundheitseinrichtungen. Experten sind der Meinung, dass in Papua-Neuguinea mindestens 80.000 Menschen mit HIV infiziert sind, einschließlich drei bis vier Prozent der Erwachsenen in der Hauptstadt, was der höchsten Rate in der Region entspricht. „Durch die Menschenrechtsverletzungen der Polizei werden die HIV/AIDS-Vorkehrungsmaßnahmen der Regierung und staatlichen Organisationen unterminiert“, erklärte Coursen-Neff.

Das Verhalten der Polizei ist laut Human Rights Watch zur Verbrechensbekämpfung völlig ungeeignet. Die Bevölkerung hätte Angst, sich an die Polizei zu wenden, und würde davor zurückscheuen, sich an Untersuchungen zu beteiligen. Selbst aus Studien der Regierung ginge hervor, dass die Polizei zunehmend weniger effektiv arbeitet.

Eine positive Entwicklung: Die Regierung Papua-Neuguineas hat vor kurzem Jugendgerichte geschaffen und Richtlinien für Polizei und Richter erstellt, die dazu dienen sollen, dass Kinder nicht inhaftiert werden.

Hierzu Coursen-Neff: „Die neuen Jugendgerichte und Richtlinien für die Jugendgerichtsbarkeit sind erste wichtige Schritte. Sie müssen jedoch auch in die Praxis umgesetzt werden. Durch das weit verbreitete gewalttätige Verhalten der Polizei gegenüber Kindern besteht jedoch die Gefahr, dass diese begrüßenswerten Entwicklungen nichtig werden.“

Aus dem Bericht geht hervor, dass die Polizei nicht bereit und in der Lage ist, Leute aus ihren eigenen Rängen zu maßregeln. Da Zuwiderhandelnde kaum oder gar nicht bestraft würden und nur wenig Anreize für gutes Verhalten vorhanden seien, würden Schulungen die gewalttätigen Polizeitaktiken kaum verhindern. „Regierungen sind vor allem dafür verantwortlich, Kinder und andere schutzbedürftige Personen vor Gewalt zu schützen“, meinte Coursen-Neff. „Wenn es die Regierung mit dem Schutz von Kindern ernst meint, muss sie beginnen, Polizeibeamte zur Verantwortung zu ziehen.“

Human Rights Watch forderte die Regierung Papua-Neuguineas auf:

  • die Gewalttätigkeit der Polizei öffentlich zu verurteilen
  • Täter zu entlassen und strafrechtlich zu verfolgen
  • ein unabhängiges Organ einzusetzen, um die Gewalttätigkeiten der Polizei gegenüber Kindern zu überwachen
  • Human Rights Watch fordert auch Australien und andere internationale Spender dazu auf, Polizeibeamte und deren Vorgesetzte, die Verbrechen begehen, zur Rechenschaft zu ziehen. Darüber hinaus sollten andere Länder sich für die unabhängige Überwachung der Polizei durch ein externes Organ einsetzen und lokale Menschenrechtsgruppen unterstützen.

    Aussagen von Kindern:

    „Es gibt ein Zimmer, in das Leute gebracht werden, um Berichte aufzusetzen. . . [Drei Polizisten] stießen mich in den Rücken, hoben mich hoch und warfen mich auf den Boden. Sie schlugen mich mit einem Stock, ich währte die Schläge mit meinem Arm ab. Ich blutete am Kopf, weil sie mich – mit dem Kopf voraus – auf den Betonboden warfen. Das tat wirklich weh. . . . Dort nahmen sie meine Aussage auf. Ich weiß nicht, was darin stand. Ich durfte es nicht einsehen. . . Ich sagte der Polizei, „das ist das erste Mal für mich, schlagt mich nicht,“, aber sie hörten nicht auf mich.“
    - Junge, der nach seinen Angaben 14 Jahre alt ist, aber jünger aussieht,und im September 2004 wegen Diebstahls von Schuhen verhaftet wurde.

    „Die Polizisten kamen und holten die Mädchen einzeln. Es waren fünf Männer. Es waren fünf Mädchen da, so dass jeder ein Mädchen für sich hatte. Einer kam zu mir. Ich weinte und sagte, „Ihr habt mich schon geschlagen.“ . . . Derselbe Typ, der mich geschlagen hat, wollte mich fertig machen. Ich sagte, „Ihr habt mich schon verprügelt, kann ich also gehen?“ Er trat mich in den Hintern und schlug mich. Er stieß mich herum. Ich hatte eine Beule am Rücken und Verletzungen am Hintern. . . . Danach machten sie sich über die anderen vier her. Sie taten ihnen alles mögliche an. . . . Der Mond schien. Es fand auf dem Boden statt. Direkt vor mir. Ich konnte durchs Fenster schauen. Es war gewalttätig. Die anderen hatten Verletzungen, wo sie geschlagen wurden, und Blutergüsse am Hinterteil und wo sie zu Sex gezwungen wurden.“
    - Frau, die angab, selbst nicht vergewaltigt worden zu sein. Sie erzählte, wie sie auf der Landstraße in den Highlands mit ihren Freunden angehalten wurde, als sie 14 oder 15 Jahre alt war.

    „Männer jeden Alters waren in meiner Zelle. Viele davon Erwachsene. Es waren viele Leute da. . . . Ich habe sie nicht gezählt. . . . Die Zelle stank. Ich konnte in der Nacht wegen der Schmerzen nicht schlafen. Ich lehnte an der Wand. . . . Es gab keine Betten, keine Decken oder Matten. Überall war Scheiße. Insbesondere tagsüber, als die Sonne schien, stank es. Es gab eine Toilette, die dreckig war, und es gab kein Wasser. Es gab keine Medikamente. Ich konnte mich nicht mal waschen, weil es kein Wasser gab. Meine Eltern brachten Essen und Wasser von Zuhause. In der Zelle gaben sie uns am Nachmittag einen Liter Wasser und ein paar trockene Kekse.“
    -16-jähriger Junge, der im Jahr 2004 zwei Wochen lang wegen Taschendiebstahls in einem Polizeirevier eingesperrt war, der auch angab, dass er während der Befragung Brandverletzungen erlitt und sexuell erniedrigt wurde.

    Aussagen der Polizei und anderer Regierungsbeamter:

    „Warum soll ich euch schlagen, wenn ihr kooperativ seid? Manchmal wird man in den Dienst gerufen, man explodiert. . . . Leute, die Verbrechen begehen, lügen. Dann ist man frustriert, und schlägt zu“
    -Leiter eines Polizeireviers in der Provinz East Sepik, der mit der Untersuchung von Verbrechen befasst ist und der später sagte, dass die polizeilichen Richtlinien es verbieten, einen Verdächtigen während der Befragung zu schlagen, und dass die Beamten die Richtlinien befolgten.

    „Die meisten Polizisten im Nachtdienst benutzen die in Gewahrsam befindlichen Frauen und Mädchen für Sex. Unter dem Vorwand, ihre Aussage zu Protokoll zu nehmen, werden sie in Büros gebracht, wo die Polizisten auch Sex mit ihnen haben.“
    —ein Polizist in den Eastern Highlands, der mit einem mit Untersuchungen befassten UNICEF/NGO-Mitarbeiter sprach.

    „Die Disziplin bricht beinahe vollständig zusammen. . . . Das Versäumnis der Vorgesetzten, kriminelles Verhalten oder ernsthafte disziplinarische Verletzungen zu verhindern oder sich zumindest in angemessener Weise diesen Vorfällen anzunehmen, hat sich zu einer Krise ausgewachsen.“
    —“Report of the Royal Papua New Guinea Constabulary Administrative Review Committee to the Minister for Internal Security Hon. Bire Kimisopa,”[Bericht des Royal Papua New Guinea Constabulary Administrative Review Committee an den Minister für innere Sicherheit, Hon. Bire Kimisopa] September 2004, S. 37-39.

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