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Informationspolitik à la Turkmenistan

Schweigen des Außenministeriums zu Westerwelle-Reise schädigt Berlins Ruf

Veröffentlicht in: Süddeutsche Zeitung

Daniel Brösslers Artikel „In einer weit,weit entfernten Galaxie“ vom 18. November über Guido Westerwelles Reise nach Turkmenistan zeigt die bizarren und beunruhigenden Seiten dieses Landes.

Brössler war einer der wenigen Personen, die über die Reise des Außenministers vor seiner Abreise informiert wurden. Der Staat in Zentralasien hat gewaltige Energiereserven, zu denen Deutschland Zugang erhalten möchte. Zudem liegt es strategisch wichtig als Nachbar Afghanistans. Doch gleichzeitig ist es eines der Länder weltweit, in denen die Menschenrechte am stärksten verletzt werden: Die Vereinten Nationen und andere berichten von weit verbreiteter Folter, das Verschwindenlassen von Personen und die Unterdrückung aller kritischen Stimmen. All dies ist für die deutsche Öffentlichkeit von Interesse, doch das Außenministerium gab Einzelheiten der Reise erst am 16. November bekannt, Stunden nachdem Westerwelle in der Hauptstadt Aschgabat gelandet war.

Human Rights Watch und deutsche Journalisten wussten von dem Besuch mehrere Tage vor der Abreise. Doch Berlin weigerte sich, dies bis kurz nach Abflug zu bestätigen. Warum? Die Presseabteilung des Außenministeriums erklärte lediglich, dass sie Informationen dann an die Öffentlichkeit gebe, wenn sie dies für angemessen halte. Dies genügt nicht. Ich befürchte, durch diese Verschwiegenheit sollten kritische Fragen vermieden werden, ob Westerwelle während seiner Reise nicht nur Energieinteressen verfolgt, sondern auch Menschenrechtsfragen thematisiert. Die EU-Außenminister haben sich verpflichtet, sich in Turkmenistan für den Schutz der Menschenrechte einzusetzen. Damit reagierten sie auf eine Stellungnahme des Europäischen Parlaments, das sich über die erschreckende Menschenrechtsbilanz des Landes geäußert hatte und den umstrittenen Versuch der EU, die Beziehungen mit der turkmenischen Regierung aufzuwerten. Man kann streiten über den besten Weg, wie Menschenrechte mit Ländern wie Turkmenistan thematisiert werden sollen. Ich meine, dass von Anfang an konkrete Erwartungen geäußert werden sollen, wie die Lage verbessert werden kann. Dies wäre gut für den Menschenrechtsschutz in Turkmenistan, zugleich würde dies aber auch die Risiken Deutschlands verringern, wenn man mit solch einem Regime eine energiepolitische Zusammenarbeit aufbauen will.

Solch eine Debatte ist jedoch nur dann möglich, wenn Westerwelle seine Pläne öffentlich macht, und auch nur dies wird einer demokratischen Regierung gerecht. Sein offensichtlicher Versuch, kritische Diskussionen zu vermeiden, lässt die Menschen in Turkmenistan im Stich und erweist Deutschlands Ruf einen schlechten Dienst.

Hugh Williamson ist Direktor der Abteilung Europa und Zentralasien von Human Rights Watch

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