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Kimberley Prozess: Diamantenhandel mit Zimbabwe stoppen

Trotz Versprechen an Zertifikations-Gremium behält Militär Kontrolle über Diamantenfelder, erneut Berichte über Missbrauch

(Tel Aviv, 21. Juni 2010) - Die Regierung in Zimbabwe hat sich nicht an ihr Versprechen aus dem Aktionsplan im Rahmen des Kimberley-Prozess-Zertifikationssystems (KPCS) gehalten, den Missbrauch in den Diamantenfeldern zu beenden. Zimbabwe soll offiziell aus dem Kimberley-Prozess ausgeschlossen werden, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten, 16-seitigen Bericht.

Die Teilnehmer des Kimberley-Prozesses - Regierungen, die Diamantenindustrie und zivilgesellschaftliche Gruppen, die dem Handel mit Blutdiamanten unterbinden wollen - treffen sich von 21. bis 23. Juni 2010 in Israel, das dieses Jahr den Vorsitz innehat. Die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen in und um Zimbabwes Marange-Diamantenfelder sollen im Mittelpunkt der Gespräche stehen, so Human Rights Watch.

„Der Kimberley-Prozess droht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, wenn die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen ignoriert werden,", so Rona Peligal, Leiterin der Afrika-Abteilung von Human Rights Watch. „Was nützt der Kimberley-Prozess, wenn er keine konkreten Maßnahmen umsetzen kann?"

Human Rights Watch liegen neue Berichte vor, wonach Soldaten in Marange in Zwangsarbeit, Folter, Schläge und andere Schikanen involviert sind. Im vergangenen Jahr berichtete Human Rights Watch über brutale Morde und andere schwere Menschenrechtsverletzungen in Marange. Trotz der anhaltenden Verstöße gegen die Menschenrechte sprach sich der Südafrikaner Abbey Chikane, der als Beobachter des Kimberley-Prozesses die Lage vor Ort untersucht, für eine Wiederaufnahme des Handels mit Marange-Diamanten aus.

Jetzt, wo sich Zimbabwe von der selbstverschuldeten humanitären Krise erholt, könnten Einnahmen aus dem Diamantenhandel dem Land unter anderem zur Verbesserung des Bildungswesens, der Gesundheits- und Nahrungsmittelversorgung dienen. Human Rights Watch hat im Rahmen seiner Untersuchungen festgestellt, dass der Diamantenabbau so wenig reguliert ist, dass große Summen in dunkle Kanäle ins Ausland abfließen. Zimbabwes Finanzminister Tendai Biti sagte im März, dass bislang noch keine Gelder aus dem Verkauf von Marange-Diamanten in die Staatskasse geflossen seien. Durch die verstärkte Militärpräsenz hat der Diamantenschmuggel eher noch zugenommen, wovon außer einer kleinen Elite in der Partei ZANU-PF von Präsident Robert Mugabe und deren Verbündeten niemand profitiert.

Anstatt Zimbabwe aus dem Kimberley-Prozess auszuschließen, forderten die Vertragsstaaten auf ihrer letzten Vollversammlung im November 2009 im namibischen Swakopmund die Regierung dazu auf, sich an den Aktionsplan zu halten, den sie selbst eingebracht hat. Er verpflichtet Zimbabwe, sein Militär schrittweise von den Diamantenfeldern abzuziehen (ohne jedoch einen genauen Zeitrahmen zu nennen), Polizeikräfte für mehr Sicherheit vor Ort einzusetzen und dafür zu sorgen, dass ein gemeinsam von Zimbabwe und dem Kimberley-Prozess entsandter Beobachter prüft und bestätigt, dass alle Diamantenexporte aus Marange den Anforderungen des Kimberley-Prozesses entsprechen.

Seit November hat die Regierung Zimbabwes einen kleinen Teil der Marange-Diamantenfelder zwei Privatunternehmen zugewiesen, die enge Beziehungen mit hochrangigen Mitgliedern der ZANU-PF und des Militärs unterhalten. Weite Teile des Marange-Gebiets unterstehen weiter der direkten Kontrolle durch das Militär. 

Chikane ist bisher zwei Mal in Zimbabwe gewesen, seine letzte Reise war von Kontroversen geprägt. Agenten des zimbabwischen Geheimdienstes hatten die Büros der führenden zivilgesellschaftlichen Organisation Centre for Research and Development (CRD) in Mutare durchsucht, zwei Tage nachdem sich deren Leiter, Farai Maguwu, mit Chikane getroffen hatte, um mit ihm vertraulich über die anhaltende Präsenz der zimbabwischen Streitkräfte in Marange zu sprechen.

Familienangehörige von Maguwu wurden von der Polizei geschlagen, festgenommen und inhaftiert. Nach Drohungen gegen seine Familie und ihn selbst stellte sich Maguwu der Polizei. Obwohl man innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen 48-Stunden-Frist keine Anklage gegen ihn erhoben hat, befindet er sich im Gefängnis; Maguwus Familienangehörige und die Mitarbeiter der Organisation sind untergetaucht. Chikane berichtete, dass ein Teil seiner Notizen vom Geheimdienst beschlagnahmt wurde, hat aber weder eine Untersuchung gefordert noch die Verhaftung von Maguwu öffentlich verurteilt.

„Wenn Zimbabwe Aktivisten verhaften lässt, weil sie über Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit dem Diamantenabbau schreiben, dann erfüllt das Land wohl kaum die Mindestanforderungen für Mitglieder des Kimberley-Prozesses", so Peligal. „Zudem lassen das Chaos - und die Anschuldigungen - in Zusammenhang mit dem Besuch des südafrikanischen Beobachters, aber auch Chikanes eigene Haltung Zweifel an der Glaubwürdigkeit, Professionalität und Integrität seines Handelns aufkommen."

Chikanes vorläufiger Bericht, der am 21. März im Anschluss an eine Reise nach Zimbabwe veröffentlicht wurde, konzentriert sich weitgehend auf fachliche Aspekte des Diamantenabbaus und spielt die Menschenrechtsverletzungen in Marange herunter. Obwohl die Anzahl der Morde durch Vertreter des Staates im Vergleich zu Oktober 2008, als die Unterdrückung durch das Militär ihren Höhepunkt erreicht hatte, abgenommen hat, berichteten Einheimische Human Rights Watch über erneute Missbrauchsfälle und ihrer Angst vor der Armee.

Ein führendes Mitglied der Gemeinde berichtete: „Die Soldaten zwingen uns routinemäßig, nach Diamanten zu schürfen, wer sich weigert, wird gefoltert. Das Leben in Marange ist die Hölle."

Human Right Watch hat wiederholt an die Mitglieder des Kimberley-Prozesses appelliert, ein Ende der Menschenrechtsverletzungen und des Schmuggels in Marange einzufordern und auf Transparenz und Rechenschaftspflicht innerhalb Zimbabwes Diamantenindustrie zu beharren. Darüber hinaus hat die Menschenrechtsorganisation dem internationalen Gremium dringend nahegelegt, die Einhaltung der Menschenrechte ausdrücklich als wesentlichen Bestandteil seines Auftrags und seines Selbstverständnisses zu begreifen.

Ein Mitglied des Parlamentarischen Rats für Bergbau und Energie (Parliament Portfolio Committee on Mines and Energy), dem ein Besuch in dem Gebiet versagt wurde, obwohl er offiziell dafür zuständig ist, sagte Human Rights Watch: „Die Bodenschätze in Marange werden regelrecht geplündert. Und trotzdem sieht die Regierung einfach weg und tut, als ob alles in Ordnung wäre. Gleichzeitig hofft sie, dass auch das KPCS und die ganze Welt glaubt, dass alles in Ordnung ist."

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