Background Briefing

Schweden

Mohammed al-Zari und Ahmed Agiza (Aktualisierung)35

Die Asylbewerber Mohammed al-Zari und Ahmed Agiza wurden im Dezember 2001 in einem von der US-Regierung gecharterten Flugzeug von Stockholm nach Kairo gebracht. Die schwedische Regierung wies al-Zari und Agiza aus, denen die Beteiligung an terroristischen Aktivitäten vorgeworfen wurde, nachdem die ägyptischen Behörden schriftlich zugesichert hatten, dass ihnen nicht die Todesstrafe drohe, sie weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden und außerdem faire Gerichtsverfahren stattfinden würden. Die schwedischen und ägyptischen Behörden vereinbarten, dass nach der Rückkehr im Rahmen von Überprüfungsmechanismen die Männer im Gefängnis besucht würden. Nach schwedischem Recht hatten die Angeschobenen keine Gelegenheit, die Rechtmäßigkeit ihrer Ausweisung oder die Zuverlässigkeit der ägyptischen Zusicherungen anzufechten.

Im Mai 2004 informierte das schwedisches TV-Nachrichtenprogramm „Kalla Fakta“ darüber, dass die beiden Männer von der schwedischen Polizei festgenommen und körperlich angegriffen worden waren. Anschließend wurden sie am Stockholmer Flughafen Bromma Kapuzen tragenden US-Beamten übergeben, die den Männern die Kleidung vom Körper schnitten, ihnen die Augen verbanden, Kapuzen aufsetzten, Windeln anlegten und sie betäubten, um sie dann an Bord eines von der US-Regierung gemieteten Gulfstream-Jets nach Kairo zu bringen.36Die Beteiligung der USA an der Überführung der Männer wurde inzwischen durch die schwedische Regierung bestätigt.37

Nach ihrer Rückkehr war es Agiza und al-Zari fünf Wochen lang nicht erlaubt, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Anschließend wurden sie einmal pro Monat von schwedischen Diplomaten besucht, obwohl keiner dieser Besuche unter vier Augen stattfand. Beide Männer versicherten ihren Anwälten, Familienmitgliedern und selbst den schwedischen Diplomaten gegenüber glaubwürdig, dass sie während der Haft gefoltert und anderweitig misshandelt worden waren. Agiza ist noch immer inhaftiert, nachdem im April 2004 ein offenkundig unfaires Berufungsverfahren abgehalten wurde.38 Al-Zari wurde im Oktober 2003 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren entlassen. Er wird weiterhin von den ägyptischen Sicherheitskräften überwacht und muss sich regelmäßig bei der Polizei melden. Gespräche mit Journalisten oder Menschenrechtsgruppen sind ihm untersagt.

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen entschied im November 2006, dass Schwedens Beteiligung an der Auslieferung von Mohammed al-Zari nach Ägypten durch die USA gegen das absolute Folterverbot verstoßen hatte. Dies gilt, obwohl vor der Auslieferung von ägyptischen Behörden Zusicherungen vorlagen, wonach er menschenwürdig behandelt werden würde. Schweden habe „nicht belegt, dass diese diplomatischen Zusicherungen für den vorliegenden Fall ausreichen würden, um die Gefahr von Misshandlung auf ein Niveau zu reduzieren“, das mit dem Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vereinbar wäre.39

Vor dieser Entscheidung wurde bereits im Mai 2005 vom UN-Ausschuss gegen Folter in Ahmed Agizas Fall entschieden. Dabei stellte der Ausschuss fest, dass Schweden hinsichtlich der Auslieferung Ahmed Agizas das Folterverbot verletzte, und erklärte, dass „das Einholen diplomatischer Zusicherungen [von Ägypten] nicht ausreichen würde, um Schutz gegen diese offensichtliche Gefahr bieten zu können, und diese Zusicherungen darüber hinaus über keinen Vollstreckungsmechanismus verfügen“.40

Mohammed al-Zari bemüht sich derzeit darum, von Schweden Schmerzensgeld für physische und psychologische Rehabilitierung zugesprochen zu bekommen sowie dauerhaft in Schweden leben zu können, da seine Familie dort ansässig ist.



35 Human Rights Watch, „Still at Risk“ (Englisch), S. 57 - 66; „Empty Promises“ (Englisch), S. 33 - 36.

36 „The Broken Promise“ (englische Niederschrift), „Kalla Fakta“, schwedische Fernsehsendung auf TV4, 17. Mai 2004, http://hrw.org/english/docs/2004/05/17/sweden8620.htm.

37 Die schwedische Sicherheitspolizei veröffentlichte Ende Mai 2004 zwei Memoranda, in denen bestätigt wird, dass die USA an den Überführungen beteiligt war und dass der schwedische Außenminister über diese Beteiligung sogar im Bilde war. Kopien der Memoranda befinden sich im Archiv von Human Rights Watch.

38 „Sweden Implicated in Egypt's Abuse of Suspected Militant: Egypt Violated Diplomatic Promises of Fair Trial and No Torture for Terrorism Suspect“ (Englisch), Human Rights Watch-Nachrichten, 5. Mai 2004, http://hrw.org/english/docs/2004/05/05/egypt8530.htm.

39 Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen, Entscheidung: Alzery gegen Sweden, CCPR/C/88/D/1416/2005, 10. November 2006, http://www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/0ac7e03e4fe8f2bdc125698a0053bf66/13fac9ce4f35d66dc12572220049e394?OpenDocument (am 1. Januar 2007 verwendet), Paragr. 11.5.

40 UN-Ausschuss gegen Folter, Entscheidung: Agiza gegen Sweden, CAT/C/34/D/233/2003, 20. Mai 2005, http://www1.umn.edu/humanrts/cat/decisions/233-2003.html (am 1. Januar 2007), Paragr. 13.4.