Background Briefing

Österreich

Mohamed Bilasi-Ashri (Aktualisierung)3

Im Jahr 2005 versuchte die österreichische Regierung erneut, den in seinem Heimatland gesuchten Ägypter Mohamed Bilasi-Ashri mit Hilfe von diplomatischen Zusicherungen abzuschieben.

Das Wiener Berufungsgericht ordnete die Auslieferung von Bilasi-Ashri nach Ägypten erstmals im November 2001 an. Bilasi-Ashri wurde zuvor in Ägypten aufgrund seiner angeblichen Mitgliedschaft in einer islamisch-extremistischen Gruppe in absentia zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Zwar hörte sich das Gericht Bilasi-Ashris Bedenken an, dass er nach seiner Rückkehr gefoltert oder anderweitig misshandelt werden könnte und ihm zudem kein faires Gerichtsverfahren garantiert werden würde. Doch es entschied letztendlich, dass „Ägypten kein Land ist, in dem es häufig zu ernsthaften Verletzungen der Menschenrechte kommt und in dem derartige Verletzungen regelmäßig und systematisch stattfinden Das Berufungsgericht lehnte Beweise dafür ab, dass Mitglieder islamistischer Gruppen in Ägypten häufig gefoltert und auf andere Weise misshandelt werden. Als Methoden werden unter anderem Elektroschocks, Schlagen, Brennen und verschiedene Formen psychischer Misshandlung eingesetzt. Darüber hinaus beschloss das Gericht, dass Bilasi-Ashris Asylantrag, über den noch nicht entschieden worden war, der Auslieferung nicht entgegensteht.

Trotz des überraschenden Befunds, dass Bilasi-Ashris Furcht vor Folter unbegründet sei, machte das Berufungsgericht in seiner 2001 getroffenen Entscheidung die Auslieferung von diplomatischen Zusicherungen der ägyptischen Behörden abhängig. Die in absentia gegen Bilasi-Ashris ausgesprochene Verurteilung sollte für null und nichtig erklärt und sein Fall vor einem normalen - das heißt zivilen - Strafgericht erneut behandelt werden. Auch sollte er nicht verfolgt und seine persönliche Freiheit nicht eingeschränkt werden. Am 21. November 2001 genehmigte der österreichische Bundesjustizminister die Auslieferung unter den in der Entscheidung des Berufungsgerichts aufgeführten Bedingungen und fügte eine weitere Voraussetzung hinzu: Im Falle eines Freispruchs muss es Bilasi-Ashri erlaubt sein, Ägypten innerhalb von 45 Tagen zu verlassen. Da die ägyptischen Behörden die im Auslieferungsbefehl aufgeführten Bedingungen ablehnten, wurde Bilasi-Ashri im August 2002 aus österreichischer Haft entlassen.

Anfang 2005 kontaktierten die österreichischen Behörden die ägyptische Regierung erneut, um noch einmal darauf hinzuweisen, dass Bilasi-Ashri bei Erteilung diplomatischer Zusicherungen ausgeliefert werden könnte. Daraufhin erklärte sich die ägyptische Regierung im Februar 2005 bereit, einige diplomatische Zusicherungen abzugeben. Das Auslieferungsverfahren wurde im Mai eingeleitet. Im Juni erklärte das Landesgericht Krems die Auslieferung Bilasi-Ashris als zulässig.5 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erteilte daraufhin den österreichischen Behörden am 17. November 2005 eine Anweisung für einstweilige Maßnahmen. Bilasi-Ashris Anwälte hatten beantragt, dass ihr Mandant nicht ausgeliefert werden solle, bevor sein Antrag vom EGMR untersucht worden war.6 Im Antrag wurde darauf hingewiesen, dass bei der Rückkehr Bilasi-Ashris nach Ägypten die Artikel 3 (Verbot von Folter und Misshandlung), Artikel 5 (Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person) und Artikel 6 (Recht auf ein gerechtes Gerichtsverfahren) der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt werden könnten. Am 1. Januar 2007 hatte der Gerichtshof für Menschenrechte den Antrag noch nicht geprüft.



3 Human Rights Watch, „Empty Promises“ (Englisch), S. 23 - 33. Siehe auch Kommentar von Human Rights Watch zu „State Replies: CDDH Questionnaire on Diplomatic Assurances“ (Englisch), 27. März 2006, http://hrw.org/backgrounder/eca/eu0306/eu0306_diplo.pdf, S. 2 - 3.

5 Amnesty International-Kampagne für dringende Fälle, Österreich: „Risk of Forcible Return/Torture: Muhammad 'Abd al-Rahmin Bilasi-Ashri“ (Englisch), 7. Oktober 2005, http://web.amnesty.org/library/index/engEUR130012005 (am 1. Januar 2007 verwendet).

6 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, erster Abschnitt des Jahresberichts über die 2005 durchgeführten Aktivitäten, Bilasi-Ashri gegen Österreich (Anh. 40902/05), Januar 2006, http://www.echr.coe.int/NR/rdonlyres/82DE0139-9EDC-44A4-A53B-BD7CFB7C683A/0/Section1.pdf (Englisch; am 1. Januar 2007 verwendet), S. 18.