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“Diplomatische Zusicherungen” gegen Folter

“Diplomatische Zusicherungen” gegen Folter

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Verabredung zur Folter - von Julia Hall

Was sind “diplomatische Zusicherungen”  gegen Folter?

Warum werden immer häufiger diplomatische Zusicherungen eingesetzt?

Warum bemühen sich Regierungen um diese Zusicherungen?

Funktionieren diplomatische Zusicherungen?

Sind Menschen tatsächlich gefoltert worden, die aufgrund diplomatischer Zusicherungen abgeschoben wurden?

Wie können die Regierung prüfen, ob die Zusicherungen eingehalten werden?

Sind diplomatische Zusicherungen rechtlich bindend?

Steht im Fall einer bekannt gewordenen Zusicherung nicht das Ansehen der Regierung auf dem Spiel?

Sind die Zusicherungen wirkungsvoller, wenn die entsendende Regierung die Situation der abgeschobenen Person überwacht?

Die meisten Aufnahmeländer sind arabische oder muslimische Länder. Behauptet Human Rights Watch, dass diesen Regierungen von Natur aus nicht zu trauen ist?

Können diplomatische Zusicherungen die Bilanz eines Landes im Hinblick auf Folter verbessern?

Die amerikanische Regierung behauptet, dass sie sich im Falle eines Risikos der Folter immer um diplomatische Zusicherungen bemüht. Werden dadurch die Überstellungen durch die USA rechtmäßig?

Sind die von der britischen Regierung ausgehandelten Vereinbarungen, die als “memorandum of understanding” bezeichnet werden, besser als die üblichen diplomatischen Zusicherungen?

Wie ist die Rolle Kanadas hinsichtlich diplomatischer Zusicherungen gegen Folter einzuschätzen?

Sind weitere Länder dem Beispiel der USA, Großbritanniens und Kanadas gefolgt?

Was halten internationale Menschenrechtsinstitutionen von diplomatischen Zusicherungen?

Wenn diplomatische Zusicherungen nicht vor Folter schützen, warum verbieten die Gerichte sie dann nicht?

Wenn Regierungen Terrorverdächtige wegen der Foltergefahr nicht abschieben können, was sollen sie dann mit möglicherweise gefährlichen Ausländern machen 14

Möchten manche ausländische Gefangene nicht in ihre Heimatländer zurückkehren, trotz der Gefahr gefoltert zu werden?


Was sind “diplomatische Zusicherungen”  gegen Folter?

“Diplomatische Zusicherungen” werden verwendet, um das internationale Folterverbot zu umgehen. Sie erleichtern die Abschiebung unerwünschter Ausländer in Länder, in denen ihnen Folter oder Misshandlung droht. Da derartige Überstellungen rechtswidrig sind, holt sich die entsendende Regierung zunächst das Versprechen des aufnehmenden Staates ein, nicht zu foltern. In den meisten Fällen sind Ausländer betroffen, denen eine Beteiligung an terroristischen Aktivitäten vorgeworfen wird oder die als Gefahr für die nationale Sicherheit betrachtet werden. Abgelehnten Asylsuchenden und Straftätern, die wegen gewöhnlicher Verbrechen verurteilt oder mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, droht ebenfalls die Überstellung mittels dieser Zusicherungen.

Diplomatische Zusicherungen existieren in unterschiedlicher Form. Dies können mündliche Absprachen sein oder schriftliche Dokumente, die in einigen Fällen von Regierungsvertretern beider Staaten unterzeichnet sind. Der Inhalt der Zusicherungen variiert ebenfalls. Zusicherungen gegen Folter können durch andere Versprechen ergänzt werden, wie beispielsweise ein faires Gerichtsverfahren zu garantieren. Einige Zusicherungen wiederholen lediglich, dass der aufnehmende Staat seine eigenen Gesetze oder seine Verpflichtungen entsprechend internationaler Menschenrechtsstandards einhalten wird. Andere diplomatische Zusicherungen schließen Regelungen für eine Überwachung nach der Rückführung ein.

Warum werden immer häufiger diplomatische Zusicherungen eingesetzt?

Die Terrorangriffe vom 11. September 2001 und die jüngsten Terrorakte, wie die Bombenanschläge im Juli 2005 in London, sind für die zunehmende Verwendung diplomatischer Zusicherungen verantwortlich. Obwohl einige Regierungen diplomatische Zusicherungen gegen Folter bereits vor diesen Terroranschlägen verwendet haben, versuchen immer mehr Regierungen, im eigenen Land lebende terrorverdächtige Ausländer mit Hilfe dieser Zusicherungen abzuschieben. Anstatt die Verdächtigen vor Gericht zu stellen, werden sie in ihre Heimatstaaten oder in andere Länder abgeschoben mit dem Argument, die diplomatischen Zusicherungen garantierten einen Schutz vor Folter. 

Einige Regierungen setzten diplomatische Zusicherungen im Hinblick auf die Todesstrafe ein. Da die Todesstrafe in Europa abgeschafft ist, liefern europäische Regierungen Person nur dann an Länder wie die USA oder China aus, in denen die Todesstrafe angewandt wird, wenn durch vorherige Zusicherung die Todesstrafe als Strafmaß ausgeschlossen wurde.

Zusicherungen gegen Todesstrafe unterscheiden sich jedoch von Zusicherungen gegen Folter. Obwohl Human Rights Watch die Todesstrafe ablehnt, verstößt deren Einsatz im Zuge eines Gerichtsverfahrens nicht gegen das Völkerrecht. Der Gebrauch von Zusicherungen gegen die Todesstrafe erkennt lediglich die unterschiedliche Gesetzeslage zweier Staaten an. Im Gegensatz dazu nehmen Zusicherungen gegen Folter Bezug auf ein rechtswidriges Verhalten sowohl des Entsende- als auch des Empfängerstaates, das im Verborgenen ausgeführt und regelmäßig abgestritten wird. Es ist viel einfacher, eine Zusicherung gegen Todesstrafe zu kontrollieren und bei Verstoß dagegen zu protestieren, bevor die Todesstrafe vollzogen wird. Wenn jedoch diplomatische Zusicherungen gegen Folter angeboten werden, gehen die Entsendestaaten das nicht hinnehmbare Risiko ein, erst dann einen Verstoß festzustellen zu können, wenn die im Geheimen vorgenommene Folter bereits vollzogen worden ist. 

Warum bemühen sich Regierungen um diese Zusicherungen?

Die meisten Regierungen geben offen zu, dass sie nur von solchen Ländern Zusicherungen verlangen, in denen Folter ein ständiges ernsthaftes Problem ist oder in denen Terrorverdächtige das Ziel von Misshandlung sind. Es wird argumentiert, dass solche Versprechen Folter gegen die abgeschobene Person weniger wahrscheinlich machen. Dadurch werden  Rückführungen überhaupt erst ohne Verstoß gegen internationales Recht möglich.   

Funktionieren diplomatische Zusicherungen?

Es gibt zunehmende Anhaltspunkte dafür, dass diplomatische Zusicherungen nicht wirksam vor Folter oder Misshandlung schützen. Diese Meinung wird auch von internationalen Experten gestützt. Wenn sich Entsendestaaten auf solche Zusicherungen verlassen, geben sie sich entweder einem Wunschdenken hin oder setzen Zusicherungen als Feigenblatt ein, um ihre eigene Komplizenschaft bei Folter zu verdecken. In beiden Fällen versuchen die entsprechenden Regierungen ihre eigenen Verpflichtungen zu umgehen, Menschen im Rahmen von Abschiebungen vor Misshandlung zu schützen.

Wenn Regierungen diplomatische Zusicherung anbieten, so haben sie in der Vergangenheit und in der Gegenwart Folter angewendet, was von den meisten Entsendestaaten zugegeben wird. Diese Regierungen verleugnen regelmäßig den Einsatz von Folter und untersuchen entsprechende Anschuldigungen nicht. Wenn Regierungen fortdauernd gegen das internationale Folterverbot verstoßen, so werden sie bei einem Einzelfall ihre Versprechen kaum einhalten.

Die Eigenart der Folter macht solche Versprechen wertlos. Folter ist eine kriminelle Handlung der schlimmsten Sorte. Sie wird im Verborgenen angewendet unter Einsatz von Techniken, die oft schwer nachzuweisen sind (beispielsweise vorgetäuschtes Ertränken, sexueller Missbrauch, dem Köper innerlich zugefügte Elektroschocks). In vielen Ländern überwacht medizinisch geschultes Personal die Misshandlung, damit Folter nicht nachgewiesen werden kann. Auch schrecken Folteropfer in Gefangenschaft aus Angst vor Repressalien gegen sich oder gegen Familienangehörige davor zurück, die Misshandlung anzuzeigen.

Sind Menschen tatsächlich gefoltert worden, die aufgrund diplomatischer Zusicherungen abgeschoben wurden?

Ja. Ahmed Agiza hatte in Schweden einen Asylantrag gestellt und wurde im Dezember 2001 nach Ägypten abgeschoben auf der Grundlage diplomatischer Zusicherungen der ägyptischen Regierung. Die schwedischen Behörden übergaben Agiza amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern und Agiza wurde in einem von der CIA angemieteten  Flugzeug nach Kairo gebracht. In einem ägyptischen Gefängnis wurde er anschließend geschlagen und mit Elektroschocks misshandelt, obwohl eine Überwachung durch schwedische Diplomaten vereinbart worden war. Im Mai 2005 stellte die UN- Kommission gegen Folter fest, Schweden habe gegen seine Verpflichtung verstoßen, Menschen nicht im Hinblick auf das Folterrisiko abzuschieben, und entschied, dass diplomatischen Zusicherungen, die darüber hinaus keinen Mechanismus für deren Umsetzung vorsahen, keinen ausreichenden Schutz gegenüber diesem offensichtlichen Risiko bot.

Im Oktober 2002 überstellten die USA auf der Grundlage diplomatischer Zusicherungen den kanadisch-syrischen Staatsbürger Maher Arar von New York über Jordanien nach Syrien. Arar wurde im Oktober 2003 freigelassen. Zu dem Fall Arar wurde eine Untersuchungskommission in Kanada eingerichtet, die einen unabhängigen Untersuchungsrichter ernannte. Er kam im Oktober 2005 zu dem Ergebnis, dass Arar trotz anders lautender syrischer Zusicherungen und trotz verschiedener Besuche von kanadischen Konsularbeamten in syrischer Haft gefoltert wurde.

Im September 2006 kam die Untersuchungskommission zu dem Ergebnis, dass die Misshandlung Arars in Syrien ein “konkretes Beispiel für die Wertlosigkeit” von diplomatischen Zusicherungen seitens totalitärer Regime ist und diese keinen Schutz gegen Folter bieten.

Im Jahr 2004 überstellte die amerikanische Regierung den russischen Guantanamo-Häftling Rasul Kudayev nach Russland auf der Grundlage von russischen Behörden gegebenen Zusicherungen. Sie hatten versichert, dass Kudayev gemäß russischer Gesetze und internationaler Verpflichtungen behandelt werde. Im Oktober 2005 wurde Kudayev rechtswidrig verhaftet, eingesperrt und schwer geschlagen. Auch wurde ihm notwendige medizinische Behandlung verweigert. Sein Fall wurde seiner Anwältin willkürlich entzogen, als diese sich über seine Misshandlung beschwerte. 

Diese Fälle zeigen, dass diplomatische Zusicherungen keinen effektiven Schutz bieten. Sie sollen nicht in Fällen vereinbart werden, in denen Folter droht.

Wie können die Regierung prüfen, ob die Zusicherungen eingehalten werden?

Ein zuverlässiges Mittel gibt es nicht, um die Versprechen der Empfängerregierung zu überprüfen. Die entsendende Regierung selbst hat keinen Anreiz herauszufinden, ob Folter oder Misshandlung angewendet wurden. Dadurch würde sie eingestehen, dass sie die absolute Verpflichtung gebrochen hat, eine Person durch Abschiebung nicht dem Risiko der Folter auszusetzen. Die Empfängerregierung ist noch weniger daran interessiert. Die Anwendung von Folter anzuerkennen, würde bedeuten, dass sie sowohl gegen das internationale Folterverbot verstoßen hat als auch gegen das der anderen Regierung gegebene Versprechen. Human Rights Watch ist kein Fall bekannt, in dem die entsendende oder empfangende Regierung ein Verstoß gegen eine diplomatische Zusicherung bezüglich Folter eingestanden hat.   

Sind diplomatische Zusicherungen rechtlich bindend?

Nein. Diplomatische Zusicherungen sind bilaterale politische Vereinbarungen, die auf diplomatischer Ebene ausgehandelt werden. Sie sind keine Verträge, haben weder Rechtsnatur noch sind sie rechtlich bindend. Im Fall eines Verstoßes gegen die Zusicherung kann der Entsendestaat nicht gerichtlich gegen den Empfängerstaat vorgehen. Darüber hinaus können Folteropfer nur in wenigen Fällen, in denen trotz Zusicherungen gefoltert worden ist, von der direkt oder indirekt verantwortlichen Regierung eine Art Entschädigung erhalten.

Steht im Fall einer bekannt gewordenen Zusicherung nicht das Ansehen der Regierung auf dem Spiel?

Einige Regierungen, etwa Großbritannien, behaupten der internationale Ruf und die bilateralen Beziehungen kämen zu Schaden, wenn diplomatische Zusicherungen nicht eingehalten werden. Jedoch sind viele der Empfängerregierungen für den regelmäßigen Einsatz von Folter bekannt, und dennoch müssen sie für ihr Vorgehen kaum Repressalien erwarten. Tatsächlich werden im weltweiten Kampf gegen den Terror viele Regierungen, die diplomatische Zusicherungen anbieten (einschließlich Ägypten, Jordanien, Marokko, Türkei und Usbekistan), als treue Verbündete angesehen. Deshalb werden von ihnen begangene Menschenrechtsverletzungen nicht thematisiert.

Sind die Zusicherungen wirkungsvoller, wenn die entsendende Regierung die Situation der abgeschobenen Person überwacht?

Nein. Die größte Schwachstelle bei der Überwachung eines einzelnen Gefangenen ist fehlende Vertraulichkeit. Falls die Kontrolleure Zugang zu allen Gefangenen in einer Einrichtung haben und mit den Gefangenen alleine sprechen können, kann der Gefangene über Misshandlung berichten, ohne befürchten zu müssen, dass die Behörden ihn identifizieren und bestrafen. Diese Forderung ist eine Bedingung für Besuche des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes.

Diese Vertraulichkeit kann nicht erfüllt werden, wenn nur einzelne Personen oder kleine Gruppe überwacht werden. Einige Regierungen behaupten, die Treffen mit Gefangenen fänden in abgeschlossenen Räumen statt und garantierten so das Prinzip der Vertraulichkeit. Die Identität des Gefangenen ist jedoch leicht durch die Gefängnisleitung feststellbar. Werden Anschuldigungen in Bezug auf eine Misshandlung aufgestellt, würde die Gefängnisleitung und deren Mitarbeiter sofort wissen, woher die Information stammt. Dies schreckt den Gefangenen davon ab, über Misshandlungen zu berichten. Der Gefangene müsste sich berechtigter Weise vor Repressalien fürchten, die ihm oder seinen Familienmitgliedern durch Mitarbeiter des Gefängnisses oder durch andere Regierungsvertreter zugefügt werden können.

Darüber hinaus ist es sowohl für internationale als auch lokale Organisationen schwierig, freien Zugang zu Haftanstalten zu erhalten. Besuche des Internationale Komitees des Roten Kreuzes im Gefängnis in Abu Ghuraib wurden oft durch das Gefängnispersonals erschwert. Im April 2004 setzte das IKRK seine Besuche in jordanischen Hafteinrichtungen für drei Monate aus, da der Zugang zu bestimmten Gefangenen nicht garantiert wurde. 

Besonders gefährdet sind lokale Organisationen, die Kontrollbesuche durchführen, da sie durch ihre Regierungen eingeschüchtert werden können. Die Pflicht gesetzlicher Registrierungen oder offene Unterdrückung hindern diese Gruppen an ihrer Arbeit. In vielen Ländern, in denen gefoltert wird, einschließlich Libyen, Syrien, Usbekistan und Jemen, fehlen den lokalen Organisationen die Mittel, um effektive Nachkontrollen durchzuführen. Darüber hinaus wird unabhängigen internationalen Kontrolleuren regelmäßig der Zugang zu Gefängnissen verwehrt.

Die meisten Aufnahmeländer sind arabische oder muslimische Länder. Behauptet Human Rights Watch, dass diesen Regierungen von Natur aus nicht zu trauen ist?

Nein. Viele Regierungen wenden Folter an, einschließlich entsendender Regierungen wie die USA und Russland. Trotz jahrzehntelanger internationaler Anstrengungen gegen Folter und Misshandlung bleibt das Thema in vielen Ländern auf der Tagesordnung, unabhängig von religiösen oder kulturellen Aspekten  Der jüngste Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Folter stützt die Behauptung, dass weltweit in dutzenden Ländern gefoltert wird.  Doch nicht nur diejenigen Regierungen, die Folter und Misshandlung anwenden, verstoßen gegen internationales Recht. Auch solche Regierungen, die Menschen trotz des Risikos der Folter abschieben, brechen das Völkerrecht.

Können diplomatische Zusicherungen die Bilanz eines Landes im Hinblick auf Folter verbessern?

Nein. Regierungen bemühen sich nicht um diplomatische Zusicherungen, um ihre Bilanz im Hinblick auf Folter zu verbessern. Sie sollen lediglich die Überstellung unerwünschter Ausländer an Länder ermöglichen, in denen Folter droht. Empfängerstaaten, die diplomatische Zusicherungen anbieten, sind ohnehin verpflichtet, Gefangene nicht zu foltern oder zu misshandeln. Auch haben die meisten Länder rechtlich bindende Verträge unterzeichnet, in denen sie sich gegen Misshandlungen und Folter aussprechen. Unter diesem Gesichtspunkt stellte der UN-Sonderberichterstatter für Folter im August 2005 fest, dass diplomatische Zusicherungen keinerlei zusätzlichen Schutz für Häftlinge gewährten.

Wenn Staaten ernsthaft Folter bekämpfen wollen, sollten sie die Regierungen, die weiterhin Folter anwenden, zur Einhaltung bestehender Verpflichtungen auffordern, indem sie effektive nationale Maßnahmen zur Beendigung von Folter und Misshandlung ergreifen. Rechtlich nicht verpflichtende, bilaterale Abkommen wie etwa diplomatische Zusicherungen untergraben die Glaubwürdigkeit und Integrität allgemein verpflichtender rechtlicher Normen und deren Kontrollsystem. Tatsächlich steigen Staaten aus dem internationalen Kontrollsystem aus, indem sie unverbindliche bilaterale diplomatische Zusicherungen vereinbaren. Sie  hinterlassen dadurch eine gefährliche Lücke bei der Überwachung und Verfolgung von Verstößen gegen das Folterverbot. Diplomatische Zusicherungen sind kein Fortschritt im Kampf gegen die Folter, sondern vielmehr ein schmerzhafter Rückschritt.

Die amerikanische Regierung behauptet, dass sie sich im Falle eines Risikos der Folter immer um diplomatische Zusicherungen bemüht. Werden dadurch die Überstellungen durch die USA rechtmäßig?

Nein. Die USA setzte Zusicherungen gegen Folter bei unterschiedlichen Gegebenheiten ein. Was auch immer die zugrunde liegenden Umstände dafür sein mögen: Es ist immer rechtswidrig, Menschen in Länder abzuschieben, in denen ihnen Folter droht. Darüber hinaus kann die Person, die aufgrund einer diplomatischen Zusicherung durch die USA überstellt wird, die Zuverlässligkeit oder Hinlänglichkeit der Zusicherung nicht gerichtlich überprüfen lassen.

Manchmal bemühen sich die USA um Zusicherungen innerhalb eines Rechtsrahmens, der auch für Abschiebungen nach dem amerikanischen Einwanderungsgesetz oder für Auslieferungsverfahren gültig ist. Die amerikanische Regierung setzt ebenfalls diplomatische Zusicherungen ein, um rechtswidrige Überstellungen durchzuführen. Dies betrifft insbesondere “außerordentliche Überstellungen” von Terrorverdächtigen, die in Ländern verhört werden sollen, in denen ihnen Folter droht. In zahlreichen Fällen sind Menschen gefoltert worden, die von den USA aufgrund von Zusicherungen überstellt wurden. Dazu gehören Maher Arar, der von den USA über Jordanien nach Syrien gebracht wurde, Abu Omar, der von Italien nach Ägypten überstellt wurde, und Ahmed Agiza, der aus Schweden nach Ägypten geflogen wurde Wenn Gefangene von Guantanamo Bay zurück in ihre Heimatländer gebracht werden sollen, behaupten die USA, sich immer um Zusicherungen für menschliche Behandlung seitens des Empfängerstaates einzusetzen. Doch einige ehemalige Gefangenen, die von Guantanamo Bay in ihre Heimatländer gebracht worden sind, wurden misshandelt (vgl. dazu die Fälle russischer Gefangener). und jemenitische Gefangene aus Guantanamo Bay sind seit ihrer Rückkehr in den Jemen auf unbestimmte Zeit interniert.

Die amerikanische Regierung erklärt, sie würde sich bei Bedarf vor der Überstellung die menschliche Behandlung des Überstellten garantieren lassen. Allerdings gesteht sie ein, dass sie keinerlei Kontrolle über das Geschehen nach der Gefangenenübergabe hat.  Michael Scheuer, der seit Beginn für das amerikanische Überstellungsprogramm verantwortlich ist, bezeichnete diplomatische Zusicherungen lediglich als eine “rechtliche Höflichkeit”. Damit sollen die Anforderungen von Regierungsjuristen erfüllt werden. Die USA wurde unter anderem von den Vereinten Nationen, dem Europäischen Parlament, dem Europarat und der amerikanischem Menschenrechtskommission wegen der Verwendung diplomatischer Zusicherung kritisiert.

Sind die von der britischen Regierung ausgehandelten Vereinbarungen, die als “memorandum of understanding” bezeichnet werden, besser als die üblichen diplomatischen Zusicherungen?

Nein. Ein “memorandum of understanding” ist schlicht ein anderes Wort für diplomatische Zusicherung. Großbritannien hat diese Memoranden mit Jordanien, Libyen und dem Libanon vereinbart, um die Überstellung von Terrorverdächtigen oder sonstigen Personen zu ermöglichen, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen. Die Memoranden schließen Bestimmungen ein, die die Kontrolle der überführten Personen nach ihrer Rückkehr ermöglichen. Fälschlicherweise werden sie von der britischen Regierung als eine zusätzliche Schutzmaßnahme bezeichnet (vgl. dazu den Abschnitt über Kontrollmechanismen nach der Rückkehr). Weder die Rechtsnatur der Vereinbarung noch die Tatsache, dass sie von Vertretern beider Regierungen unterzeichnet wurde, hat Einfluss darauf, dass die Versprechen tatsächlich eingehalten werden. Die Vereinbarungen sind keine Verträge und schaffen daher keine bindenden Verpflichtungen für die Parteien. Rechtliche Folgen bei Nichteinhaltung der Vereinbarungen sind somit ausgeschlossen.   

Die erste gerichtliche Überprüfung eines “memorandum of understanding” fand im Fall des unter Terrorverdacht stehenden und mit Rückkehr nach Jordanien bedrohten Omar Othman (auch bekannt als Abu Qatada) im Mai 2006 statt. Die Anwälte von Othman behaupten, dass er trotz diplomatischer Zusicherungen von Jordanien  in dem Land gefoltert und danach in die USA transportiert werden könnte. Nach seiner Rückkehr nach Jordanien drohe im dann ein unfaires Verfahren. Eine Entscheidung wird zum Jahresende 2006 erwartet.

Der Parlamentsausschuss für Menschenrechte in Großbritannien kam im Mai 2006 zum Ergebnis, dass mit Jordanien, Libyen und dem Libanon geschlossene diplomatische Zusicherungen keinen Schutz vor Folter für Personen bieten, die Großbritannien wegen Verstößen gegen geltende Gesetze verlassen müssen.

Wie ist die Rolle Kanadas hinsichtlich diplomatischer Zusicherungen gegen Folter einzuschätzen?

Neben der Beteiligung an der Festnahme von Maher Arar, der auf der Grundlage einer diplomatischen Zusicherungen von den USA nach Syrien überstellt wurde, hat die kanadische Regierung sich in einigen Fällen für Zusicherungen eingesetzt und sie auch erhalten. So bemühten sich die Behörden um diplomatische Zusicherungen für fünf arabische Männer, die als Gefahr für die nationale Sicherheit betrachtet wurden. Die Männer unterliegen “Sicherheitsbescheinigungen”. Dadurch können sie aufgrund geheim gehaltener Beweismittel zeitlich unbegrenzt inhaftiert werden, bevor sie in Länder überstellt werden, in denen ihnen Folter und Misshandlung droht.

Die kanadische Regierung gesteht ein, dass in einigen Fällen Zusicherungen gegen Misshandlung nicht zuverlässig sind. Nachdem das kanadische Verfassungsgericht im Januar 2002 (Fall Suresh) jedoch die Überstellung auch bei Foltergefahr unter außergewöhnlichen Umständen erlaubt hat, will Kanada die Männer weiterhin abschieben, wenn nationale Sicherheitsinteressen die Sorge um die Sicherheit des Gefangenen übersteigen.

Kanada wurde wegen der Entscheidung des Verfassungsgerichts von den Vereinten Nationen und anderen Institutionen heftig kritisiert, da die kanadische Regierung dadurch eine Ausnahme vom absoluten Verbot von Überstellungen bei der Gefahr von Folter ermöglicht. Gegenwärtig sind keine der Männer überstellt worden, die der “Sicherheitsbescheinigung” unterliegen. Einige ihrer Fälle liegen zur Berufung beim kanadischen Verfassungsgericht.

Kanada hat auch Zusicherungen in normalen Asyl- und Abschiebefällen vereinbart. Im Mai 2006 stoppte das kanadische Bundesgericht die Ausweisung von Lai Cheong Sing, der von den chinesischen Behörden des Schmuggels und der Bestechung beschuldigt wird. Die chinesische Regierung bot diplomatische Zusicherungen dafür an, dass Lai weder gefoltert noch hingerichtet werde. Mitangeklagte in Lais Verfahren waren jedoch bereits exekutiert und Familienangehörige der Angeklagten misshandelt worden. Indem das Gericht die herrschende Folterpraxis und den Einsatz der Todesstrafe anerkannte, verhinderte es die bevorstehende Auslieferung Lais. Das Gericht entschied, dass das Thema der Zusicherungen im Zentrum der Debatte stehe und dass das Leben oder die Sicherheit von Lai im Falle einer Rückkehr nach China ernsthaft gefährdet sei.

Sind weitere Länder dem Beispiel der USA, Großbritanniens und Kanadas gefolgt?

Ja. Die Liste der Regierungen in Europa und Zentralasien wächst unaufhörlich, die sich um Zusicherungen bemühen oder diese erhalten haben. Einige Staaten sind durch das Vorgehen der USA, Kanadas und Großbritanniens ermutigt worden.

Die georgische Regierung wies beispielsweise im Oktober 2002 eine Gruppe von Tschetschenen nach Russland aus aufgrund von Zusicherungen auf menschliche Behandlung, die sie von russischen Behörden erhalten hatte. Dabei wurde ein Antrag des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte missachtet, die Männer solange nicht auszuliefern, bis das Gericht den Fall nochmals behandelt habe.

Die usbekische Regierung bot den kirgisischen Behörden diplomatische Zusicherungen im Fall der Zwangsausweisung usbekischer Flüchtlinge an. Sie wurden beschuldigt, an den Ereignissen vom Mai 2005 in Andischan beteiligt gewesen zu sein. Usbekische Sicherheitskräfte hatten dabei eine Demonstration gewaltsam niedergeschlagen und hunderte unbewaffnete Demonstranten auf der Flucht getötet. In Usbekistan wird Folter systematisch eingesetzt, und die Behörden streiten routinemäßig jegliche Anschuldigung von Misshandlung ab.

Diese Entwicklung hat zu weltweiter Besorgnis geführt. Die wachsende Verwendung diplomatischer Zusicherungen untergräbt systematisch das Verbot, Menschen an Länder auszuliefern, in denen ihnen Folter droht.

Was halten internationale Menschenrechtsinstitutionen von diplomatischen Zusicherungen?

Internationalen Menschenrechtsinstitutionen sind sich darin einig, dass diplomatische Zusicherungen keinen effektiven Schutz gegen Folter und Misshandlung bieten. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Louise Arbour hat die “dubiose Praxis” der diplomatischen Zusicherungen scharf verurteilt. Sie erklärte im Mai 2006, dass sie diplomatische Zusicherungen als nicht wirksam betrachtet, da sie keinen angemessenen Schutz gegen Folter und Misshandlung bieten.

Auch der UN-Sonderberichterstatter für Folter hat diese Praxis verurteilt. Im August 2005 bezeichnete er sie als Versuch, die internationale Verpflichtung zu umgehen, Personen bei ernstzunehmender Gefahr der Folter nicht abzuschieben.

Der Hochkommissar für Menschenrechte des Europarates Thomas Hammarberg schrieb im Juni 2006, dass diplomatische Zusicherungen nicht glaubhaft sind und sich nachweisbare als uneffektiv erwiesen haben. Die betroffenen Regierungen hätten bereits verbindliche internationale Regeln missachtet. Es sei völlig falsch, eine Person dem Risiko der Folter auszusetzen aufgrund eines viel weniger ernsthaften Versprechens, das sich lediglich auf einen individuellen Fall bezieht.

Der Sonderausschuss des Europäischen Parlaments, der speziell die europäische Verstrickung in “außergewöhnliche Überstellungen” und gesetzeswidrige Inhaftierungen von Terrorverdächigen durch die amerikanische Regierung untersucht, bestätigt ebenfalls diese Stellungnahmen. Der Ausschuss rief im Juni 2006 die Mitgliedstaaten der EU dazu auf, sich nicht mehr auf diplomatische Zusicherungen gegen Folter zu verlassen.

Das EU Netzwerk der Unabhängigen Experten für Grundrechte hat sich im Mai 2006 dazu geäußert. Nach internationalem Recht könnten sich Staaten nicht in diplomatische Zusicherungen zum Schutz gegen Folter und Misshandlung flüchten, wenn hinreichende Gründe zur Annahme bestehen, dass einer Person nach der Rückkehr Folter oder Misshandlung droht.

Im Juni 2006 kam der schweizerische Abgeordnete Dick Marty, der im Auftrag der Parlamentarischen Versammlung des Europarates die europäische Verstrickung in “außergewöhnliche Überstellungen” und mögliche geheime Gefängnissen untersuchte zu einem ähnlichen Ergebnis. Es sei schlicht feige und verlogen, sich auf das Prinzip Vertrauen und auf diplomatische Zusicherungen zu verlassen, wenn sie von undemokratischen Staaten gegeben werden, die die Menschenrechte missachten.

Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte nahm im Juni 2006 eine Entschließung zu dem Thema an. Darin fordert die Kommission die USA auf, Guantanamo Bay zu schließen. Auch soll sichergestellt werden, dass diplomatische Zusicherungen nicht von den USA dazu benutzt werden, das Prinzip des “non-refoulement“ zu umgehen.

Wenn diplomatische Zusicherungen nicht vor Folter schützen, warum verbieten die Gerichte sie dann nicht?

Nationale und regionale Gerichte haben neben verschiedenen UN-Überwachungsgremien bei der Überprüfung von Einzelfällen entschieden, dass diplomatische Zusicherungen keinen effektiven Schutz gegen Folter und Misshandlung bieten.

So haben Gerichte in den Niederlanden, Großbritannien und Kanada Auslieferungen und Überstellungen gestoppt, die auf Zusicherungen beruhten. Sie haben entschieden, dass die Zusicherungen keinen ausreichenden Schutz vor Folter bieten. 1996 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Chahal v. United Kingdom, dass die Rückführung eines Sikh-Aktivisten nach Indien gegen die absolute Verpflichtung Großbritanniens verstoße, keine Person bei Foltergefahr auszuliefern, und dies obwohl die indische Regierung diplomatische Zusicherungen angeboten hatten. Der Fall Chahal bleibt die Regel in Europa und bestätigt die unverbrüchliche Natur des Verbots, eine Person bei Foltergefahr zurückzusenden, ungeachtet des Verbrechens dessen sie beschuldigt wird. (Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht im Fall Mamatkulov and Askarov vs Turkey aus dem Jahr 2005 wird regelmäßig von Regierungen zitiert, um den Einsatz von Zusicherungen zu rechtfertigen. Tatsächlich hat jedoch das Gericht diese Frage überhaupt nicht behandelt, so dass weiterhin der Fall Chahal den europäischen Maßstab setzt).

Leider haben sich amerikanische Gerichte bislang geweigert, Fälle bezüglich des Einsatzes von diplomatischen Zusicherungen zu bearbeiten. Sie vertreten die Ansicht, die Problematik falle in den Ermessensbreich der Exekutive. Maher Arar und Khalid el-Masri sind in unteren Gerichtsinstanzen gegen solche Entscheidungen in Berufung gegangen. In Kanada planen die Rechtsanwälte einiger auf der Grundlage von Sicherheitszertifikaten Inhaftierter (wie oben beschrieben), gerichtlich gegen die Praxis diplomatischer Zusicherung in den bevorstehenden Verfahren vorzugehen. 

Wenn Regierungen Terrorverdächtige wegen der Foltergefahr nicht abschieben können, was sollen sie dann mit möglicherweise gefährlichen Ausländern machen?

Seit den Anschlägen vom 11. September in New York und Washington wurden weitere Terroranschläge in Ägypten, Irak, Israel, Indien, Indonesien, Jordanien, Russland, Saudi Arabien, Spanien, Türkei, Großbritannien und weiteren Orten verübt. Diese Anschläge zeigen die Ernsthaftigkeit der Terrorgefahr. Regierungen sind verpflichtet, wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Bevölkerung vor Tod und schweren Verletzungen zu ergreifen. Der UN-Sicherheitsrat hat jedoch in Resolution 1456 hervorgehoben, dass Staaten verpflichtet sind, jegliche Anti-Terror-Operation in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsstandards durchzuführen.

Terrorakte sind schwere Verbrechen. Wer dafür verantwortlich ist, sollte auf der Grundlage international anerkannter Verfahrensgarantien angeklagt werden. Viele Regierungen behaupten, sie könnten einige Gefangene nicht anklagen, da die Beweislage schwierig ist und die nationale Sicherheit dadurch gefährdet werden kann. Es gibt jedoch viele Rechtsverfahren, in denen trotz schwieriger Beweislage die nationale Sicherheit, Operationen der Sicherheitskräfte oder des Geheimdienstes oder Zeugenschutzprogrammen nicht gefährdet sind (so zum Beispiel beim internationalen Drogenhandel oder bei organisierter Kriminalität). Es gibt demnach keinen Grund, diese Verfahren nicht auch bei der Anklage von Terrorverdächtigen anzuwenden.

Die Überstellung von ausländischen Beschuldigten in Länder, in denen ihnen Folter oder Misshandlung droht, ist daher nicht hinnehmbar. Solche Abschiebungen verstoßen gegen internationales Recht, selbst bei gültigen Zusicherungen. Darüber hinaus wird durch die Überstellung von Terrorverdächtigen in ein anderes Land die Bedrohung lediglich von einem Staat in einen anderen Staat verschoben. Die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, ist kompliziert und zeitintensiv. Doch dadurch kann ein Land die Bedrohung bekämpfen, ohne die Rechtsstaatlichkeit und das internationale Folterverbot zu unterminieren.

Möchten manche ausländische Gefangene nicht in ihre Heimatländer zurückkehren, trotz der Gefahr gefoltert zu werden?

Einige Gefangene in Großbritannien und in Guantanamo Bay verzichten mittlerweile darauf zu behaupten, dass sie nach der Rückkehr gefoltert werden, oder sie äußern solche Sorgen erst gar nicht. Stattdessen bitten sie trotz dieser Gefahr um Abschiebung oder Überstellung in ihr Heimatland.

In Großbritannien schrieb im April 2006 eine Gruppe algerischer Häftlinge, die bereits bis zu vier Jahren gefangen gehalten worden waren, an die Zeitung The Guardian, dass sie lieber nach Hause zurückkehren wollten, als weitere Inhaftierung ohne absehbares Ende in Großbritannien zu erdulden: “Wir sind uns darüber im Klaren, dass uns in unseren Heimatländern Folter droht. Einige von uns sind jedoch zu dem Schluss gekommen, dass ein schneller Tod besser ist als der langsame, den wir hier erleiden müssen”.Viele Gefangene in Guantanamo Bay haben sich ähnlich geäußert. Sie würden lieber in Gefängnissen in ihren Heimatländern leiden, als auf unbestimmte Zeit in amerikanischer Haft zu bleiben.

Im Hinblick auf die “Wahl” zwischen unbegrenzter Haftdauer auf der einen Seite – häufig verbunden mit sehr restriktiven Haftbedingungen und Misshandlung – und dem Risiko der Folter bei Überstellung auf der anderen Seite kann die Entscheidung zur Rückkehr nicht ernsthaft als freiwillig betrachtet werden.


November 2006