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Irak: „Chemie-Ali“ muss faires Verfahren bekommen
Internationale Beteiligung entscheidend für Gerechtigkeit
(New York, 22. August 2003) – Der irakische General Hassan Ali al-Madschid („Chemie-Ali“) muss wegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden, sagte Human Rights Watch heute. Um ein faires, unparteiisches und unabhängiges Verfahren zu gewährleisten, sollten internationale Richter, Ankläger und Strafermittler daran teilnehmen.


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„Die Festnahme von „Chemie-Ali“ ermöglicht Gerechtigkeit für die zahllosen Opfer und ihrer Familien, die unter der Herrschaft der Baath-Partei gelitten haben, zu schaffen. Ein gerechtes Verfahren wird maßgeblich von internationaler Beteiligung abhängen.“

Richard Dicker
Direktor des Programms Internationale Justiz von Human Rights Watch


 
„Die Festnahme von „Chemie-Ali“ ermöglicht Gerechtigkeit für die zahllosen Opfer und ihre Familien, die unter der Herrschaft der Baath-Partei gelitten haben, zu schaffen,“ sagte Richard Dicker, Direktor des Programms Internationale Justiz von Human Rights Watch. „Ein gerechtes Verfahren wird maßgeblich von internationaler Beteiligung abhängen.“

Saddam Husseins Cousin, Ali al-Madschid, leitete 1988 die „Anfal-Völkermord Kampagne“, die zum Tod und „Verschwinden“ von zirka 100.000 Kurden geführt hat. Ali al-Madschid führte die Streitkräfte, die im März 1991 die Aufstände im Süden Iraks niederschlugen. Berichten zufolge spielte er in den 90. Jahren auch eine entscheidende Rolle in der Tötungs-und Unterdrückungskampagne gegen die irakisch-arabische Marsch-Bevölkerung.

Strafrechtliche Verfahren gegen ehemalige irakische Führer – darunter der zu Beginn der Woche festgenommene ehemalige Vizepräsident, Taha Yassin Ramadan – werden eine große Herausforderung sein, sagte Human Rights Watch. Diese Verfahren erfordern besondere fachliche Kompetenz im Ermittlungsverfahren, in der Klassifizierung und Verwertung von Beweisen und in der Entwicklung einer Verfahrensstrategie. Wenige irakische Richter, Ankläger oder Strafermittler im Irak haben je in derartig komplexen Verfahren teilgenommen.

Sowohl die Vereinigten Staaten als auch ihre Koalitionspartner haben auf die Erfordernisse, die in Verfahren gegen Seniorbeamte der ehemaligen irakischen Regierung entstehen würden, nicht reagiert.

Die Zerstörung wichtiger Beweise ist auf die Untätigkeit der Koalitionsstreitkräfte zurückzuführen, die es nicht verstanden haben, die Massengräber ausreichend zu sichern. Auch hat sich die Coalition Provisional Authority (CPA), die alliierte Übergangsverwaltung des Irak, nicht darüber geäußert, was mit den 37 ehemaligen irakischen Seniorbeamten – gegenwärtig in US-Gefangenschaft – passieren soll. Bis heute wurde keinem von ihnen Zugang zu ihren Familien oder zu einem Rechtsbeistand gewährt.

„Um die Vermutung einer „Siegerjustiz“ nicht aufkommen zu lassen, müsste ein internationales Tribunal errichtet werden,“ sagte Dicker. „Dieses Ziel kann nur durch die Unterstützung der Vereinten Nationen und des provisorischen irakischen Regierungsrates erreicht werden.“

Die Verfahren könnten im Irak, in arabisch und kurdisch geführt werden. Irakische und internationale Richter würden gemeinsam den Vorsitz haben und relevantes irakisches als auch internationales Völkerrecht wäre anwendbar, sagte Human Rights Watch. Die Organisation rief den irakischen Regierungsrat und die Vereinten Nationen auf, die Schaffung eines gemischten oder internationalen Tribunals zu unterstützen.