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Druck der Vereinigten Staaten auf Kroatien und Slowenien untergräbt internationale Justiz
Ehemalige jugoslawische Republiken sollten IStGH-Nebenabkommen ablehnen
(New York, 10. Juni 2003) - Kroatien und Slowenien unter Druck zu setzen, spezielle Ausnahmeregelungen für den Internationalen Strafgerichtshof zu verabschieden, aber gleichzeitig auf Kooperation mit dem Haager Kriegsverbrechtribunal zu drängen, verdeutlicht die Scheinheiligkeit der Bush-Regierung, sagte Human Rights Watch heute.


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"Im Hinblick auf die hunderttausend Toten und mutmaßlichen Kriegsverbrecher während des Balkan-Krieges, war die Ratifizierung des IStGH-Vertrages durch die ehemaligen jugoslawischen Republiken besonders bedeutungsvoll. Es ist daher wichtig, dass Kroatien und Slowenien dem Druck der US-Regierung nicht nachgeben."

Richard Dicker
Direktor des Programms Internationalen
Justiz bei Human Rights Watch


 
In den vergangenen Tagen haben amerikanische Verhandlungsteams die Balkan-Länder bereist, um bilaterale Immunitätsabkommen auszuhandeln. Diese würden amerikanische Staatsangehörige von der Gerichtsbarkeit des IStGH befreien. Am 28. Mai lies der US-Botschafter in Kroatien einen Brief in der Zagreber Tageszeitung abdrucken, der weiteren Druck auf die kroatische Regierung, das Abkommen zu unterschreiben, ausüben sollte. Darin warnte der Botschafter, dass Kroatien 19 Millionen US-Dollar in militärischer Unterstützung verlieren
würde und dass Kroatiens NATO-Beitritt von der Unterzeichnung
des Immunitätsabkommens abhängen könnte.

"Im Hinblick auf die hunderttausend Toten und mutmaßlichen Kriegsverbrecher
während des Balkan-Krieges, war die Ratifizierung des IStGH-Vertrages
durch die ehemaligen jugoslawischen Republiken besonders
bedeutungsvoll, " sagte Richard Dicker, Direktor des Programms Internationalen
Justiz bei Human Rights Watch. "Es ist daher wichtig, dass
Kroatien und Slowenien dem Druck der US-Regierung nicht nachgeben."

Nachdem Verhandlungsgespräche zwischen dem US-Team und slowenischen Vertretern am 2. Juni gescheitert waren, setzte das US-Team, die slowenische Regierung weiter unter Druck indem sie mit einem Abzug jeglicher militärischer Hilfe drohte. Kroatien und Slowenien haben sich jedoch nicht einschüchtern lassen und wandten sich statt dessen an die EU – die den ehemaligen jugoslawischen Republiken anriet solche Immunitätsabkommen abzulehnen.

"Auf der einen Seite drängen die USA darauf, dass die ehemaligen jugoslawischen Republiken voll und ganz mit dem ICTY kooperieren, doch auf der anderen Seite erpressen sie die selben Staaten, nicht mit dem IStGH zusammenzuarbeiten,“ sagte Dicker.

Ljubljana und Zagreb hätten mit ihrer ablehnenden Haltung die grundlegenden Prinzipien der Justiz, der Rechtsstaatlichkeit und der Verantwortlichkeit aufrechterhalten, sagte Human Rights Watch. "Beide Regierungen haben die prinzipientreue Politik der Europäischen Union gegenüber dem IStGH übernommen,“ sagte Dicker.

Während die Bush-Regierung keine diplomatischen Bemühungen scheut, um ihre Ziele durchzusetzen, reagierten Kroatien, Slowenien und andere EU-Mitglieder sehr unterschiedlich. Die EU beharrt darauf, dass amerikanische Immunitätsabkommen unvereinbar seien mit der Effektivität und Fairness des IStGH.

“Wenn man den US-Forderungen nach Immunität nachkommt, würde man eine Zweiklassen-Justiz schaffen – eine Klasse für amerikanische Bürger und eine Klasse für den Rest der Welt,“ sagte Dicker.

Die US-Bemühungen hatten jedoch schon einigen Erfolg. Bosnien-Herzegowina und Albanien unterzeichneten vor kurzem ein Immunitätsabkommen, haben dieses jedoch noch nicht ratifiziert. Auch Serbien und Montenegro und die Republik Mazedonien waren vor kurzem US-Druck ausgesetzt.

Die Ratifizierung des IStGH-Vertrags durch die ehemaligen jugoslawische Republiken sei besonders bedeutsam, sagte Human Rights Watch. In den letzten sieben Jahren haben die Verfahren wegen Kriegsverbrechen vor dem ICTY in Den Haag gezeigt, dass internationale Tribunale Gerechtigkeit für Opfer und Täter schaffen können. Der IStGH, ein permanenter Gerichtshof mit weitreichender Gerichtsbarkeit, der nicht nur auf eine bestimmten Konflikt beschränkt ist, folgt dem Modell des ICTY.

Für weitere Informationen über den Internationalen Strafgerichtshof, lesen Sie: http://www.hrw.org/german/justice/icc.html