Internationale Justiz
Gerüchte und Fakten über den Internationalen Strafgerichtshof

GERÜCHT: Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) wird politisch motivierte Anklagen gegen amerikanische Staatsbürger oder Soldaten anhören.

FAKT: Das IStGH-Statut enthält zahlreiche Vorkehrungen zur Verhinderung von schikanösen bzw. politisch motivierten Anklagen.

Erstens ist der IStGH nur für die grausamsten internationalen Straftaten zuständig. Diese sind auch weitestgehend durch die Regeln des US-Militärrechts abgedeckt. So lange die Vereinigten Staaten den Vertrag nicht ratifizieren, hat der IStGH keine Gerichtsbarkeit über Straftaten die auf amerikanischem Boden begangen werden.

Zweitens kann der Ankläger eine Ermittlung nur nach Genehmigung der richterlichen Vorverfahrenskammer einleiten. Wäre nun ein Bürger der USA einer Straftat angeklagt, wären die Richter des IStGHs auf Ersuchen hin verpflichtet, den Fall dem amerikanischen Justizwesen zu überlassen und mindestens sechs Monate lang abzuwarten, während die Vereinigten Staaten ihre eigenen Ermittlungen und, falls notwendig, Strafverfolgungen anstellen. Nach diesem Zeitraum wären die Richter des IStGHs nur dann in der Lage, Ermittlungen zu genehmigen, wenn sie zu dem Schluss kämen, dass das amerikanische Justizwesen vorsätzlich die Gerechtigkeit behindere - in der Tat eine sehr hohe Schwelle. Eine Anklageerhebung bedarf ebenfalls einer Bestätigung durch die Vorverfahrenskammer .

Schließlich kann der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einen Beschluss fassen, der den IStGH suspendiert, in einem bestimmten Fall Ermittlungen bzw. strafrechtliche Verfolgungen anzustellen.


GERÜCHT: Das Gericht wird gegen die amerikanischen Verfassungsbestimmungen eines ordnungsgemäßen Verfahrens verstoßen.

FAKT: Das Gericht ist als ein den höchsten Rechtsnormen entsprechendes unparteiisches, unabhängiges Justizorgan konzipiert. In der Tat hat der IStGH eine der längsten Listen von Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren, von denen viele aufgrund von amerikanischen Bemühungen erwirkt wurden.

Das Römische Statut enthält eine umfassende Liste von Rechten, die jedem Angeklagten zustehen, darunter die Unschuldsvermutung, das Recht auf juristischen Beistand, das Recht zur Vorlegung von Beweismaterial und zum Verhör von Zeugen, das Recht auf Aussageverweigerung, das Recht auf Anwesenheit beim Prozess, das Recht darauf, dass Anklagen über einen berechtigten Zweifel hinaus erwiesen werden sowie das Recht darauf, nicht zweimal für dieselbe Straftat angeklagt zu werden.

Der ehemalige Rechtsberater des US-Außenministeriums, Monroe Leigh, sagte: "Die im Römischen Statut aufgestellte Liste der Rechte zur Garantie eines ordnungsgemäßen Verfahrens sind eher detaillierter und umfassender als diejenigen des amerikanischen. ... Mir fällt kein Recht ein, das dem Militärpersonal durch die amerikanische Verfassung und nicht ebenfalls durch den Römischen Vertrag garantiert ist".

Human Rights Watch würde den Vertrag nicht unterstützen, wenn er nicht derartige Vorkehrungen zum Schutz eines ordnungsgemäßen Verfahrens enthielte.

Das Recht auf ein Geschworenenverfahren fehlt im Römischen Vertrag, da es unpraktisch ist, eine Jury zusammenzustellen, um ein Verfahren gegen jemanden wie Pol Pot oder Slobodan Milosevic anzuhören. Die Vereinigten Staaten haben jedoch seit langem akzeptiert, dass ihre Bürger (einschließlich Mitglieder des Militärs) keine Geschworenenverfahren erhalten, wenn sie in Ländern wie Frankreich oder Japan, , vor Gericht gestellt werden. Die Vereinigten Staaten haben Auslieferungsverträge mit vielen Ländern unterzeichnet, die es ausdrücklich gestatten, dass Amerikaner ohne Geschworenenverfahren vor Gericht gestellt werden.


GERÜCHT: Das Gericht gefährdet die Souveränität eines Staates, da es Gerichtsbarkeit über Bürger von Staaten ausübt, die den Vertrag von Rom nicht ratifiziert haben (wie z.B. die Vereinigten Staaten).

FAKT: Das Gericht hat keine Gerichtsbarkeit über Straftaten, die auf amerikanischem Boden begangen werden, solange die Vereinigten Staaten den Vertrag nicht ratifizieren.

Amerikanische Staatsbürger, die im Ausland angeklagt werden, stehen bereits unter ausländischer Gerichtsbarkeit. Hierbei handelt es sich um ein grundlegendes und fundiertes Prinzip des internationalen Völkerrechts. Wenn z.B. heute ein amerikanischer Bürger in Japan oder Deutschland wegen einer schwerwiegenden Straftat angeklagt wird, dann hat Japan bzw. Deutschland das Recht, diesen Bürger vor Gericht zu stellen, auch wenn die Vereinigten Staaten die Straftat selbst verfolgen wollen. Länder, die den Vertrag von Rom ratifizieren, üben einfach ihr souveränes Recht aus, einem internationalen Gericht zu erlauben, bestimmte, auf ihrem Hoheitsgebiet begangene Straftaten zu verfolgen, anstatt diese Gerichtsverfahren selbst zu führen.

Der IStGH bietet Angeklagten umfassendere Garantien eines ordnungsgemäßen Verfahrens, als viele Länder, an welche die Vereinigten Staaten ihre eigenen Bürger ausliefern. Anders als nationale Gerichte, die gegen amerikanische Staatsbürger verhandeln, muss der IStGH, der amerikanischen Justiz den Vorrang lassen, wenn die Vereinigten Staaten die angebliche Straftat selbst untersuchen und den Angeklagten vor Gericht stellen wollen.


GERÜCHT: Das Gericht hat Gerichtsbarkeit über Straftaten, die in der Zeit vor der Gründung des Gerichts begangen wurden und wird außenpolitische Entscheidungen der USA im nachhinein kritisieren.

FAKT: Der IStGH hat keine Amtsgewalt über Straftaten der Vergangenheit: seine Gerichtsbarkeit begann mit dem Inkrafttreten des IStGH-Statuts am 1. Juli 2002.


GERÜCHT: Das Gericht wird die Vereinigten Staaten daran hindern, zum Schutz ihrer nationalen Interessen militärische Einsätze zu unternehmen.

FAKT: Internationale Tribunale haben niemals ein Hindernis für militärische Einsätze dargestellt. In Bosnien und Kosovo haben die Vereinigten Staaten militärisch eingegriffen und Truppen stationiert, obwohl das Gebiet unter der Gerichtsbarkeit des Internationalen Tribunals für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) steht. Mit weniger Sicherungsmaßnahmen als der IStGH und keiner Bedingung, den Entscheidungen nationaler Gerichte den Vortritt zu lassen, hat der ICTY seine Arbeit in verantwortungsvoller Weise ausgeführt. Als der ICTY gebeten wurde, NATO-Einsätze im Kosovo zu überprüfen, wurde entschieden, dass es keine zureichende Grundlage für eine Ermittlung gab.

Durch eine Abschreckungswirkung bezüglich zukünftiger Gräueltaten, verringert das Gericht vielleicht die Notwendigkeit des Einsatzes amerikanischer Truppen in gefährlichen Situationen.


GERÜCHT: Das Gericht ist einer Reihe von undemokratischen Staaten rechenschaftspflichtig.

FAKT: Das Gericht wird ausschließlich durch die Versammlung der Vertragsstaaten ("Assembly of States Parties oder ASP") verwaltet, d.h. durch diejenigen Staaten, die den Vertrag von Rom ratifiziert haben. Voraussichtlich werden fast alle Verbündeten Amerikas, einschließlich aller NATO-Staaten außer der Türkei, den Vertrag von Rom ratifizieren und somit der Versammlung beitreten.

Weil sich die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs auf Straftaten beschränkt, die auf dem Hoheitsgebiet von Vertragsstaaten begangen wurden, scheuen sich Regierungen, die die Menschenrechte missachten, davor, ihre Führer durch Beitritt zum Vertrag der strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Bislang haben es Länder wie China, Kuba, Nordkorea, Irak, Libyen, Burma und Pakistan abgelehnt, das IStGH-Statut, der hauptsächlich von bestehenden und aufstrebenden Demokratien in der ganzen Welt ratifiziert wird, zu unterzeichnen.


GERÜCHT: Der IStGH wird sich über nationale Gerichtsbarkeiten hinwegsetzen.

FAKT: Die Vereinigten Staaten können die strafrechtliche Verfolgung ihrer Staatsangehörigen durch den IStGH verhindern, indem nationale Gerichte zur Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen herangezogen werden. Das IStGH-Statut erkennt das Vorrecht und die Pflicht eines Staates an, die schwerwiegendsten Menschenrechtsverbrechen zu verfolgen. Der IStGH kann nur dann eingreifen, wenn der Staat mit seiner vorrangigen Gerichtsbarkeit selbst nicht in der Lage oder Unwillens ist, einen Fall zu bearbeiten. Der IStGH hat keine Gerichtsbarkeit in Fällen, die amerikanische Staatsangehörige betreffen, wenn die Vereinigten Staaten selbst ermitteln und, falls notwendig, die verantwortliche Person selbst vor Gericht bringen. Zudem können amerikanische Staatsangehörige nur dann vor den IStGH gebracht werden, wenn sie ein, unter die Zuständigkeit des Gerichtshofs fallendes, schwerwiegendes Verbrechen begangen haben.

Im guten Glauben unternommene staatliche Bemühungen zur Untersuchung angeblicher Verbrechen und, falls notwendig, zur strafrechtlichen Verfolgung, verhindern ein Einschreiten des IStGH auch dann, wenn die staatlichen Behörden zu dem Schluss kommen, dass die Beweislage keine strafrechtliche Verfolgung rechtfertigt.


GERÜCHT: IStGH-Richter werden sich als parteiisch bzw. unfähig erweisen.

FAKT: Der Vertrag legt strenge Kriterien für die Wahl des Anklägers und der Richter fest. Verlangt werden Experten, deren Ruf, moralischer Charakter und Unabhängigkeit über jeden Vorwurf erhaben sind. Während ihrer Amtszeit haben sie sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die ihre Unabhängigkeit gefährden könnte, und können von ihrer Mitarbeit an bestimmten Gerichtsfällen entbunden werden, falls ihre Unparteilichkeit in irgendeiner Weise in Frage gestellt wird. Sollte der unwahrscheinliche Fall des Machtmissbrauchs eintreten, werden sie sich vor einer Versammlung der Mitgliederstaaten verantworten müssen und können durch eine einfache Stimme dieser Staaten von ihrem Amt enthoben werden.


GERÜCHT: Das Gericht wird zur Verfolgung von politisch motivierten Fällen gegen Israel missbraucht werden.

FAKT: Der IStGH kann keine israelische Handlung, die vor dem Inkrafttreten seiner Gerichtsbarkeit am 1. Juli dieses Jahres verübt wurde, strafrechtlich verfolgen. Zukünftige auf israelischem oder palästinensischem Hoheitsgebiet begangene Handlungen fallen nur dann unter die Gerichtsbarkeit, falls das IStGH-Statut durch Israel bzw. durch einen weitgehend anerkannten palästinensischen Staat ratifiziert wird. Dieser Fall würde wahrscheinlich erst nach dem Abschluss eines israelisch-palästinensischen Friedensvertrags eintreten. In diesem Fall sind militärische Handlungen Israels gegen die Palästinenser wesentlich geringer.

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