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USA: Bundeskanzler Schröder sollte Menschenrechte ansprechen
Neue Strategie im Irak und in Afghanistan gefordert
(New York, 27. Februar 2004) - Bei dem Treffen des deutschen Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, mit dem US-Präsidenten, George W. Bush, heute im Weißen Haus sollten wichtige Menschenrechtsfragen besprochen werden, sagte Human Rights Watch im Vorfeld des Treffens, das als eine Versöhnung beider Regierungen gilt.

"Schröders Besuch wird als eine Gelegenheit gesehen, vergangene Differenzen auszuräumen und die enge Beziehung beider Staaten wieder herzustellen. Doch muss Deutschland seiner Stellung bei wichtigen Menschenrechtsfragen gerecht werden".

Kenneth Roth
Direktor von Human Rights Watch


 

Human Rights Watch drängte Kanzler Schröder darauf, Washington zu einer neuen Menschenrechts- und Sicherheitsstrategie in Afghanistan aufzufordern. Die Strategie sollte die Beendigung der Kooperation der USA mit den Warlords, die Entsendung zusätzlicher Blauhelme und UN-Menschenrechtsbeobachter außerhalb Kabuls und die Anweisung der ländlichen Wiederaufbauteams, Zivilpersonen zu beschützen, umfassen.

Die deutsche Regierung hat eine Schlüsselrolle im Wiederaufbau Afghanistans gespielt. Darunter zählen die Austragung des Bonner Friedensabkommens im Jahre 2001, die Führung der Internationalen Schutztruppe (ISAF), die vor kurzem übergeben wurde, und die Einberufung einer Geberkonferenz, die im nächsten Monat in Berlin stattfinden soll. Inzwischen wird eine erweiterte Schutztruppe von der NATO auch außerhalb Kabuls geleitet. Die NATO Mitglieder, darunter Deutschland und die Vereinigten Staaten, müssten dieses Engagement mit der Entsendung von noch mehr Soldaten und logistischer und finanzieller Mittel unterstützen.

"Deutschland hat vor Ort erlebt, wie die Unterstützung der Warlords seitens der USA die Sicherheits- und Menschenrechtslage in Afghanistan verschlechterte", sagte Roth. "Kanzler Schröder und Präsident Bush sollten ihre Verbündeten in der NATO überzeugen, sofort mehr Sicherheitskräfte nach Afghanistan zu entsenden".

Weiter sollte der deutsche Kanzler Washington warnen, nicht die Fehler, die in Afghanistan gemacht wurden, im Irak zu wiederholen, so Human Rights Watch. Besonders dürften die Vereinigten Staaten die "Warlordstrategie" nicht im Irak nachbilden, indem sektiererische oder ethische Milizen unterstützt werden. Außerdem sollte Saddam Hussein und seine Untergebenen vor ein Tribunal gestellt werden, das internationalen Standards entspricht. Deutschland sollte auch ein geplantes Trainingsprogramm für die irakische Polizei realisieren.

Auch die Lage auf Guantanamo Bay sollte Teil des Gesprächs sein. Dabei sollte der deutsche Kanzler seine Befürchtungen über das Schicksal der Hunderten Gefangenen, die auf der kubanischen Insel gefangen gehalten werden, und über die angekündigten Verfahren vor Militärkommissionen, die gegen internationale Rechtsstandards verstoßen, äußern, erklärte Human Rights Watch.

Anfangs der Woche hatte die Bush-Regierung die Freilassung von einigen europäischen Gefangenen auf Guantanamo und die Anklagen der zwei von sechs Gefangenen, die vor die Militärkommissionen gestellt werden sollen, angekündigt. Doch werden immer noch ungefähr 650 Gefangene, darunter einige Kinder, in rechtlicher Ungewissheit unter dem Deckmantel des Krieges gegen den Terror als feindliche Kombattanten gehalten. Den vorgesehenen Militärkommissionen fehlt es an grundsätzlichen Sicherheiten für ein faires Verfahren, wie zum Beispiel dem Recht auf Berufung vor ein amerikanisches Zivilgericht.

Human Rights Watch rief Kanzler Schröder auch auf, Präsident Bush darauf zu drängen, seinen Kurs gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu ändern. Die Vereinigten Saaten haben kein Recht gegen Staaten vorzugehen, die dem IStGH eine Kontrollfunktion bei Verbrechen, die auf ihrem Hoheitsgebiet stattfinden, übertragen haben.

"Kanzler Schröder sollte Präsident Bush den Schaden vor Augen halten, der durch die Politik auf Guantanamo oder der Feindseligkeiten gegenüber dem IStGH für die Menschenrechtsglaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten entsteht", sagte Roth.