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IStGH: Umfangreiche Untersuchungen in Uganda gefordert
(New York, 4. Februar 2004) - Die Aussicht auf eine unabhängige Untersuchung durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) von ernsthaften Verbrechen in Uganda stellt einen willkommenen Schritt dar, sagte Human Rights Watch heute.


"Human Rights Watch hat bereits über viele schockierende Menschenrechtsverletzungen durch die LRA in Uganda berichtet. Jetzt steht der Ankläger des IStGH in der Pflicht, dass die Verbrechen, die angeblich von ugandischen Regierungstruppen begangen wurden, auch untersucht werden".

Richard Dicker
Direktor des Programms Internationale Justiz von Human Rights Watch


 
Am 29. Januar wurde vom Ankläger des IStGH, Luis Moreno Ocampo, in London bekannt gegeben, dass er eine Untersuchung der in Uganda begangenen Verbrechen einleiten werde. Die Bekanntgabe wurde während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ugandischen Präsidenten, Yoweri Museveni, dessen Regierung die Verbrechen der sogenannten "Lord's Resistance Army (LRA) dem Ankläger unterbreitete, gemacht. Damit ist Uganda der erste Vertragsstaat, seit der Entstehung des IStGH, der dem Gerichtshof einen Fall unterbreitet.

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"Human Rights Watch hat bereits über viele schockierende Menschenrechtsverletzungen durch die LRA in Uganda berichtet", sagte Richard Dicker, Direktor des Programms Internationale Justiz von Human Rights Watch. "Jetzt steht der Ankläger des IStGH in der Pflicht, dass die Verbrechen, die angeblichen von ugandischen Regierungstruppen begangen wurden, auch untersucht werden".

Human Rights Watchs Untersuchungen zufolge hat die LRA weitverbreitete Menschenrechtsverbrechen an Zivilpersonen in Uganda begangen, darunter Kindesentführungen, Massenexekutionen, Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Angriffe, Zwangsarbeit und Verstümmelungen. In der Zwischenzeit haben die Entführungen Rekordzahlen erreicht. Eine geschätzte Zahl von 10.000 Kindern wurde seit Mitte 2002 entführt und gezwungen an Kampfhandlungen teilzunehmen, Zivilpersonen zu töten und andere Kinder zu entführen. Kinder, die einen Befehl verweigern, werden getötet; des öfteren von anderen Kindern, die wiederum dazu gezwungen werden.

Human Rights Watch hat aber auch von Verbrechen seitens ugandischer Regierungstruppen, der sogenannten Ugandan People's Defense Forces (UPDF), berichtet. Von der UPDF begangene Verbrehen beinhalten, außergerichtliche Tötungen, Vergewaltigungen und sexuelle Angriffe, gewaltsame Vertreibungen von mehr als einer Million Zivilisten und die Verpflichtung von Kindern unter 15 Jahren in Regierungsmilizen.

"Präsident Musevenis Unterbreitung an den Ankläger schränkt seine Untersuchungen nicht nur auf die angeblich begangenen Verbrechen der LRA ein", sagte Dicker. "Der Ankläger muss eine unabhängige Untersuchung führen und hat die Befugnis alle der Gerichtsbarkeit des IStGH unterliegenden Verbrechen in Uganda zu beleuchten".

Das ugandische Parlament ratifizierte den IStGH-Vertrag am 14. Juni 2002. Mit ihrer Unterbreitung des Falles verpflichtet sich die ugandische Regierung zur Kooperation mit dem IStGH, Beweise zu liefern, Personen, die von Gerichtshof gesucht werden, zu verhaften und auszuliefern und Zeugen und Opfer zu schützen. Diese Unterstützung muss sich auch auf etwaige Untersuchungen des Anklägers von Verbrechen der UPDF erstrecken.

Human Rights Watch warnte auch davor, dass die Untersuchungen seitens des Anklägers auf eine Art durchgeführt werden, die die Sicherheit der Kinder, die sich noch in den Händen der LRA befinden oder noch entführt werden könnten, nicht gefährdet. Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe und das UN-Kinderfonds (UNICEF) haben kürzlich ihre Präsenz in Norduganda verstärkt, doch sollten noch mehr Beobachter zum Schutz der Kinder und der Menschenrechte nach Norduganda entsandt werden.

Zudem drängte Human Rights Watch darauf, eine sofortige internationale Strategie auszuarbeiten, um die Freilassung der Kinder, die sich in den Händen der LRA befinden, zu ermöglichen. Ein erneuter internationaler Druck auf alle Parteien des Konflikts - darunter die LRA und die ugandische Regierung - sei erforderlich, um den Entführungen ein Ende zu setzen und die Freilassung der Kinder zu gewährleisten.

Um jenen Immunität zu gewähren, die wegen ernsthafter Verbrechen angeklagt werden, wurde von der ugandischen Regierung ein Amnestiegesetz verabschiedet. Doch wird in einem Pressebericht des IStGH vom 29. Januar 2004 bestätigt, dass Präsident Museveni eine Abänderung dieses Amnestiegesetzes beabsichtigt, um die LRA-Führung von diesem Schutz auszuschließen. Unabhängig davon, ob dieses Vorhaben durchgeführt wird, besteht unter dem IStGH-Vertrag, aber auch generell unter internationalem Völkerrecht, keine Immunität bei Verbrechen, wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.