Pressemitteilungen
FREI    HRW Email Liste  
China: Zwangsräumungen lösen Proteste aus
China sollte neues Verfassungsgesetz zum Schutz des Eigentums umsetzen
(Hong Kong, 25. März 2004) - In einem heute veröffentlichten Report berichtet Human Rights Watch, wie Hunderttausende Hauseigentümer und Mieter, die wenig Aussicht auf Entschädigung haben, von chinesischen Behörden und Bauunternehmern zwangsgeräumt werden.


"Menschen werden die Wohnungen einfach so entzogen. Die neuen Verfassungsänderungen scheinen auf dem Papier Schutz zu bieten, doch müssen sie auch in die Tat umgesetzt werden".

Sara Davis
China Researcher der Asienabteilung von Human Rights Watch


 
Mit wenig Hoffung auf finanzielle Entschädigung gehen zwangsgeräumte Bewohner immer häufiger zum Protest auf die Strasse, wo sie zusehends auf Polizeigewalt treffen. In vielen Städten haben zwangsgeräumte Bewohner damit begonnen, Straßenproteste zu organisieren und ihren Kummer im Internet kund zu tun. Führende Rechtsexperten und auch einige von der Regierung kontrollierte Nachrichtendienste haben sich offen gegen das Versagen der Regierung, die Rechte der Hauseigentümer und Mieter zu schützen, geäußert. Die chinesische Regierung hatte erst vor kurzem einige Rechtsreformen verabschiedet - darunter auch eine Verfassungsänderung zum Schutz des Eigentums, die in diesem Monat von dem Nationalen Volkskongress angenommen wurde.


Zu diesem Thema

Demolished: Forced Evictions and the Tenants' Rights Movement in China
25. März 2004    Report


"Menschen werden die Wohnungen einfach so entzogen", sagte Sara Davis, China Researcher der Asienabteilung von Human Rights Watch. "Die neuen Verfassungsänderungen scheinen auf dem Papier Schutz zu bieten, doch müssen sie auch in die Tat umgesetzt werden".

Human Rights Watch sagte, dass die rasche Stadtentwicklung, die durch die Vorbereitungen der Olympiade in 2008 vor allem in Peking vorangetrieben werde, zu Zwangsräumungen von Hauseigentümern und Mietern führe und sowohl gegen chinesisches Recht als auch gegen internationale Standards zum Recht auf Wohnung verstoße.

Der 45-seitige Bericht: "Demolished: Forced Evictions and the Tenants' Rights Movement in China", beschreibt die Probleme, denen sich viele Chinesen gegenüberstehen.

"Oft werden Menschen durch angeheuerte Rowdys vertrieben oder von Bulldozern, die dabei sind ihre Häuser abzureisen, beim Schlafen überrascht", so Davis. "Anstatt geltendes Recht durchzusetzen, unternehmen örtliche Behörden wenig, um die illegalen Aktionen zu stoppen. Tatsächlich profitieren sie finanziell von den Bauunternehmern."

Die Bauunternehmer arbeiten Hand in Hand mit örtlichen Regierungsbeamten, um Genehmigungen für Zwangsräumungen zu erhalten. Weitverbreitete Korruption könnte der Grund dafür sein, dass Mitglieder der kommunistischen Partei die Interessen der Bauunternehmer denen der Bürger vorziehen. Gerichte weisen Fälle von Zwangsräumungen regelmäßig ab, weil sie von örtlichen Beamten unter Druck gesetzt werden. Dies führt dazu, dass Personen, die ihre Zwangsräumung vor Gericht anfechten, keinen ausreichenden rechtlichen Schutz genießen. In den wenigen Fällen, wo Bürger eine Entschädigung erhalten, wird diese nur unzureichend gewährt. Human Rights Watch sagte, dass die nationalen Rechtsreformen wenig Einfluss auf die tatsächliche Situation gehabt hätten.

Im Oktober wurde Zheng Enchong, ein prominenter Mietrechtsanwalt, von einem Shanghaier Gericht wegen "Verbreitung von Staatsgeheimnissen" zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, nachdem er Schreiben über örtliche Proteste an eine Menschenrechtsgruppe mit Sitz in den USA faxte. Seit seiner Inhaftierung haben Anwälte und Mieter Human Rights Watch gegenüber ausgesagt, dass weniger Anwälte Mandate über Zwangsräumungen anzunehmen bereit sind.

"Die chinesische Regierung will, dass zwangsgeräumte Bewohner ihre Fälle vor Gericht, anstatt auf die Strasse tragen", sagte Davis. "Doch muss das Gerichtssystem verstärkt und unabhängiger gemacht werden. Anwälte, wie Zheng, sollten über notwendige Reformen befragt, nicht inhaftiert werden".