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Usbekistan: Menschenrechtsverteidiger wegen homosexueller Handlungen verhaftet
(New York, 29. Mai 2003) - Der Menschenrechtsverteidiger Ruslan Scharipow und zwei seiner Kollegen wurden offensichtlich aus politischen Gründen von usbekischen Beamten verhaftet, sagte Human Rights Watch heute. Human Rights Watch rief die usbekische Regierung auf, die drei Menschenrechtsaktivisten sofort freizulassen, bis weitere Untersuchungen durchgeführt wurden.

"Es besteht der starke Verdacht, dass es sich hierbei wegen Scharipows langjähriger Kritik an der Regierung, verbunden mit Belästigungen gegen ihn und seine Kollegen in der Vergangenheit, um eine politisch motivierte Verhaftung handelt. Dass er wegen homosexueller Handlungen angeklagt wurde, die seine Rechte auf Gleichbehandlung und Wahrung der Privatsphäre verletzen, macht es doppelt so schlimm".

Elizabeth Andersen
Direktorin der Abteilung für Europa und Zentralasien von Human Rights Watch


 

Ruslan Scharipow wurde am 26. Mai 2003 von der Polizei verhaftet. Der Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Journalist ist bekannt durch seine kritischen Artikel über Polizeikorruption und Menschenrechtsverletzungen. Auch wurden zwei seiner Kollegen Oleg Sarapulow und Azamat Mamankulow verhaftet. Am Mittwoch gaben Beamte der Abteilung für Terrorbekämpfung Human Rights Watch gegenüber bekannt, dass Scharipow wegen homosexueller Handlungen angeklagt wird (Artikel 120 des usbekischen Strafgesetzbuches). Laut Polizei besteht gegen Scharipow auch der Verdacht, dass er Sex mit zwei männlichen Minderjährigen gegen Bezahlung gehabt habe. Gegen Sarapulow und Mamankulow wurden noch keine Anklagen erhoben.


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Persecution of Human Rights Defenders in Uzbekistan
Hintergrundpapier, 1. Mai 2003


"Es besteht der starke Verdacht, dass es sich hierbei wegen Scharipows langjähriger Kritik an der Regierung, verbunden mit Belästigungen gegen ihn und seine Kollegen in der Vergangenheit, um eine politisch motivierte Verhaftung handelt, sagte Elizabeth Andersen, Direktorin der Abteilung Europa und Zentralasien von Human Rights Watch. "Dass er wegen homosexueller Handlungen angeklagt wurde, die seine Rechte auf Gleichbehandlung und Wahrung der Privatsphäre verletzen, macht es doppelt so schlimm".

Mehr als 24 Stunden lang wurde Human Rights Watch und anderen Personen der internationalen Gemeinschaft gegenüber verschwiegen, dass Scharipow und seine Kollegen in der Polizeistation in Mirzo-Ulugbekski in Haft saßen. Erst am späten Morgen des 27. Mai haben die Behörden bekannt gegeben, dass sich die drei in Polizeigewahrsam befinden. Am selben Abend wurde dem Anwalt Scharipows der Zugang zu seinem Mandanten verweigert. Erst am nächsten Tag wurde Scharipow ein Treffen mit seinem Anwalt und Human Rights Watch gestattet - allerdings unter Aufsicht eines Polizeibeamten. Scharipow sagte Human Rights Watch gegenüber, dass er einige Male von der Polizei geschlagen wurde, ihm gedroht wurde, mit einer Flasche vergewaltigt zu werden und ihm eine Gasmaske aufgesetzt wurde. Auch seien ihm Kopien seiner veröffentlichten Artikel vor ihm auf den Tisch gelegt worden und dabei wurde er ständig angebrüllt.

Scharipow sagte auch, dass er seine sexuelle Ausrichtung nie verborgen hätte. Er berichtete weiter, dass die Vorwürfe gegen ihn konstruiert worden seien, in Vergeltung für seine Artikel, in denen er über die Polizeikorruption geschrieben hatte.

"Die Polizei hat die Rechte von Scharipow bereits verletzt", sagte Andersen. "Wir werden diesen Fall genau verfolgen".

Human Rights Watch hat bereits früher über Belästigungen gegenüber Ruslan Scharipow, Oleg Sarapulow und Azamat Mamankulow berichtet. Am 21. Oktober 2002 haben Beamte des nationalen Sicherheitsdienstes Mamankulow mit Gewalt aus einem Internet Café geführt. Er wurde mehrmals in den Magen und auf den Kopf geschlagen und gewarnt, die Zusammenarbeit mit Scharipow zu beenden. Am 22. Februar wurde Sarapulow von der Polizei verhaftet und über regierungskritische Internet-Berichte befragt, die in seinem Besitz sein sollten. Nach zwei Tagen wurde er freigelassen. Human Rights Watch gegenüber sagte er, dass ihm Flugblätter untergeschoben worden seien, die der Hizb ut-Tahrir, einer in Usbekistan verbotenen islamischen Gruppe, angehörten.

In März 2002 hat sich Human Rights Watch mit einem Bericht an Präsident Karimow gewandt, in dem auf drei Attacken gegen Scharipow im Januar und Februar 2002 aufmerksam gemacht wurde. Dabei wurde er von Polizeibeamten in ein Auto gezerrt und über seine journalistischen Aktivitäten verhört. Außerdem wurde er zweimal von unbekannten Tätern brutal zusammengeschlagen und ihm sein Mobiltelefon, Journalistenausweis, Pass und Geld abnahmen.

Seit 1994 ist das UN-Menschenrechtskomitee, das die Einhaltung des internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) überwacht, bestrebt, die Mitgliedsländer des Paktes aufzufordern, Sodomie-Gesetze oder Gesetze, die einvernehmliche homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen unter Strafe stellen, aufzuheben. Das Komitee hat festgestellt, dass solche Gesetze das Diskriminierungsverbot des ICCPR verletzen und auch gegen Artikel 17 verstoßen, der das Recht auf Privatsphäre schützt. Das Komitee wies besonders darauf hin, dass die sexuelle Ausrichtung einer Person ebenso unter das Diskriminierungsverbot fällt. Das Abkommen wurde von Usbekistan bereits 1996 ratifiziert.