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Sudan: Verfolgter Journalist muss fliehen
Herausgeber einer kritischen Zeitung wird mit Stipendium für bedrohte Autoren ausgezeichnet
(New York, 12. November 2003) – Ein bekannter, unabhängiger Journalist war gezwungen aus dem Sudan zu fliehen, da er von der sudanesischen Regierung verfolgt wird, gab Human Rights Watch heute bekannt.


Zu diesem Thema

Sudan: Human Rights and Political Inclusion Must Be Part of Sudan Peace Agreement
HRW Hintergrundpapier, September 2003



„Eine unabhängige Presse wird sowohl im Süden als auch im Norden des Sudan für seine Zukunft von großer Bedeutung sein. „Die internationale Gemeinschaft muss Leute wie Nhial Bol und andere unabhängige Journalisten unterstützen, damit diese weiterhin über Menschenrechtsverletzungen berichten können“.

Jemera Rone
Sudan-Expertin von Human Rights Watch


 
Der frühere Herausgeber und Reporter der sudanesischen Zeitung „Khartoum Monitor“, Nhial Bol, der einzigen englischsprachigen Zeitung im Sudan, musste den Sudan im Oktober in Richtung Kenia fliehen, nachdem die Regierung wiederholt gegen den „Monitor“ vorgegangen war und ihn wiederholt bedroht und verhaftet hatte. Das Büro des „Khartoum Monitor“ wurde dieses Jahr bereits mehrere Male von der Regierung geschlossen. Human Rights Watch hatte die sudanesische Regierung wiederholt für die Angriffe auf freie Medien verurteilt.

Am 1. November wurde Bol ein Stipendium des Hellman-Hammet-Fonds für verfolgte Autoren zugesprochen, das von Human Rights Watch verwaltet wird. Bereits im letzten Jahr war der „Khartoum Monitor“ mit dem jährlichen Hellman-Hammet-Fonds ausgezeichnet worden. Sicherheitskräfte hatten die Redaktion wiederholt geschlossen und die Regierung hatte gedroht, die Zeitung gerichtlich zu verbieten.

Bol plant zur Zeit in den Südsudan zurückzukehren, um dort im Rebellengebiet der „Sudan People’s Liberation Army (SPLM/A)“ eine neue Zeitung zu gründen. Bis Ende dieses Jahres sollen die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der SPLM/A, die den 20-jährigen Bürgerkrieg beenden sollen, abgeschlossen sein. Bei diesen Gesprächen spielen die Vereinigten Staaten eine wichtige Vermittlerrolle. Das Friedensabkommen sieht vor, dass eine regionale Regierung im Süden gebildet wird, wobei die SPLM/A eine dominante Rolle haben soll.

Da es in dem Rebellengebiet weder geeignete Kommunikationsmittel noch Infrastruktur gibt, haben die Rebellen der SPLM/A keinerlei Erfahrung mit unabhängigen Medien. Sie werden jedoch, da sie eine Schlüsselrolle in der regionalen Regierung spielen werden, genau beobachtet werden.

„Eine unabhängige Presse wird sowohl im Süden als auch im Norden des Sudan für seine Zukunft von großer Bedeutung sein“, sagte Jemera Rone, Sudan-Expertin von Human Rights Watch. „Die internationale Gemeinschaft muss Leute wie Nhial Bol und andere unabhängige Journalisten unterstützen, damit diese weiterhin über Menschenrechtsverletzungen berichten können“.

Nhial Bol hat für den „Monitor“ seit der Gründung im Jahr 2000 als Herausgeber gearbeitet. Als einzige englischsprachige Tageszeitung des Landes ist der „Monitor“, der verstärkt über Themen wie den Dialog und Friedensprozess zwischen dem Nord- und Südsudan berichtet hat, vor allem von der südsudanesischen Bevölkerung gelesen worden. Durch seine Berichterstattung über den Friedensprozess, die Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte, die Versklavung und die schlechte Behandlung von Südsudanesen, ist der „Monitor“ häufig in Konflikt mit der Regierung in Khartoum geraten. Die Regierung hat daraufhin mit Einschüchterung, Zensur und Konfiszierung reagiert. Bol selbst ist duzende Male verhaftet worden.

Im Februar hatte der von der Regierung kontrollierte „Nationale Presserat“ alle Zeitungen dazu aufgefordert, nicht über den Friedensprozess zu berichten. Daraufhin wurden mehrere unabhängige Redaktionen durchsucht. Monitor-Reporter Edward Tersu Ladu wurde dabei verhaftet und saß 10 Tage in Haft. Im letzten Mai hatte ein khartoumer Strafgericht den „Monitor“ für 2 Monate geschlossen. Im Juni wurde dem „Monitor“ von dem „Court of Crimes Against the State”, einem sudanesischen Sicherheitsgericht, die Lizenz dauerhaft entzogen und eine Strafzahlung von 400.000 sudanesischen Dinar (US-$ 1.554) ausgesprochen. Bol und sein Mitarbeiter William Ezekil sind wegen Verbrechen gegen den Staat schuldig gesprochen worden. Am 13. September durfte die Redaktion das letzte Mal für zwei Tage öffnen.

Das Hellman-Hammet-Fonds wird von Human Rigths Watch jedes Jahr an politisch verfolgten Autoren aus aller Welt vergeben. Das Programm besteht seit 1989 – nachdem Human Rights Watch aufgefordert worden ist, das Erbe von Lillian Hellman zu verwalten. Das Programm will vor allem Autoren unterstützen, die durch ihre Berichterstattung in finanzielle Not geraten sind.