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Mexiko: Fälle aus "schmutzigem Krieg" kommen vor Gericht
(Washington, D.C., 5. November 2003) - Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Mexiko, einen Fall von "Verschwindenlassen" von Personen aus dem Jahre 1975 untersuchen zu lassen, stellt einen Sieg für die Gerechtigkeit dar, sagte Human Rights Watch heute.

"Diese Entscheidung stellt einen Meilenstein für die Gerechtigkeit in Mexiko dar. Sie könnte den Weg für Untersuchungen von hunderten Fällen von "Verschwindenlassen" aus den 60er und 70er Jahren freimachen".

José Miguel Vivanco
Direktor der Americas-Abteilung von Human Right Watch


 

Das heutige Urteil öffnet die Tür für mögliche weitere Strafverfolgungen von ehemaligen Beamten, die an der Entführung von Linksaktivisten in den 60er and 70er Jahren beteiligt gewesen sind.


Zu diesem Thema

Justice in Jeopardy: Why Mexico’s First Real Effort To Address Past Abuses Risks Becoming Its Latest Failure
July 2003    HRW Bericht

Mexico: Court Ruling a Victory for International Justice
10. Juni 2003    Pressemitteilung


"Diese Entscheidung stellt einen Meilenstein für die Gerechtigkeit in Mexiko dar", sagte José Miguel Vivanco, Direktor der Americas-Abteilung von Human Right Watch. "Sie könnte den Weg für Untersuchungen von hunderten Fällen von "Verschwindenlassen" aus den 60er und 70er Jahren freimachen".

Der Fall, der gerade erst entschieden worden ist, wird wie weitere Fälle aus dieser Zeit von einer Sonderstaatsanwaltschaft bearbeitet. Dieser spezielle Posten wurde im November 2001 vom mexikanischen Präsidenten Vincente Fox gegründet, um Menschenrechtsverletzungen, die unter vorhergehenden Regierungen begangen worden sind, zu untersuchen.

Der erste Versuch des Sonderstaatsanwalts, ehemalige Beamte anzuklagen, schlug im vergangenen März fehl, als ein Oberster Richter mit dem Argument der Verjährung sich weigerte, entsprechende Haftbefehle zu erlassen.

Diese Entscheidung hat das Oberste Gericht jetzt einstimmig abgelehnt: Die Verjährungsfrist beginne erst zu laufen, mit dem Auffinden der Leiche der vermissten Person.

Das Opfer in diesem Fall war Jesus Piedra Ibarra, der vermeintliche Anführer der Guerillagruppe "Liga 23 de Septiembre". Angeblich wurde er 1975 von Polizisten und Geheimagenten in Monterrey, Mexiko entführt. Sein Körper wurde bis heute nicht gefunden.

Der Ibarra-Fall ist einer von Hunderten, die gerade von der Sonderstaatsanwaltschaft untersucht werden. In einem von Human Rights Watch im Juli veröffentlichten Bericht: "Justice in Jeopardy", wird gezeigt, dass die Arbeit des Sonderstaatsanwalts erschwert und behindert wurde; etwa wegen Finanzierungsmangel, durch beschränkte Einsicht in freigegebene Akten oder fehlende Kooperation von Seiten des Militärs.

Um das Amt des Sonderstaatsanwalts weiter zu stärken, muss der Zugriff auf freigegebene Dokumente erweitert werden. Dies bedeutet das einerseits das Archiv katalogisiert werden muss und andererseits, dass sichergestellt wird, dass die Dokumente nicht von Beamten mit möglichen Verbindungen zu den verdächtigen Personen verwaltet werden.

"Bis der Staatsanwalt herausgefunden hat, was passiert ist, und wer für die Verbrechen verantwortlich ist, besteht noch viel Arbeit", sagte Vivanco. "Aber jetzt können zumindest die Untersuchungen fortgesetzt werden".