Pressemitteilungen
Irak: Sicherheitslage beschränkt Frauen
(New York, 16. Juli 2003) – Die Lage in Bagdad und anderen irakischen Städten wirkt sich verheerend auf irakische Frauen und Mädchen aus und verhindert zu einem wichtigen Zeitpunkt, dass diese an dem öffentlichen Leben ihres Landes teilnehmen, sagte Human Rights Watch heute.


Zu diesem Thema

Climate of Fear: Sexual Violence and abduction of Women and girls in Baghdad
HRW Bericht, Juli 2003



„Frauen und Kinder in Bagdad haben so große Angst, dass viele nicht in die Schule oder zur Arbeit gehen. Wenn die irakischen Frauen wirklich eine Rolle in ihrer Gesellschaft spielen sollen, muss sich die Sicherheitslage verbessern.“

Hanny Megall Direktor der Abteilung Mittlerer Osten und Nordafrika von Human Rights Watch


 
Der 17-seitige Bericht, „Climate of Fear: Sexual Violence and Abduction of Women und Girls in Baghdad,” zeigt, dass das Versagen der irakischen Behörden und der US-Besatzungstruppen für öffentliche Sicherheit zu sorgen, zu weitverbreiteter Angst vor Entführung und Vergewaltigung führt.

„Frauen und Kinder in Bagdad haben so große Angst, dass viele nicht in die Schule oder zur Arbeit gehen,“ sagte Hanny Megall, Direktor der Abteilung Mittlerer Osten und Nordafrika von Human Rights Watch. „Wenn die irakischen Frauen wirklich eine Rolle in ihrer Gesellschaft spielen sollen, muss sich die Sicherheitslage verbessern“.

Human Rights Watch interviewte Vergewaltigungs- und Entführungsopfer, irakische Polizeibeamte, Beamte des Gesundheitssystems, sowie Mitglieder der US-Militärpolizei und zivile Beamte. 23 glaubwürdige Fälle von Vergewaltigung und Entführung wurden dokumentiert. Der Human Rights Watch Bericht verdeutlicht weiterhin, dass die lokale Polizei Anzeigen wegen sexueller Gewalt und Entführung nur wenig Aufmerksamkeit schenkt, dass die Beamten unter einem massiven Mangel an Ressourcen leiden und Opfer von sexueller Gewalt oft gleichgültig oder diskriminierend behandelt werden.

Der Bericht zeigt weiterhin auf, dass die US-Militärpolizei nicht bereit ist einzugreifen, wenn die irakische Polizei nicht willens oder in der Lage ist, Untersuchungen von sexueller Gewalt und Entführung einzuleiten. In einigen Fällen sind die Akten von Vergewaltigungs- und Entführungsfällen verloren gegangen.

Megally betonte, dass die irakischen Behörden und Besatzungstruppen umgehend rechtliche Reformen, Umschulungen für Polizeibeamte und medizinische Dienste einführen sollten. Bis die irakischen Behörden selbst dazu in der Lage sind, sollten die USA eine spezielle Kommission einsetzen, die sexuelle Gewalttaten und Menschenhandel von Frauen und Kindern untersuchen würde.

Human Rights Watch hat unter anderem folgende Falle dokumentiert:

  • Saba A. (Name verändert), ein 9-jähriges Mädchen, wurde am 22. Mai von einem unbekannten Mann vor dem Hotel in dem sie lebt aufgegriffen und brutal vergewaltigt. Das lokale Krankenhaus, sowie das Forensische Institute weigerten sich, sie zu untersuchen, da sie keine offizielle ärztliche Überweisung vorlegen konnte.
  • Muna B. (Name verändert), ein 15-jähriges Mädchen, flüchtete am 8. Juni aus einem Haus außerhalb Bagdads. Dort wurde sie zusammen mit ihren zwei Schwestern und sieben anderen Kindern einen Monat lang festgehalten. Im Gegensatz zu ihrer Schwester wurde sie nicht vergewaltigt. Sie glaubte, ihre Entführer würden sie und die anderen Kinder an Menschenhändler verkaufen. Ihr Fall wurde der US-Militärpolizei berichtet. Die irakische Polizei hatte Muna nicht einmal befragt.
  • Dalal S. (Name verändert), eine 23-jährige Frau, wurde am 15. Mai mit ihrer Mutter und anderen Familienmitgliedern auf der Straße entführt. Sie wurde in ein Haus außerhalb Bagdads gebracht. Dort wurde sie über Nacht festgehalten und vergewaltigt. Ihr Vater berichtete die Vergewaltigung der Polizei. Doch diese verfolgte die Anschuldigung nicht weiter.

„Irakische und US-Militärpolizei erhält des öfteren Berichte über Vergewaltigungen. Doch Mechanismen, um die Fälle zu verfolgen, sind völlig unzureichend,“ sagte Megally.

Zum Beispiel berichteten am 17. Juni zwei Frauen dem US-Militär und der irakischen Polizei, dass ihre Bekannte gekidnappt wurde. Die US-Militärpolizei suchte den Ort der Entführung auf, doch die Täter waren verschwunden. Da die irakische Polizei die Zeugen nicht vernommen hatte, konnte keine Untersuchung eingeleitet werden.