Der 17-seitige Bericht, „Climate of Fear: Sexual Violence and Abduction of
Women und Girls in Baghdad,” zeigt, dass das Versagen der irakischen
Behörden und der US-Besatzungstruppen für öffentliche Sicherheit zu sorgen,
zu weitverbreiteter Angst vor Entführung und Vergewaltigung führt.
„Frauen und Kinder in Bagdad haben so große Angst, dass viele nicht in die
Schule oder zur Arbeit gehen,“ sagte Hanny Megall, Direktor der Abteilung
Mittlerer Osten und Nordafrika von Human Rights Watch. „Wenn die
irakischen Frauen wirklich eine Rolle in ihrer Gesellschaft spielen sollen,
muss sich die Sicherheitslage verbessern“.
Human Rights Watch interviewte Vergewaltigungs- und Entführungsopfer,
irakische Polizeibeamte, Beamte des Gesundheitssystems, sowie Mitglieder der
US-Militärpolizei und zivile Beamte. 23 glaubwürdige Fälle von
Vergewaltigung und Entführung wurden dokumentiert. Der Human Rights Watch
Bericht verdeutlicht weiterhin, dass die lokale Polizei Anzeigen wegen
sexueller Gewalt und Entführung nur wenig Aufmerksamkeit schenkt, dass die
Beamten unter einem massiven Mangel an Ressourcen leiden und Opfer von
sexueller Gewalt oft gleichgültig oder diskriminierend behandelt werden.
Der Bericht zeigt weiterhin auf, dass die US-Militärpolizei nicht bereit ist
einzugreifen, wenn die irakische Polizei nicht willens oder in der Lage ist,
Untersuchungen von sexueller Gewalt und Entführung einzuleiten. In einigen
Fällen sind die Akten von Vergewaltigungs- und Entführungsfällen verloren
gegangen.
Megally betonte, dass die irakischen Behörden und Besatzungstruppen umgehend
rechtliche Reformen, Umschulungen für Polizeibeamte und medizinische Dienste
einführen sollten. Bis die irakischen Behörden selbst dazu in der Lage sind,
sollten die USA eine spezielle Kommission einsetzen, die sexuelle
Gewalttaten und Menschenhandel von Frauen und Kindern untersuchen würde.
Human Rights Watch hat unter anderem folgende Falle dokumentiert:
- Saba A. (Name verändert), ein 9-jähriges Mädchen, wurde am 22. Mai von einem
unbekannten Mann vor dem Hotel in dem sie lebt aufgegriffen und brutal
vergewaltigt. Das lokale Krankenhaus, sowie das Forensische Institute
weigerten sich, sie zu untersuchen, da sie keine offizielle ärztliche
Überweisung vorlegen konnte.
- Muna B. (Name verändert), ein 15-jähriges Mädchen, flüchtete am 8. Juni
aus einem Haus außerhalb Bagdads. Dort wurde sie zusammen mit ihren zwei
Schwestern und sieben anderen Kindern einen Monat lang festgehalten. Im
Gegensatz zu ihrer Schwester wurde sie nicht vergewaltigt. Sie glaubte, ihre
Entführer würden sie und die anderen Kinder an Menschenhändler verkaufen.
Ihr Fall wurde der US-Militärpolizei berichtet. Die irakische Polizei hatte
Muna nicht einmal befragt.
- Dalal S. (Name verändert), eine 23-jährige Frau, wurde am 15. Mai mit ihrer
Mutter und anderen Familienmitgliedern auf der Straße entführt. Sie wurde in
ein Haus außerhalb Bagdads gebracht. Dort wurde sie über Nacht festgehalten
und vergewaltigt. Ihr Vater berichtete die Vergewaltigung der Polizei. Doch
diese verfolgte die Anschuldigung nicht weiter.
„Irakische und US-Militärpolizei erhält des öfteren Berichte über
Vergewaltigungen. Doch Mechanismen, um die Fälle zu verfolgen, sind völlig
unzureichend,“ sagte Megally.
Zum Beispiel berichteten am 17. Juni zwei Frauen dem US-Militär und der
irakischen Polizei, dass ihre Bekannte gekidnappt wurde. Die
US-Militärpolizei suchte den Ort der Entführung auf, doch die Täter waren
verschwunden. Da die irakische Polizei die Zeugen nicht vernommen hatte,
konnte keine Untersuchung eingeleitet werden.