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Irak: Keine Amnestie für Massenmörder
Die USA und Großbritannien dürfen Informationen nicht mit Immunität belohnen
(New York, 3. Juli 2003) – Informationen von ehemaligen irakischen Führern über Saddam Hussein oder Massenvernichtungswaffen dürfen von den Vereinigten Staaten und Großbritannien nicht mit Amnestie oder Immunität vor Strafverfolgung belohnt werden, sagte Human Rights Watch heute.


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Background on the Crisis in Iraq



„Amnestie für ehemalige irakische Regierungsmitglieder, die für Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind, würde einem verheerenden Affront an die Opfer der ehemaligen irakischen Regierung gleichkommen. Es ist unmöglich Gerechtigkeit herzustellen, wenn eine Regierung, wann immer es ihr passt, Amnestie für die schlimmsten Verbrechen anbietet.“

Richard Dicker
Direktor des Programms für Internationale Justiz von Human Rights Watch


 
In einem Brief an US-Präsident George W. Bush und UK-Premierminister Tony Blair sagte Human Rights Watch, dass ein Amnestie-Angebot an die Verantwortlichen von furchtbaren Menschenrechtsverbrechen nicht mit internationalem Recht vereinbar sei. Des weiteren würde solch ein Angebot jegliche Bemühungen, im Irak Rechtsstaatlichkeit und Stabilität zu schaffen, unterminieren.

„Amnestie für ehemalige irakische Regierungsmitglieder, die für Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind, würde einem verheerenden Affront an die Opfer der ehemaligen irakischen Regierung gleichkommen,“ sagte Richard Dicker, Direktor des Programms für Internationale Justiz von Human Rights Watch. „Es ist unmöglich Gerechtigkeit herzustellen, wenn eine Regierung, wann immer es ihr passt, Amnestie für die schlimmsten Verbrechen anbietet.“

Die Vereinigten Staaten und Großbritannien hatten die schweren Menschenrechtsverletzungen des Regimes von Saddam Hussein und die Dringlichkeit, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, als einen Grund für den Irak Krieg angeführt.

Erfahrungen mit anderen Übergangsregierungen haben gezeigt, dass das Schaffen von Gerechtigkeit für vergangene Verbrechen ein wichtiger Schritt ist, um Rechtsstaatlichkeit herzustellen und Frieden und Stabilität zu sichern.

„Wenn man nur diejenigen Beamten vor Gericht stellt, die keine nützlichen Informationen haben, würde dies einer Heuchelei gleichkommen und würde zu ernsthaften Zweifeln an den Koalitionskräften, die sich zu Gerechtigkeit verpflichtet haben, führen“ sagte Dicker.

In Koalitions-, UN-, irakischen Juristen und NGO-Kreisen wird bereits diskutiert, wie die vergangenen Verbrechen am besten gerichtet werden können. Human Rights Watch und andere riefen den UN-Sonderbeauftragten für den Irak Sergio Vieira de Mello auf, eine UN-Expertenkommission einzuberufen, die angemessene juristische Mechanismen ausarbeiten sollte. Zu dieser Aufgabe gehört auch das Sammeln und Sichern von Beweisen.

„Wenn man beginnt, führenden Regierungsköpfen Amnestie anzubieten, werden alle Bemühungen für eine gerechte Justiz automatisch untergraben,“ sagte Dicker.

Seit einigen Jahren propagiert Human Rights Watch für Gerechtigkeit für die vergangenen Verbrechen der irakischen Führung. Während der Herrschaft der Baath-Partei waren Verbrechen, wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folterung, „Verschwinden“ von Personen und willkürliche Hinrichtungen an der Tagesordnung. Während der „Anfal-Völkermord“ Kampagne wurden mehr als 100.000 Kurden verschleppt und hingerichtet. In den achtziger Jahren hatte die irakische Regierung zirka eine halbe Million Schia’s gewaltsam in den Iran vertrieben. Zuvor waren zirka 50.000 bis 70.000 Schia’s inhaftiert worden. Viele von ihnen sind noch heute verschollen. Insgesamt sind seit den späten siebziger Jahren zirka 290.000 Menschen im Irak „verschwunden“.

Human Rights Watch Brief an Präsident Bush und Premierminister Blair (auf Englisch):
http://hrw.org/press/2003/06/iraq-bush062703-ltr.htm und http://hrw.org/press/2003/06/iraq062703-ltr.htm