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Irak darf Kriegsgefangene nicht vorführen
Auch sollten die USA die Rechte der Kriegsgefangenen schützen
(New York, 24. März 2003) – Sowohl der Irak als auch die Vereinigten Staaten verstoßen gegen die Genfer Konventionen, wenn sie bewusst Kriegsgefangene in den Medien vorführen, sagte Human Rights Watch heute.


Zu diesem Thema

Rechte und Pflichten der Kriegsgefangenen
HRW F&A, 24. März 2003



„Die Kriegsgefangenen müssen jederzeit mit Menschlichkeit behandelt werden. ... Die Kriegsgefangenen werden ferner jederzeit geschützt, insbesondere auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigung und öffentlicher Neugier. Vergeltungsmaßnahmen gegen Kriegsgefangene sind untersagt.“


 
Gemäß der III. Genfer Konvention von 1949 hat ein Gewahrsamsstaat in Kriegszeiten eine klare Verpflichtung, Kriegsgefangene nicht vorzuführen oder zu erlauben, dass sie der Öffentlichkeit ausgesetzt werden. Das Verbot stellt jedoch kein Pauschalverbot dar, überhaupt keine Bilder von Kriegsgefangenen zu zeigen. So ist zum Beispiel das zufällige Filmen von Gefangenen im Zusammenhang von allgemeiner Kriegsberichterstattung erlaubt.

Jedoch hat der Gewahrsamsstaat in Kriegszeiten eine klare Verpflichtung, Kriegsgefangene nicht „zur Schau zu stellen“ oder zu erlauben, dass sie der Öffentlichkeit ausgesetzt werden. Artikel 13 der III. Genfer Konvention über die Behandlung der Kriegsgefangenen bestimmt:

„Die Kriegsgefangenen müssen jederzeit mit Menschlichkeit behandelt werden. ... Die Kriegsgefangenen werden ferner jederzeit geschützt, insbesondere auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigung und öffentlicher Neugier. Vergeltungsmaßnahmen gegen Kriegsgefangene sind untersagt.“

Im Allgemeinen erfordert diese Bestimmung, dass die Gewahrsamsstaaten aktiv den Schutz der Ehre und moralischen Integrität der Kriegsgefangenen gewährleisten. Jeder Kriegsgefangene ist auf Befragen nur verpflichtet, seinen Namen, Vornamen, Dienstgrad, das Geburtsdatum und die Matrikelnummer anzugeben.

Diese Bestimmung, die Kriegsgefangene vor „öffentlicher Neugier“ schützt, scheint sowohl von der irakischen als auch der amerikanischen Regierung verletzt worden zu sein. Die irakische Regierung hat US-Kriegsgefangene vor laufender Kamera vernommen. Die US-Regierung hat unzureichende Maßnahmen ergriffen, um Journalisten, die in die US-Streitkräfte eingebettet sind, daran zu hindern, irakische Kriegsgefangene zu filmen.

Der US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat zu Recht das irakische Vorgehen kritisiert. Zur Dokumentation irakischer Kriegsgefangener durch US-Medien gab er jedoch keinen Kommentar ab.

Verteidigungsminister Rumsfeld hatte nicht zum ersten Mal eine Stellungnahme zur Missachtung der Genfer Konventionen von Seiten der US-Regierung verweigert. Human Rights Watch und andere Organisationen haben unlängst die US-Regierung für ihre Behandlung von Gefangenen während des Afghanistankrieges kritisiert, insbesondere das Versagen, einen rechtlichen Status für die Gefangenen zu bestimmen und die „Stress- und Zwangstechniken“, die als Folter gemäß internationalem Völkerrecht angesehen werden könnten, kritisiert.

„Amerikanische Kriegsgefangene in irakischer Gefangenschaft benötigen alle Hilfe, damit ihre Rechte der Genfer Konventionen gewahrt werden,“ sagte Kenneth Roth, Direktor von Human Rights Watch. „Es ist daher sehr zu bedauern, dass die Vereinigten Staaten die Genfer Konventionen in der Vergangenheit nicht zuverlässiger verteidigt haben.“

In den vergangenen Tagen haben die US-Streitkräfte den irakischen Kriegsgefangenen den Status von Kriegsgefangenen eingeräumt.

Das Hinrichten oder eine sonstige Misshandlung von Kriegsgefangenen stellt ein Kriegsverbrechen dar. Die Behandlung von US-Kriegsgefangenen durch die irakische Regierung während des letzten Golfkriegs gibt ernsthaften Anlass zur Befürchtung, was ihre gegenwärtige Behandlung betrifft.