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Kroatien versagt bei Integration serbischer Flüchtlinge
Ethnische Diskriminierung verhindert Rückkehr
(Zagreb, 3. September 2003) – Acht Jahre nach dem Ende des Krieges in Kroatien verhindert ethnische Diskriminierung die Rückkehr hunderttausender vertriebener kroatischer Serben, sagte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht.


Zu diesem Thema

Broken Promises: Impediments to Refugee Return to Croatia
HRW Bericht, September 2003

Broken Promises: Impediments to Refugee Return to Croatia
in Serbo-Croat
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Zeugnisse aus „Broken Promises: Impediments to Refugee Return to Croatia“



„Die Hindernisse für Rückkehrer sind unüberwindlich. Es ist an der Zeit, dass die kroatische Regierung beginnt, Teil der Lösung zu sein und nicht Teil des Problems selbst.“

Lotte Leicht
Direktorin von Human Rights Watchs Büro in Brüssel


 
Der 61-seitige Bericht, „Broken Promises: Impediments to Refugee Return to Croatia," beschreibt die Notlage der vertriebenen Serben und drängt darauf, dass das Rückkehrproblem zur Bedingung für Kroatiens EU-Beitrittsbewerbung gemacht wird.

„Die Hindernisse für Rückkehrer sind unüberwindlich,“ sagte Lotte Leicht, Direktorin von Human Rights Watchs Büro in Brüssel. „Es ist an der Zeit, dass die kroatische Regierung beginnt, Teil der Lösung zu sein und nicht Teil des Problems selbst.“

Derzeit gibt es keine genauen Statistiken über die Zahl der Rückkehrer, der mehr als 300.000 im Krieg vertriebenen Serben. Die kroatische Regierung hat bisher mehr als 100.000 Rückkehrer registriert. Jedoch kehren viele nach einem kurzen Aufenthalt in Kroatien, nach Serbien und Montenegro oder Bosnien-Herzegowina zurück. Im Jahr 1991 machten Serben 12.1 Prozent der Bevölkerung Kroatiens aus. Doch eine Volkszählung von 2001 zeigte, dass ihre Zahl auf 4.5 Prozent gefallen ist.

Die meisten Rückkehrer sind ältere Bauern, deren Häuser im Krieg weder zerstört noch besetzt wurden und die Altersrente von der Regierung erhalten. Da Flüchtlinge die Wohnungen, die sie vor dem Krieg hatten, weder wiedererlangen noch einen Ersatz dafür erhalten können, ist die Rückkehr in Stadtgebiete ausgeschlossen. Kroatische Serben im jungen und mittleren Alter wird von der Rückkehr abgeraten, da sie keine Beschäftigungschancen haben und vor allem Männer willkürlichen Festnahmen wegen Kriegsverbrechen befürchten.

Diese Probleme seien das Resultat der kroatischen Regierungspolitik, die auf ethnische Diskriminierung der Serben ziele, sagte Human Rights Watch. Der Bericht verdeutlicht auch die Schwierigkeiten, die serbische Rückkehrer haben, im Gegensatz zu dem Erfolg der Regierung, den meisten kroatischen Rückkehrern ihre Vorkriegswohnungen zurückzugeben.

„Die kroatische Regierung hat nie ernsthaft versucht, den Serben die Rückkehr zu ermöglichen,“ sagte Leicht. „Stattdessen haben Behörden kontinuierlich die Bedürfnisse und Rechte der kroatischen Rückkehrer, darunter kroatische Flüchtlinge aus Bosnien, bevorzugt.“

Der Human Rights Watch Bericht basiert auf eine zweijährigen Studie regionaler Gesetzgebung und umfangreicher Interviews mit zurückgekehrten Flüchtlingen, ihren Hausbesetzern und Vertretern serbischer Bürgervereinigungen, nationaler und regionaler Regierungsmitglieder, internationaler Organisationen und kroatischer Menschenrechtsgruppen. Der Bericht enthält Empfehlungen an die kroatische Regierung und die internationale Gemeinschaft, wie die Rückkehr serbischer Flüchtlinge ermöglicht werden kann.

Zeugnisse aus „Broken Promises: Impediments to Refugee Return to Croatia“:

Ivan Kovac, ein bosnischer Kroate, lebte als Immigrant in Australien, bevor er 1995 nach Kroatien kam. Seit 1997 betreibt er in Gracac, in dem Haus von Danilo Stanic, einem Serben, ein Restaurant. Herr Stanic und seine Frau kehrten 1998 nach Gracac zurück. Doch die örtliche Wohnungskommission lehnte ihren wiederholten Antrag ab, ihnen ihr Haus zurückzugeben. Gemäß Stanics Zivilklage im Juli 2002, ordnete das Amtsgericht in Gracac an, dass Herr Kovac sein Restaurant aufgeben müsse. Doch das Restaurant blieb wegen des anhängigen Berufungsverfahrens noch bis Juni 2003 geöffnet.

Boja Gajica (53), eine serbische Rückkehrerin aus Knin, bewarb sich zwischen 1996 und 2000 acht Mal als Krankenpflegerin, für die sie einen Abschluss hatte. Jedes Mal wurde eine kroatische Kandidatin mit geringeren Qualifikationen ausgewählt. Angeblich sagte ihr die Leiterin der Kinderabteilung, dass sie sich vor den örtlichen Soldaten und Polizeibeamten fürchten müsse, wenn sie sie beschäftigte.

Im Juni 2002 verfolgte Human Rights Watch ein Gerichtsverfahren über die Rückgabe von Eigentum. Die Beklagten, eine bosnische Kroatin und ihr muslimischer Ehemann, die ein dreistöckiges serbisches Haus in Karlovac besetzen, erklärten, dass sie dagegen seien, das Haus vorübergehend mit dem Eigentümer zu teilen, weil, ihn ihres Mannes Worten: „Er wird nicht bei uns leben. Wir waren vier Jahre lang im Krieg mit einem wie ihm.“ Der Eigentümer des Hauses, Dusan Vilenica, kehrte 1998 nach Karlovac zurück. Seitdem war er nicht in der Lage sein Haus wiederzubewohnen.