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Angola: Vergessene Kindersoldaten
(New York, 29. April 2003) - Demobilisierungsprogramme schließen Kindersoldaten, die im angolanischen Bürgerkrieg gekämpft haben, aus, sagte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht.


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FORGOTTEN FIGHTERS: Child Soldiers in Angola
HRW Bericht, April 2003



„Diese Jungen und Mädchen sind zweifache Opfer. Zuerst wurden sie als Soldaten ihrer Kindheit beraubt und jetzt wird ihnen der Zugang zu den Demobilisierungsprogrammen der Regierung verweigert. Vor allem die Mädchen werden im Nachkriegs-Angola vergessen.“

Tony Tate
Researcher in der Abteilung für Kinderrechte von Human Rights Watch


 
Im April letzten Jahres wurde der Friedensvertrag unterzeichnet, der die Kriegshandlungen in Angola beendete. Sowohl die größte Oppositionsgruppe UNITA (Nationalunion für die völlige Unabhängigkeit Angolas) als auch die Regierung hatten im Krieg Kindersoldaten eingesetzt. Nach Schätzungen von Kinderrechtsgruppen nahmen in den letzten Kriegsjahren bis zu 11.000 Kinder an den Kämpfen teil. Einige Kinder erhielten Ausrüstung und ein Waffentraining und kämpften aktiv. Viele andere waren Träger, Köche, Spione und Hilfsarbeiter.

„Diese Jungen und Mädchen sind zweifache Opfer. Zuerst wurden sie als Soldaten ihrer Kindheit beraubt und jetzt wird ihnen der Zugang zu den Demobilisierungsprogrammen der Regierung verweigert“, sagte Tony Tate, Researcher in der Abteilung für Kinderrechte von Human Rights Watch. „Vor allem die Mädchen werden im Nachkriegs-Angola vergessen.“

Ein Jahr nach dem Ende des Konflikts in Angola wurden einige Soldaten der UNITA, die 18 Jahre oder älter sind, in die nationale angolanische Armee und Polizei integriert. Andere wurden durch ein nationales Programm demobilisiert und erhielten Unterstützungsgelder. Den Kindersoldaten, von denen viele die selben Aufgaben durchgeführt haben wie Erwachsene, wird diese Unterstützung jedoch vorenthalten.

Der Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten verletzt angolanisches, sowie internationales Recht. Angola ist außerdem verpflichtet, für die Genesung und Reintegration aller von dem Konflikt betroffenen Kinder zu sorgen.

Den Kindersoldaten wurde jegliche Möglichkeit auf Bildung-, Beruf- und Entwicklung vorenthalten. Deshalb benötigen Kindersoldaten in besonderer Weise Rehabilitationsprogramme, die ihre traumatischen Erfahrungen berücksichtigen. Ohne solch eine Unterstützung besteht die Gefahr zukünftiger Manipulation. Die Kinder sind gefährdet, im Kriegsdienst zu bleiben oder in illegale Aktivitäten abzugleiten.

Der 26-seitige Bericht Forgotten Fighters: Child Soldiers in Angola dokumentiert die Not und den Missbrauch den diese Kinder erlitten haben. Sie wurden regelmäßig von UNITA-Soldaten misshandelt und wurden gefährlichen Situationen ausgesetzt. Mädchen wurden regelmäßig von UNITA-Soldaten sexuell missbraucht und als „Ehefrauen“ einzelnen Soldaten zugeteilt.

Auch die Streitkräfte der Regierung haben Jugendliche im Krieg eingesetzt, wenn auch in kleineren Zahlen als die UNITA. Diese dienten als Soldaten, Mechaniker, Funker und Träger.

Seit dem Ende des Krieges haben Kindersoldaten keine direkte Unterstützung oder Rehabilitation erhalten, obwohl Angola dazu vertraglich verpflichtet ist. Einige Programme wurden geschaffen, um Kinder allgemein zu unterstützen, aber diese zielen nicht speziell auf Kindersoldaten ab.

„Die existierenden Programme auf gemeindlicher Ebene bieten einen gewissen Ausgleich, aber keine echte Fürsorge für Kindersoldaten“, sagte Tate. „Es müssen Programme für sie eingerichtet werden, die ihre besonderen Bedürfnisse berücksichtigen.“

Mit dem bevorstehenden Ende der Regenzeit werden in den kommenden Wochen Hunderttausende vertriebene Angolaner nach Hause zurückkehren. Viele Kindersoldaten, die derzeit in Lagern und Übergangsquartieren untergebracht sind, werden sich ebenfalls auf den Weg machen. Diese Kinder jetzt zu identifizieren und sie in ihre Heimatgemeinden zurückzuführen wird der einzige Weg sein, sie in zukünftige Programme zu integrieren.

Um die angolanische Regierung bei der Rehabilitation ehemaliger Kombattanten zu unterstützen, bewilligte die Weltbank vor kurzem 33 Mio. US-Dollar. Human Rights Watch fordert, dass ein größerer Anteil dieses Zuschusses zur Unterstützung von Kindersoldaten bewilligt werden sollte. Zuallererst müssen Kinder, die im Krieg gekämpft haben identifiziert und anerkannt werden, um Hilfe zu erhalten.

Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen endete der Krieg in Angola im April 2002. Die Infrastruktur des Landes liegt in Trümmern. Schulen und Krankenhäuser sind zerstört, und nur wenig qualifizierte Fachkräfte stehen zur Verfügung. Der Erfolg der Reintegrationsprojekte für Kindersoldaten wird von der Erhöhung der Zuwendungen durch die Regierung abhängig sein.