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Afrika: Diskriminierung von Frauen trägt zur Aidskrise bei
Erfolgreiche Aidsbekämpfung hängt von dem Schutz der Frauenrechte ab
(New York, 1. Dezember 2003) – Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen verstärkt die Aidskrise in Afrika, sagte Human Rights Watch in einem Bericht, der zum heutigen Weltaidstag veröffentlicht wurde. Die afrikanischen Regierungen müssen daher die Gleichstellung der Geschlechter zu einem zentralen Teil ihrer Aidsprogramme machen.


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Policy Paralysis: A Call for Action on HIV/AIDS-Related Human Rights Abuses Against Women and Girls in Africa
HRW Bericht, Dezember 2003

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„Millionen Frauen und Mädchen sterben in Afrika an Aids - teilweise weil ihr zweitklassiger Status in der Gesellschaft sie anfälliger für Gewalt und ungeschützten Sex macht. In der Aidsbekämpfung sind der Schutz der Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt und die Gewährung ihrer Rechte so wichtig, wie die Reinhaltung von Blutkonserven“.

Joanne Csete
Direktorin des HIV/AIDS Programms von Human Rights Watch


 
Der 40-seitige Bericht: “Policy Paralysis: A Call for Action on HIV/AIDS-Related Human Rights Abuses Against Women and Girls in Africa”,
dokumentiert, wie Menschenrechtsverletzungen an Frauen und Mädchen das Risiko, mit HIV infiziert zu werden, erhöht. Mädchen sind sexuellem Missbrauch und Gewalt in und außerhalb der Schulen ausgesetzt. Frauen erfahren Gewalt in Partnerbeziehungen, wenn sie auf Kondome bestehen oder Sex verweigern. Witwen werden Eigentums- und Erbrechte enthalten. Frauen und Mädchen werden in Kriegen und zivilen Konflikten vergewaltigt - wo Vergewaltigung als strategische Kriegsführung eingesetzt wird.

„Millionen Frauen und Mädchen sterben in Afrika an Aids - teilweise weil ihr zweitklassiger Status in der Gesellschaft sie anfälliger für Gewalt und ungeschützten Sex macht“, sagte Joanne Csete, Direktorin des HIV/AIDS Programms von Human Rights Watch. „In der Aidsbekämpfung sind der Schutz der Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt und die Gewährung ihrer Rechte so wichtig, wie die Reinhaltung von Blutkonserven“.

Der Bericht kritisiert die Regierungen, die nichts gegen den Missbrauch unternehmen und die Verbindungen zwischen Missbrauch und HIV/AIDS unter Frauen und Mädchen ignorieren. Juristische Mittel für die Verletzung von Frauenrechten sind häufig unzureichend oder nicht vorhanden. Bestehende Rechte werden nur unzureichend durchgesetzt. Frauen und Mädchen, die den Mut haben Beschwerden einzureichen, werden von den zuständigen Beamten ausgelacht oder misshandelt.

„Afrikanische Regierungen reagieren nicht auf die HIV/AIDS-Krise unter Frauen und Mädchen“, sagte Csete. „Durch das Versagen der Regierungen, Frauen und Mädchen zu schützen, wird die Aidsepidemie in Afrika noch verstärkt. Studien bestätigen, dass es sich hierbei um ein globales Phänomen handelt“.

58 % der Menschen, die im subsaharischen Afrika mit HIV/AIDS leben, sind Frauen und Mädchen. In einigen afrikanischen Ländern ist die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen und Mädchen mit HIV infiziert werden sieben Mal höher als bei Männern. Während Afrika die einzige Region ist, wo die Rate an Neuinfektionen von Frauen die der Männer übersteigt, zeigen Studien, dass Frauen und Mädchen auch in anderen Entwicklungsländern – wie der Karibik, Zentralamerika, Süd- und Südostasien – eine höhere Anfälligkeit gegenüber dem Virus haben.

Human Rights Watch unterbreitete detaillierte Empfehlungen an die afrikanischen Regierungen, die Vereinigten Nationen und andere Geberländer – darunter der „Global Fund to Fight HIV/AIDS, Tuberculosis and Malaria“ –, um sofortige Schritte zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt und Diskriminierung zu unternehmen. Human Rights Watch rief alle Regierungen auf, das Thema Geschlechtsgleichheit zu einem zentralen Element in den nationalen AIDS-Programmen zu machen.

„Selbst Ugandas Erfolg in der Bekämpfung der Aidskrise wird relativiert, solange Frauen Gewalt ausgesetzt sind, wenn sie Sex verweigern oder geschützten Sex fordern“, sagte Csete. „Dieser Missbrauch kann nur durch finanzierte Programme beendet werden. Der „Global Fund“ und andere Geber müssen den Schutz von Frauenrechten zu einem zentralen Punkt in Aidsprogrammen machen“.

Der Bericht umfasst Menschenrechtsverletzungen in Westafrika (Sierra Leone und Togo), Zentralafrika (Demokratische Republik Kongo), Ostafrika (Kenia und Uganda) und Südafrika (Südafrika und Sambia).

Human Rights Watch drängte die afrikanischen Regierungen darauf:

  • Gesetze zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe zu erlassen und bestehende Gesetze effektiver durchzusetzen,
  • Training und finanzielle Mittel für Polizei, Justiz- und Regierungsbeamte bereitzustellen, um eine effektivere Verfolgung und Berichterstattung sexueller und geschlechtspezifischer Gewalt zu ermöglichen und die Täter vor Gericht zu stellen,
  • Geschlechtsungleichheit im Eigentumsrecht, Erbrecht und Scheidungsrecht abzuschaffen,
  • die Anwendung von Gewohnheitsrecht, das Frauenrechte untergräbt, zu verbieten,
  • Gewohnheitsrechte, wie die „Witwenerbschaft“, wo Frauen von einem ihrer Verwandten „geerbt“ werden, und rituale „Reinigung“, wo Frauen zu Sex mit Männern eines niedrigeren sozialen Stands gezwungen werden, um sie von „bösen Geistern“ zu befreien, abzuschaffen,
  • den Zugang zu Gesundheitsdiensten und Bildung gleichheitlich zu gewähren und Maßnahmen zum Schutz von Mädchen vor sexueller Gewalt in Schulen zu schaffen.