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EU überprüft Beitritt der Türkei
Fortschritte begrüßt; Folter und Meinungsfreiheit weiterhin ein Problem
(Brüssel, 8. Oktober 2002) - Ein Bericht der Europäischen Union (EU), der morgen erscheinen wird und über die Fortschritte der Türkei hinsichtlich eines EU-Beitritts befinden wird, könnte erste Hinweise darauf geben, ob die EU jüngste Reformen als ausreichend für Beitrittsverhandlungen erachtet, sagte Human Rights Watch heute.
Voraussichtlich wird die EU auf einem Gipfeltreffen in Kopenhagen im Dezember darüber entscheiden, ob der Türkei ein festes Datum für die Verhandlungen genannt wird.


Zu diesem Thema

Hits and Misses on Turkey's E.U. Accession Targets
Hintergrundpapier zu dem EU-Bericht über die Türkei

Turkey: Human Rights and the European Union Accession Partnership Agreement
HRW Bericht, September 2000



„Im vergangenen Jahr haben wir bedeutsamere Verbesserungen im Bereich der Menschenrechte beobachten können, als in irgendeinem anderen Jahr seit dem Coup von 1980. Statt der früheren kleinen, widerwilligen Zugeständnisse wurden zwei sehr wichtige Schritte erzielt, mit Aussicht auf weitere Verbesserungen.“

Jonathan Sugden
Türkei-Beobachter von HRW


 
In einem Hintergrundpapier zu dem EU-Bericht bietet Human Rights Watch eine unabhängige Einschätzung zu den Entwicklungen in der Türkei an.
„Hits and Misses on Turkey's EU Accession Targets“ berichtet von den beeindruckenden Maßnahmen, die die Türkei im Jahre 2002 unternommen hat. Das Hintergrundpapier nennt aber auch einige Bereiche, in dehnen noch vieles zu verändern ist.

„Im vergangenen Jahr haben wir bedeutsamere Verbesserungen im Bereich der Menschenrechte beobachten können, als in irgendeinem anderen Jahr seit dem Coup von 1980,“ sagte Jonathan Sugden, Türkei-Beobachter von HRW. „ Statt der früheren kleinen, widerwilligen Zugeständnisse wurden zwei sehr wichtige Schritte erzielt, mit Aussicht auf weitere Verbesserungen.“

Sugden sagte, dass es sich bei den zwei positiven Entwicklungen, um die Abschaffung der Todesstrafe und die Beseitigung von Einschränkungen für Minderheitensprachen bei Erziehung und Rundfunkübertragungen handelte.

Human Rights Watch begrüßte auch die Nachrichten vom Montag, denen zufolge das türkische Justizministerium einen Gesetzesentwurf vorbereitete, der Folter einschränkt, indem vom Moment der Verhaftung an, allen Häftlingen der Zugang zu einem Rechtsanwalt zugesprochen wird.. Diese sehr späte Initiative zielte darauf ab, eine weitere Bedingung der EU noch vor der Veröffentlichung des EU-Berichts zu erfüllen.

Human Rights Watch wies jedoch auch darauf hin, dass die Türkei immer noch eine Reihe von Herausforderungen bezüglich der Menschenrechtslage zu bewältigen habe. Dabei geht es beispielsweise um die Einschränkung der Meinungsfreiheit, Gefängnisbedingungen und die Verletzung der Rechte von Vertriebenen im eigenen Land und der Rechte von Flüchtlingen.

„Um zu beweisen, dass sie ihrer Tradition von Menschenrechtsverbrechen den Rücken gekehrt hat, muss die Türkei in zwei Bereichen besonders aktiv werden: Folter und Meinungsfreiheit“, sagte Sugden.

Human Rights Watch betonte, die Wichtigkeit klarer Fortschritte bezüglich gewaltfreier Meinungsäußerung und der vollen Umsetzung der Anti-Folter-Initiative, im Vorfeld des EU-Gipfeltreffens im Dezember in Kopenhagen.

Der Türkei-Beobachter von Human Rights Watch, Jonathan Sugden, wird anlässlich der Veröffentlichung des regulären Berichts am 9. Oktober in Brüssel sein.