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Turkmenistan: Anfrage an deutschen Elektronikkonzern

Technologieunternehmen soll Geschäfte mit turkmenischer Regierung offenlegen

Der turkmenische Präsident Kurbanguly Berdymukhamedov auf einem Bildschirm im neugebauten Flughafen von Aschgabat, Turkmenistan, 17. September 2016. © 2016 Reuters
(Berlin) – Deutsche Technologieunternehmen sollen offenlegen, ob sie Geschäfte mit der Regierung von Turkmenistan planen, so Human Rights Watch heute. Sie sollen auch darlegen, wie sie prüfen, ob die Regierung die von ihnen verkaufte Technologie einsetzen könnte, um Websites zu sperren und menschenrechtswidrige Überwachungen durchzuführen.

Im Februar 2018 berichteten die turkmenischen staatlichen Medien, dass der Vizepräsident von Rohde & Schwarz, einem großen deutschen Elektronikkonzern, den turkmenischen Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow getroffen habe. Eine mit diesem Thema vertraute Kontaktperson sagte gegenüber Human Rights Watch, dass die Regierung Technologie einkaufen wolle, mit der mobile und satellitengestützte Kommunikation überwacht und unterbunden sowie der Zugang zum Internet gesperrt werden kann.

„Die turkmenische Regierung kontrolliert alle Medien, verhindert willkürlich den Zugang zu Informationen und überwacht Kommunikation, um Kritiker zu identifizieren und zu verfolgen“, so Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor von Human Rights Watch. „Rohde & Schwarz soll öffentlich machen, ob der Konzern Technologie an die turkmenische Regierung verkaufen will, die für schwere Menschenrechtsverletzungen bekannt ist. Außerdem soll der Konzern darlegen, wie er mit dem Risiko umgehen will, dass seine Technologie in der Zukunft für Menschenrechtsverletzungen genutzt werden könnte.“

Das turkmenische Regime zählt zu den repressivsten weltweit. Die Regierung kontrolliert landesweit den Zugang zum Internet, zensiert die Medien und geht brutal gegen Kritiker vor.

Im März 2018 fragte Human Rights Watch per Brief bei Rohde & Schwarz an, ob das Unternehmen plant, Technologie an Turkmenistan zu verkaufen, oder dies bereits getan hat. In der Antwort von Rohde & Schwarz wurde dieser Verdacht weder bestätigt noch dementiert. Stattdessen ließ der Konzern verlautbaren, dass er keine Informationen über Geschäfte und Geschäftspartner in sicherheitsrelevanten Bereichen offenlege.

Unternehmen tragen eine Verantwortung, die Menschenrechte zu schützen. Das bedeutet, dass sie ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht ernst nehmen und glaubhaft prüfen müssen, ob ihre Geschäftsaktivitäten zu Menschenrechtsverletzungen beitragen könnten. Zudem müssen sie Maßnahmen ergreifen, damit ihre Aktivitäten Menschenrechtsverletzungen nicht fördern oder verschlimmern. Wenn Technologie an eine Regierung verkauft werden soll und die Prüfung nahelegt, dass die Regierung die Unternehmenstechnologie nutzen könnte, um Kritiker zu verfolgen oder um die Meinungsfreiheit und die Privatsphäre zu verletzen, dann soll das Unternehmen von dem Verkauf absehen.

Rohde & Schwarz stellte keine Informationen darüber zur Verfügung, wie der Konzern seine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht umsetzt und sicherstellt, dass von ihm verkaufte Technologie nicht von Regierungen missbraucht wird, um Menschenrechte zu verletzen. In einem auf den 27. März datierten Brief betonte das Unternehmen, es verfüge über einen internen Compliance-Prozess, der alle compliance-relevanten Geschäftsbereiche abdecke. Nähere Informationen über diesen Prozess und andere Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass seine Geschäfte keine Menschenrechtsverletzungen befördern, gab das Unternehmen nicht heraus.

Die turkmenische Regierung kontrolliert alle Print- und elektronischen Medien, ausländische Medien sind im Land nicht verfügbar. Die Behörden sind wiederholt gegen Radio Azatlyk vorgegangen, der turkmenische Sender von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) und die einzige unabhängige, turkmenische Nachrichtenquelle im Land. Die Website und die Radioübertragung wurden gesperrt und freie Mitarbeiter des Senders verfolgt.

Darüber hinaus überwachen die Behörden die elektronische und telefonische Kommunikation und haben in mehreren, ausführlich dokumentierten Fällen Aktivisten verhaftet, kurz nachdem diese unter Pseudony Kommentare im Internet veröffentlicht hatten.

Die Regierung will Informationen und Kommunikationsinhalte, die sie als sensibel betrachtet, die auch nur ansatzweise regierungskritisch sind oder die Fehler der Regierung aufdecken, von der Bevölkerung fernhalten. Der Internetzugang im Land ist stark eingeschränkt, wird massiv vom Staat kontrolliert, ist absichtlich langsam und sehr teuer.

Es gibt im Land nur einen einzigen, staatlichen Internetanbieter. Viele ausländische Medien, alle politisch oppositionellen Inhalte und weitere Websites sind gesperrt, auch Plattformen wie Twitter, YouTube und Skype sowie Anbieter von Virtual Private Networks. Seit dem Jahr 2012 zwingen die Behörden Anwohner unter dem Deckmantel der Stadtverschönerung dazu, ihre privaten Satellitenschüsseln abzubauen.

„Die Bundesregierung soll anfangen, Unternehmen wie Rohde & Schwarz Fragen darüber zu stellen, wie sie sicherstellen, dass sie nicht Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie Turkmenistan befördern“, so Michalski.

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