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Neue Studie dokumentiert globale Unterdrückung
U.S. Führung der Menschenrechte bemängelt
(Washington, D.C., 14. Januar 2003) – Die globale Unterstützung des Krieges gegen den Terrorismus nimmt ab, teilweise weil die Vereinigten Staaten zu oft Menschenrechte bei ihrem Verhalten im Krieg außer Acht lassen, sagte Human Rights Watch heute bei der Veröffentlichung ihres Weltberichts 2003.


Zu diesem Thema

World Report 2003
Weltbericht 2003 von Human Rights Watch (in English)



„Die Vereinigten Staaten sind weit entfernt vom schlimmsten Menschenrechtsverletzer auf der Erde. Doch hat Washington heute soviel Einfluss, dass, wenn sie sich über Menschenrechtsstandards hinwegsetzt, sie die Menschenrechte weltweit beschädigt.“

Kenneth Roth
Geschäftsführer von Human Rights Watch


 
Terroristen verletzen grundlegende Menschenrechtsprinzipien, weil sie auf Zivilisten zielen. Die Vereinigten Staaten hingegen unterminieren diese Prinzipien, indem sie bei Anti-Terror-Verbündeten, wie Pakistan, China, Saudi-Arabien und bei afghanischen Kriegsherren über Menschenrechtsverletzungen hinwegsehen, sagte Human Rights Watch in ihrer jährlichen Studie über Menschenrechte weltweit.

Der 558-seitige Weltbericht 2003 von Human Rights Watch umfasst Menschenrechte in 58 Ländern im Jahre 2002. Er enthüllt positive Trends, wie die formale Beendigung der Kriege in Angola, im Sudan und in Sierra Leone und die Friedensgespräche in Sri Lanka. Jedoch beinhalteten negative Entwicklungen den Ausbruch ernsthafter kommunaler Gewalt in Gujarat, Indien und das fortgesetzte Töten von Zivilisten in Kriegen von Kolumbien bis Tschetschenien, von der Demokratischen Republik Kongo bis zum israelisch-palästinensischen Konflikt. In der Zwischenzeit setzten Regierungen ihre äußerst repressive Politik in Burma, China, Kuba, Iran, Irak, Liberia und Vietnam fort.

„Die Vereinigten Staaten sind weit entfernt vom schlimmsten Menschenrechtsverletzer auf der Erde,“ sagte Kenneth Roth, Geschäftsführer von Human Rights Watch. „Doch hat Washington heute soviel Einfluss, dass, wenn sie sich über Menschenrechtsstandards hinwegsetzt, sie die Menschenrechte weltweit beschädigt.“

Human Rights Watch sagte, dass die Bush-Regierung die Verbindungen zwischen Unterdrückung und Terrorismus in ihrer nationalen Sicherheitsstrategie zu erkennen scheine und unternahm einige Schritte, um Menschenrechte in Ländern, direkt involviert in den Kampf gegen den Terrorismus, wie Ägypten und Usbekistan, voranzutreiben. Die Vereinigten Staaten haben auch versucht Menschenrechte an Orten, wo kein Krieg impliziert war, eingeschlossen Burma, Weißrussland und Zimbabwe, zu fördern. Doch das Engagement der US-Regierung bezüglich der Menschenrechte wurde überschattet durch ihren Widerwillen, eine Reihe entscheidender Partner zu konfrontieren und ihrer Ablehnung sich an Standards zu binden, die sie für andere predigen.

„Um den Terrorismus bekämpfen zu können, braucht man die Unterstützung der Menschen in den Ländern, wo die Terroristen leben,“ sagte Roth. „Sich gut zu stellen mit repressiven Regierungen ist schwerlich ein Weg, um diese Bündnisse zu schaffen“.

Zum Beispiel erzeugen die Vereinigten Staaten weit verbreitete Abneigung in Pakistan, indem sie General Pervez Musharraf, der in einem Putsch 1999 die Macht übernahm, unkritisch unterstützen.

„Er hält immer noch eng zu uns, beim Krieg gegen den Terrorismus, und das ist, was ich schätze,“ sagte US-Präsident George Bush über Musharraf, der vergangenes Jahr
Verfassungsänderungen durchsetzte, um seine Präsidentschaft um fünf Jahre zu verlängern und kürzlich einen drakonischen Anti-Terror-Dekret bekräftigte.

In China spielte die Bush-Regierung die Unterdrückung von Muslimen in der nordwestlichen Provinz Xinjiang herunter, welche die chinesische Regierung als eine Anti-Terror-Maßnahme rechtfertigt. Saudi-Arabien, mit seiner im höchsten Maße unterdrückenden Regierung, ist ein wichtiger regionaler Partner, welchen die US-Regierung kaum auf seine Menschenrechte aufmerksam macht.

Die Bush-Regierung ist bestrebt Bindungen zum indonesischen Militär neu zu beleben, trotz des Mangels an Verantwortlichkeit für seine ernsthaften Menschenrechtsverletzungen und seiner Unterstützung von Milizgruppen, welche die Instabilität fördern. Die Vereinigten Staaten waren auch widerwillig, die internationalen Friedensschutztruppen zu erweitern, welche dazu beitragen könnten, Stabilität in Afghanistan zu schaffen. Statt dessen vertrauen sie auf missbrauchende Kriegsherren, die den Menschenrechtsfortschritt, der durch den Fall des Taliban-Regimes möglich wurde, blockieren.

Darüber hinaus ignorierte Washington Menschenrechtsstandards in ihrer eigenen Behandlung mutmaßlicher Terroristen. Sie hat die Anwendung der Genfer Konventionen im Bezug auf die Gefangenen des Krieges in Afghanistan verweigert und hat die Bestimmung des „enemy combatant“ für die Anwendung auf mutmaßliche Terroristen auf amerikanischem Boden, falsch angewandt. Die Bush-Regierung hat auch Immigrationsgesetze missbraucht, um mutmaßlichen Verbrechern ihre Rechte zu verweigern.

Im Jahr 2002 versuchte die US-Regierung verstärkt wichtige Menschenrechtsinitiativen zu unterminieren, wie den Internationalen Strafgerichtshof, ein neues internationales Kontrollsystem, um Folter zu verhindern und eine Resolution der Vereinten Nationen, dass der Krieg gegen den Terrorismus in einer den Menschenrechten übereinstimmenden Art und Weise geführt werden sollte.

Der Krieg gegen den Terrorismus lieferte eine Entschuldigung für andere westliche Länder, um ihre Unterstützung für die Menschenrechte nachzugeben. Europäische Führer gaben praktisch ihre Bemühungen auf, Russland, einen Anti-Terror-Verbündeten, zu zwingen, sein missbrauchendes Verhalten im Krieg in Tschetschenien zu beenden.

Human Rights Watch nimmt keine Position an einem möglichen Krieg im Irak an und glaubt, dass seine wichtigste Aufgabe ist, das menschliche Leiden, welches ein Krieg beinhaltet zu verringen, indem die Übereinstimmung mit internationalem humanitärem Recht durch alle Kriegsparteien beobachtet und gefördert wird.

Roth hielt fest, dass, um so mehr die US-Regierungsbeamten die Menschenrechtsbilanz von Saddam Hussein als ein Grund ihn zu stürzen, zitieren, um so größer ist ihre Verpflichtung die möglicherweise ernsthaften Menschenrechtskonsequenzen eines Krieges im Irak zu verringern. Die Vereinigten Staaten sollten alle möglichen Vorkehrungen treffen, um die irakische Zivilbevölkerung vor Racheakten von Saddam Hussein, die eine mögliche Nutzung von Massenvernichtungswaffen beinhalten könnten, zu schützen. Zumindest sollten sie klarstellen, dass jeder, der ein Völkermord begeht oder anordnet bestraft wird, nicht nur eine Handvoll irakischer Seniorbeamter.

Die Vereinigten Staaten sollten sicher stellen, dass ihre lokalen Alliierten in einem Irak- Krieg an keinen Racheakten oder Vergeltungsmaßnahmen an der Zivilbevölkerung teilnehmen. Auch sollte die Bush-Regierung Druck auf die Nachbarstaaten Iraks ausüben, wie der Türkei, Jordanien und Iran, um ihre Grenzen für Flüchtlinge offen zu halten.

Human Rights Watch ist eine internationale Beobachtungsgruppe mit Sitz in New York und Zweigstellen überall auf der Erde. Sie akzeptiert keine Mittel von Regierungen.