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Polen

Menschenrechtslage 2019 – aus dem EU-Kapitel

Demonstration gegen Gesetzentwurf, der Sexualerziehung kriminalisieren würde, Danzig, Polen, 17. Oktober 2019. 

© 2019 Vadim Pacajev /Sipa via AP Images

Die Angriffe der Regierung auf die Justiz des Landes wurden 2019 fortgesetzt.

Richter und Staatsanwälte wurden Opfer willkürlicher Disziplinarverfahren, weil sie sich für die Rechtsstaatlichkeit eingesetzt und sich gegen problematische Justizreformen, die einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz bedeuteten, ausgesprochen hatten. Die im September 2018 eingerichtete Disziplinarbehörde hat diverse Verfahren gegen Richter und Staatsanwälte eingeleitet. Die Europäische Kommission hat im April wegen der Disziplinarverfahren gegen Richter rechtliche Schritte gegen Polen eingeleitet.

Im Mai verhaftete die Polizei die Menschenrechtsaktivistin Elzbieta Podestà wegen eines Bildes einer religiösen Ikone mit Regenbogenheiligenschein. Ihr wurde Beleidigung religiöser Gefühle vorgeworfen, ihr Handy, ihr Laptop und ihre Speicherkarten wurden beschlagnahmt. Die Ermittlungen in diesem Fall waren bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.

Im Juni äußerte die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovic, Bedenken hinsichtlich entlassener, ersetzter oder degradierter Richter und Staatsanwälte. Sie forderte die polnischen Behörden auf, „sicherzustellen, dass Disziplinarverfahren nicht instrumentalisiert werden.“

Richter und Staatsanwälte wurden im Laufe des Jahres regelmäßig von Regierungsbeamten und regierungsnahen Medien diskreditiert und verleumdet.

Im Juni entschied der EU-Gerichtshof über ein polnisches Gesetz aus dem Jahr 2018, welches das Rentenalter für Richter des Obersten Gerichtshofs des Landes herabsetzte. Dieses Gesetz hätte einige Richter aus ihrem Amt gedrängt und gegen EU-Recht verstoßen. Die Regierung hatte das Gesetz bereits im Dezember 2018 bis zum Urteil des EU-Gerichtshofs ausgesetzt.   

Im November entschied der EU-Gerichtshof in einem von den polnischen Gerichten verwiesenen Fall, dass die neue Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs Polens nur dann für die Entscheidung über Ruhestandsfälle von Richtern zuständig sein kann, wenn ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleistet sind.

Eine vom Parlament verabschiedete Änderung des Strafgesetzes würde die „Förderung“ oder „Zustimmung“ bezüglich sexueller Aktivitäten von Minderjährigen kriminalisieren. Lehrer und Sexualpädagogen wären somit dem Risiko einer Festnahme ausgesetzt. Zudem wäre das Recht von Kindern auf Gesundheitsinformationen und gesundheitliche Versorgung eingeschränkt.  

Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Fragen im Zusammenhang mit Asyl und Migration, Frauenrechten oder den Rechten von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender (LGBT) Menschen befassen, wurden häufig keine öffentlichen Mittel gewährt.

Im Laufe des Jahres rückten LGBT-Personen in den Fokus homophober Angriffe der Regierung und der regierenden Partei. Im Juli führten mindestens 30 Städte und Provinzen in Polen sog. „LGBT-freie Zonen“ ein. Die regierungsfreundliche Zeitung Gazeta Polska verteilte in ihren Ausgaben Sticker mit der Aufschrift „LGBT-freie Zone“. Ein Warschauer Bezirksgericht ordnete im Juli die unverzügliche Einstellung der Verteilung der Aufkleber an, bis das Ergebnis einer Anfechtungsklage durch einen Rechtsaktivisten vorliegt.

Polens Beauftragter für Bürgerrechte Adam Bodnar wurde von regierungsfreundlichen Medien und Beamten öffentlich verunglimpft, weil er sich für die Menschenrechte eines Verdächtigen in einem Mordfall eingesetzt hatte.

Die Push-Backs von Asylbewerbern, die vor allem aus der russischen Republik Tschetschenien und Zentralasien stammten, nach Weißrussland wurden fortgesetzt, wobei das Urteil eines polnischen Gerichts aus dem Jahr 2018, das eine Einstellung dieser Praxis forderte, nur inkonsequent umgesetzt wurde.  

Im August forderte der Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Rassendiskriminierung Polen auf, Hassreden in den Medien zu verhindern und Maßnahmen gegen Websites zu ergreifen, die Rassenhass fördern.

Der UN-Ausschuss gegen Folter forderte die polnischen Behörden im August auf, den Opfern häuslicher Gewalt einen angemessenen Schutz zu bieten und die Entkriminalisierung von Abtreibungen in Betracht zu ziehen.

 

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