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Silvio Berlusconi wurde im April als Premierminister wiedergewählt und gewann in beiden Kammern des Parlaments eine deutliche Mehrheit. Im Juli rief seine Regierung wegen der illegalen Einwanderung den nationalen Notstand aus. Wer sich ohne rechtlichen Status in Italien aufhält, begeht seitdem eine Straftat, die mit bis zu vier Jahren Haft bestraft wird und bei anderen Vergehen als erschwerender Umstand gewertet wird, der zu höheren Haftstrafen führt.

Im Juli kritisierte der Menschenrechtskommissar des Europarats Thomas Hammarberg in seinem Bericht den Anstieg rassistischer und fremdenfeindlicher Vorfälle in Italien und die zunehmende Diskriminierung von Roma und Sinti durch die Regierungspolitik.

Vor dem Hintergrund zunehmender Selbstjustiz, darunter zwei Angriffe im Mai, bei denen Roma-Siedlungen mit Benzinbomben zerstört wurden, und um dem öffentlichen Unmut über einige angeblich von Roma verübten Straftaten zu begegnen, verhängte die Regierung den Ausnahmezustand über so genannte „Nomandengemeinschaften" (Amtsprache für Roma) in den Regionen Campania, Lazio und Lombardei. Damit gab sie den Lokalbehörden besondere Rechte, etwa zur Durchführung von Volkszählungen, Razzien und Räumungen in Roma-Siedlungen. Im Juli wurde gegen diese Maßnahmen eine Klage eingereicht. Das Europäische Parlament verabschiedete zur gleichen Zeit eine Resolution, in der Italien aufgerufen wurde, das Abnehmen von Fingerabdrücken von Roma, auch von Minderjährigen, zu beenden. Die Europäische Kommission schwächte ihre Kritik an dieser Politik ab, nachdem die italienische Regierung versichert hatte, sie sammle keine Daten zu spezifischen ethnischen Gruppen.

Der Prozess gegen 26 amerikanische und sieben italienische Staatsbürger wegen der Entführung des ägyptischen Imams Hassan Mustafa Osama Nasr, bekannt als Abu Omar, wurde im März wieder aufgenommen. Den Angeklagten wird vorgeworfen, sie hätten Nasr in Mailand auf offener Straße entführt und nach Ägypten verschleppt. Im Zusammenhang mit dem Prozess wurde die Regierung als illoyal kritisiert, weil sie die Mailänder Staatsanwaltschaft vor dem Verfassungsgericht angeklagt hatte. Die Regierung beschuldigte die Staatsanwälte, bei ihren Ermittlungen im Fall Nasr Staatsgeheimnisse verletzt zu haben. Im Oktober beschloss das Gericht, den Fall im März 2009 in geschlossener Sitzung zu verhandeln. Ebenfalls im Oktober bestätigte ein Berufungsgericht die Verurteilung von Rabei Osman wegen seiner Verbindungen zu den Anschlägen auf Pendlerzüge in Madrid im März 2004.

Trotz des Urteils im Fall Saadi gegen Italien wurde Essid Sami Ben Khemais im Juni nach Tunesien ausgewiesen, was einen klaren Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte darstellt. Darin wurde Italien aufgefordert, die Abschiebung nicht durchzuführen, bevor das Gericht seinen Fall geprüft habe. Während der Menschenrechtskommissar des Europarats Hammarberg die Abschiebung kritisierte, rechtfertigten die italienischen Behörden ihr Vorgehen: Die Abschiebung habe erst stattgefunden, nachdem die tunesische Regierung diplomatische Zusicherungen abgegeben habe, in denen sie garantierte, dass Ben Khemais nicht gefoltert werde und ein faires Verfahren erhalte. Zurzeit befasst sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erneut mit dem Fall.

Immer noch sterben Flüchtlinge beim Versuch, in nicht seetauglichen Booten nach Italien zu gelangen. Gegen sieben tunesische Fischer, die 44 Migranten gerettet und nach Lampedusa gebracht hatten, läuft ein Prozess wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung. Solche Verfahren schrecken Seeleute davon ab, schiffbrüchigen Flüchtlingen zu helfen, und gefährden damit das Leben der Migranten.