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(Berlin) – Bundeskanzlerin Angela Merkel soll gegenüber dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi klarstellen, dass engere Beziehungen zwischen Deutschland und Ägypten nur dann möglich sind, wenn gegen die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen durch seine Regierung vorgegangen wird, so Human Rights Watch und vier weitere internationale Menschenrechtsorganisationen in einem Brief vom 1. Juni an die Kanzlerin. Präsident al-Sisi wird von Angela Merkel am 3. Juni 2015 empfangen.

Human Rights Watch, Amnesty International, Front Line Defenders, the Euro-Mediterranean Human Rights Network und the World Organization Against Torture (OMCT) haben den Brief gemeinsam unterzeichnet. Darin heißt es, Deutschland soll weiter keine Waffen oder anderes sicherheitsrelevantes Material liefern, das für Unterdrückungsmaßnahmen eingesetzt werden kann, bis Ägypten den Einsatz von Sicherheitskräften untersucht hat, die für die Tötung Hunderter Demonstranten verantwortlich waren. Zudem sollen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Dazu zählen die Sicherheitskräfte, die mehr als 1.000 Protestierende an einem einzigen Tag getötet haben, während zwei Demonstrationsorte in Kairo im August 2014 geräumt wurden.

„Die deutschen Behörden wissen über die schreckliche Menschenrechtslage in Ägypten gut Bescheid”, so Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor von Human Rights Watch. „Bundeskanzlerin Merkel soll jetzt mit klaren Worten die Politik der ägyptischen Regierung kritisieren, die etwa dazu geführt hat, dass friedliche Proteste aufgelöst und Massenverhaftungen lediglich wegen angeblicher Sympatie für die Muslimbrüder durchgeführt werden.“

Die Organisationen haben besonders auf Gerichtsurteile vom 16. Mai hingewiesen, in denen die Todesstrafe gegen 122 Personen verhängt wurde, darunter auch gegen den früheren Präsidenten Muhammed Mursi, den bekannten Wissenschaftler Emad Shahin und viele andere Funktionäre der Muslimbrüder. Diesen Urteilen ging nach Informationen des Egyptian Observatory for Rights and Freedoms die Verurteilung von 2.381 politischen Kritikern während der ersten drei Monate dieses Jahres voraus. 194 Personen wurden zum Tode verurteilt und 312 zu lebenslänglicher Haft. Amnesty International berichtet, dass ägyptische Gerichte – darunter auch Militärgerichte - nach unfairen Verfahren 742 Todesurteile gesprochen haben, seit Mursi im Juli 2013 von al-Sisi abgesetzt worden war.

Ägypten soll alle Personen freilassen, die in Massenverfahren verurteilt oder nur wegen ihrer Mitgliedschaft in oder Sympathie für die Muslimbrüder verhaftet wurden. Oder ihnen soll ein neues Verfahren vor zivilen Gerichten nach internationalen und fairen Verfahrensstandards garantiert werden.

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